
Benutzer199610
Ist noch neu hier
- #1
Bevor sich jemand die Mühe macht, diese Textwand zu lesen: ja, ich weiß, dass das ein Thema für die Therapie wäre und ich bin da auch schon dran.
____________________________
Ich bin 20 und habe seit sieben Jahren psychische Probleme. Als Kind war ich, soweit ich das einschätzen kann, unauffällig. Ich hing eventuell sozial etwas zurück, weil ich nicht in den Kindergarten gegangen bin und deshalb erst ab der Grundschule regelmäßigen Kontakt zu Gleichaltrigen hatte. Während der Grundschulzeit war aber noch alles normal.
Die Probleme finden langsam an nachdem wir umgezogen sind als ich in der 5. Klasse war. Was genau das Problem war, weiß ich nicht, aber auf der neuen Schule fiel es mir schwerer als auf der alten, Anschluss zu finden.
Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich nichts richtig machen konnte. Egal, was ich gemacht habe, es gab immer etwas zu kritisieren oder zu lachen. Daraus entstand dann Unsicherheit und eine Abwehrhaltung. Wenn ich es niemandem recht machen kann, kann ich es auch gleich bleiben lassen. Ich war in dem Alter auch nicht sehr sozial. Ich hatte Freunde, musste die aber nicht jeden Tag sehen und habe gerne Zeit allein verbracht und gelesen und gezockt. Meine Mutter fand das ok, aber mein Vater hat oft Stress gemacht, dass ich raus gehen soll.
Ich erinnere mich an keinen konkreten Auslöser, kann nur sagen, dass mit 13 die richtigen Probleme anfingen. War vielleicht einfach pubertätsbedingt und hatte nichts mit den Umständen zu tun. Ich habe einfach aufgehört, normal zu fühlen und habe statt verschiedener Emotionen nur noch Leere gefühlt. Und diese Leere ist bis heute nicht vollständig weg gegangen.
Ich habe dann angefangen, mich selbst zu verletzen. Nie extrem, immer nur oberflächlich, sodass ich keine total auffälligen Narben habe.
Man hört immer, wer das macht, tut es aus Selbsthass oder um sich selbst zu bestrafen. Ich glaube, ich habe es getan, weil ich so etwas fühlen kann, das ich verstehe. Körperlicher Schmerz ist einfach und logisch.
Ich habe dann noch andere Probleme entwickelt, die etwas schwer zu erklären sind. Intuitiv würde ich es als Halluzinationen oder Wahnvorstellungen bezeichnen, aber es waren wohl keine, da man bei solchen normalerweise nicht weiß, dass es nicht real ist. Ich wusste das aber immer. Konkret geäußert hat es sich so, dass ich dachte, die Anwesenheit einer anderen Person zu spüren, eines zweiten Ichs, das oft mit mir im Zimmer war. Es war als würde eine zweite Version in einer anderen Dimension existieren und die Verbindung zwischen den Dimensionen wäre an manchen Stellen (= in meinem Zimmer) so dünn, dass ich dieses andere Ich spüren und schemenhaft wahrnehmen, fast sehen konnte. Ich wusste, dass da nicht wirklich jemand ist, habe nicht gesehen, wie er aussieht, hätte aber sein Aussehen genau beschreiben können. Ich wusste einfach intuitiv, wie er aussieht und andere Details wie seinen Namen. Nicht "Ich entscheide, dieser Gestalt diesen Namen zu geben", sonden "Ich kenne intuitiv seinen Namen".
Zeitweise habe ich halb erst versucht, mit ihm zu kommunizieren. Ich war mir sehr sicher, dass es keine Parallelwelten gibt (oder zumindest, dass wir diese nicht wahrnehmen können falls es sie doch gibt), aber manchmal war ich mir nicht sicher. Halluzinationen waren es daher wohl nicht, sondern einfach meine überaktive Phantasie.
