In zwei Tagen ...

haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • #1
In zwei Tagen bin ich wieder dort, wo ich deine Plakette streicheln kann.
Ja, ich weine und vermisse dich noch immer.

In drei Tagen wärst du 56 Jahre alt geworden und in 4 Tagen bist du zweieinhalb Jahre tot.

Ich glaube, wir hatten schon etwas magisches, spezielles, einmaliges miteinander.
Vielleicht auch deswegen, weil du meine erste wirkliche Freundin warst und ich so eine mir entgegen gebrachte Liebe bisher nie wirklich erlebt hatte.


Meine Freundin schläft heute wieder bei mir.
Wir werden zur Silberhochzeit von meinem Kumpel gehen.
Wie gern hätte ich mit dir auch Silberhochzeit gefeiert.
Wie gern hätte ich mit dir Diamantenhochzeit gefeiert, so wie Onkel Karlheinz ... jetzt hat mich meine Freundin begleitet und nicht du.

Neulich haben wir wieder getrennt voneinander geschlafen, was eigentlich schon fast selten geworden ist.
Das sind auch solche Momente, bei denen die Trauer mehr hochkommen kann oder auch darf und ich dann solche Zeilen schreibe.

Ich denke, das geht uns beiden so.
Also meiner Freundin so wie mir.


Erst 2,5 Jahre .... schon so lange .... und seit fast 1 Jahr habe ich eine Freundin.
Dir hätte das gefallen.
Du hast mir immer gesagt, ich solle, wenn es dann soweit ist, mir eine