Mit 16/17 habe ich einen emotionalen Tiefpunkt erreicht. Weil der Versuch, aktiv etwas zu ändern, eine Krise ausgelöst hat. Ich hatte zu dem Zeitpunkt das Gefühl, kein Selbstbewusstsein zu haben. Damit meine ich nicht Selbstwertgefühl. Ich meine das Bewusstsein darüber, wer man selbst ist. Deshalb habe ich dann ein Bild von mir erschaffen, eine Idealvorstellung, wie ich gerne wäre. Ich habe sozusagen eine Rolle gespielt und immer überlegt, was diese Person tun würde und habe das dann getan. Es ist schwer zu erklären. Ich wusste nicht, wer ich bin und was ich fühle oder möchte. Also habe ich mich eher in die Position eines Schauspielers begeben, der sein eigenes Skript schreibt. Ich habe einen Charakter erschaffen, der meinen Platz einnehmen sollte und habe überlegt, wie die Persönlichkeit dieser Person wäre und habe immer das getan, was diese Person meiner Vorstellung nach getan hätte. Ich habe Trauer gespielt, wenn ich dachte, dass diese Person Trauer empfinden würde. Wut, Freude, wenn ich dachte, in der Situation würde diese Person das fühlen. Das hatte nur fast nie etwas damit zu tun, was ich gefühlt habe. Das war nämlich meistens: nichts.
Ein paar Monate lang hat das funktioniert bis ich mich selbst der Tatsache stellen musste, dass ich eine Lüge lebe und anderen etwas vorspiele. So wurde mir wieder klar, dass es mich im Grunde nicht gibt.
Versuche, mich jemandem anzuvertrauen, haben nicht funktioniert. Die, die mir zugehört haben, haben es trotz aller Bemühungen nicht verstanden. Ich war irgendwann so am Ende, dass ich mich meiner Mutter anvertraut habe und ihr gesagt habe, dass ich denke, ich brauche professionelle Hilfe. Sie hat es ignoriert und so getan als hätte das Gespräch nie stattgefunden.
Nach dem Abi vor drei Jahren bin ich ausgezogen und habe mir selbst Hilfe gesucht. Von Juni 2021 bis September 2022 war ich in Therapie. In der Zeit ging es mir auch besser, aber ich war dann so dumm, nicht mehr hinzugehen, weil ich dachte, ich bräuchte das jetzt nicht mehr. Seit einem Monat bin ich wieder in einem depressiven Loch und mir ist jetzt klar, dass diese Unterstützung bei der Alltagsbewältigung zwar hilfreich ist, ich aber tiefer gehen muss. Ich will jetzt so bald es geht mit der Therapie wieder anfangen und das angehen.
Ich will einfach mehr als im Alltag zurechtzukommen. Ich will normal sein oder wenigstens verstehen, was mit mir nicht stimmt. Ich habe mich selbst mit allen möglichen psychiatrischen Krankheitsbildern auseinander gesetzt, konnte mich aber nirgendwo wiederfinden. Auch habe ich das Gefühl, dass das bei mir angeboren oder körperlich bedingt ist, also keine Folge von einer Traumatisierung.
Ich hatte den Gedanken, dass ich vielleicht autistisch sein könnte. Aber sämtliche Onlinetests sagen aus, dass kaum Anzeichen für Autismus vorhanden sind. Ein Onlinetest ersetzt keinen Arzt, klar. Aber Ärzte arbeiten auch anhand von Diagnosekriterien und würde wahrscheinlich die gleichen Fragen stellen wie diese Tests. Wenn das Ergebnis grenzwertig wäre, ok. Aber wenn ich 50 Fragen wahrheitsgemäß beantworte und das Ergebnis ist, dass ich kaum Anzeichen für Autismus habe, ist es sicher nicht wahrscheinlich, dass ich es doch habe.
Aber was dann? Schlimmer noch als die Symptome ist die absolute Ungewissheit, was genau ich habe. Ich würde mich besser fühlen wenn ich ein Wort hätte, weil ich so das Gefühl habe, dass niemand außer mir dieses Problem hat und dass ich es nicht gut genug erklären kann, dass man es richtig behandeln könnte. Es würde alles leichter machen, wenn ich eine richtige Diagnose hätte, für die es ein Behandlungskonzept gibt.
So fühle ich mich als käme ich von einem anderen Stern und kann niemandem erklären, was mit mir nicht stimmt.
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Ich bin 20 und habe seit sieben Jahren psychische Probleme. Als Kind war ich, soweit ich das einschätzen kann, unauffällig. Ich hing eventuell sozial etwas zurück, weil ich nicht in den Kindergarten gegangen bin und deshalb erst ab der Grundschule regelmäßigen Kontakt zu Gleichaltrigen hatte. Während der Grundschulzeit war aber noch alles normal.
Die Probleme finden langsam an nachdem wir umgezogen sind als ich in der 5. Klasse war. Was genau das Problem war, weiß ich nicht, aber auf der neuen Schule fiel es mir schwerer als auf der alten, Anschluss zu finden.
Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich nichts richtig machen konnte. Egal, was ich gemacht habe, es gab immer etwas zu kritisieren oder zu lachen. Daraus entstand dann Unsicherheit und eine Abwehrhaltung. Wenn ich es niemandem recht machen kann, kann ich es auch gleich bleiben lassen. Ich war in dem Alter auch nicht sehr sozial. Ich hatte Freunde, musste die aber nicht jeden Tag sehen und habe gerne Zeit allein verbracht und gelesen und gezockt. Meine Mutter fand das ok, aber mein Vater hat oft Stress gemacht, dass ich raus gehen soll.
Ich erinnere mich an keinen konkreten Auslöser, kann nur sagen, dass mit 13 die richtigen Probleme anfingen. War vielleicht einfach pubertätsbedingt und hatte nichts mit den Umständen zu tun. Ich habe einfach aufgehört, normal zu fühlen und habe statt verschiedener Emotionen nur noch Leere gefühlt. Und diese Leere ist bis heute nicht vollständig weg gegangen.
Ich habe dann angefangen, mich selbst zu verletzen. Nie extrem, immer nur oberflächlich, sodass ich keine total auffälligen Narben habe.
Man hört immer, wer das macht, tut es aus Selbsthass oder um sich selbst zu bestrafen. Ich glaube, ich habe es getan, weil ich so etwas fühlen kann, das ich verstehe. Körperlicher Schmerz ist einfach und logisch.
Ich habe dann noch andere Probleme entwickelt, die etwas schwer zu erklären sind. Intuitiv würde ich es als Halluzinationen oder Wahnvorstellungen bezeichnen, aber es waren wohl keine, da man bei solchen normalerweise nicht weiß, dass es nicht real ist. Ich wusste das aber immer. Konkret geäußert hat es sich so, dass ich dachte, die Anwesenheit einer anderen Person zu spüren, eines zweiten Ichs, das oft mit mir im Zimmer war. Es war als würde eine zweite Version in einer anderen Dimension existieren und die Verbindung zwischen den Dimensionen wäre an manchen Stellen (= in meinem Zimmer) so dünn, dass ich dieses andere Ich spüren und schemenhaft wahrnehmen, fast sehen konnte. Ich wusste, dass da nicht wirklich jemand ist, habe nicht gesehen, wie er aussieht, hätte aber sein Aussehen genau beschreiben können. Ich wusste einfach intuitiv, wie er aussieht und andere Details wie seinen Namen. Nicht "Ich entscheide, dieser Gestalt diesen Namen zu geben", sonden "Ich kenne intuitiv seinen Namen".
Zeitweise habe ich halb erst versucht, mit ihm zu kommunizieren. Ich war mir sehr sicher, dass es keine Parallelwelten gibt (oder zumindest, dass wir diese nicht wahrnehmen können falls es sie doch gibt), aber manchmal war ich mir nicht sicher. Halluzinationen waren es daher wohl nicht, sondern einfach meine überaktive Phantasie.
Mit 16/17 habe ich einen emotionalen Tiefpunkt erreicht. Weil der Versuch, aktiv etwas zu ändern, eine Krise ausgelöst hat. Ich hatte zu dem Zeitpunkt das Gefühl, kein Selbstbewusstsein zu haben. Damit meine ich nicht Selbstwertgefühl. Ich meine das Bewusstsein darüber, wer man selbst ist. Deshalb habe ich dann ein Bild von mir erschaffen, eine Idealvorstellung, wie ich gerne wäre. Ich habe sozusagen eine Rolle gespielt und immer überlegt, was diese Person tun würde und habe das dann getan. Es ist schwer zu erklären. Ich wusste nicht, wer ich bin und was ich fühle oder möchte. Also habe ich mich eher in die Position eines Schauspielers begeben, der sein eigenes Skript schreibt. Ich habe einen Charakter erschaffen, der meinen Platz einnehmen sollte und habe überlegt, wie die Persönlichkeit dieser Person wäre und habe immer das getan, was diese Person meiner Vorstellung nach getan hätte. Ich habe Trauer gespielt, wenn ich dachte, dass diese Person Trauer empfinden würde. Wut, Freude, wenn ich dachte, in der Situation würde diese Person das fühlen. Das hatte nur fast nie etwas damit zu tun, was ich gefühlt habe. Das war nämlich meistens: nichts.
Ein paar Monate lang hat das funktioniert bis ich mich selbst der Tatsache stellen musste, dass ich eine Lüge lebe und anderen etwas vorspiele. So wurde mir wieder klar, dass es mich im Grunde nicht gibt.
Versuche, mich jemandem anzuvertrauen, haben nicht funktioniert. Die, die mir zugehört haben, haben es trotz aller Bemühungen nicht verstanden. Ich war irgendwann so am Ende, dass ich mich meiner Mutter anvertraut habe und ihr gesagt habe, dass ich denke, ich brauche professionelle Hilfe. Sie hat es ignoriert und so getan als hätte das Gespräch nie stattgefunden.
Nach dem Abi vor drei Jahren bin ich ausgezogen und habe mir selbst Hilfe gesucht. Von Juni 2021 bis September 2022 war ich in Therapie. In der Zeit ging es mir auch besser, aber ich war dann so dumm, nicht mehr hinzugehen, weil ich dachte, ich bräuchte das jetzt nicht mehr. Seit einem Monat bin ich wieder in einem depressiven Loch und mir ist jetzt klar, dass diese Unterstützung bei der Alltagsbewältigung zwar hilfreich ist, ich aber tiefer gehen muss. Ich will jetzt so bald es geht mit der Therapie wieder anfangen und das angehen.
Ich will einfach mehr als im Alltag zurechtzukommen. Ich will normal sein oder wenigstens verstehen, was mit mir nicht stimmt. Ich habe mich selbst mit allen möglichen psychiatrischen Krankheitsbildern auseinander gesetzt, konnte mich aber nirgendwo wiederfinden. Auch habe ich das Gefühl, dass das bei mir angeboren oder körperlich bedingt ist, also keine Folge von einer Traumatisierung.
Ich hatte den Gedanken, dass ich vielleicht autistisch sein könnte. Aber sämtliche Onlinetests sagen aus, dass kaum Anzeichen für Autismus vorhanden sind. Ein Onlinetest ersetzt keinen Arzt, klar. Aber Ärzte arbeiten auch anhand von Diagnosekriterien und würde wahrscheinlich die gleichen Fragen stellen wie diese Tests. Wenn das Ergebnis grenzwertig wäre, ok. Aber wenn ich 50 Fragen wahrheitsgemäß beantworte und das Ergebnis ist, dass ich kaum Anzeichen für Autismus habe, ist es sicher nicht wahrscheinlich, dass ich es doch habe.
Aber was dann? Schlimmer noch als die Symptome ist die absolute Ungewissheit, was genau ich habe. Ich würde mich besser fühlen wenn ich ein Wort hätte, weil ich so das Gefühl habe, dass niemand außer mir dieses Problem hat und dass ich es nicht gut genug erklären kann, dass man es richtig behandeln könnte. Es würde alles leichter machen, wenn ich eine richtige Diagnose hätte, für die es ein Behandlungskonzept gibt.
So fühle ich mich als käme ich von einem anderen Stern und kann niemandem erklären, was mit mir nicht stimmt.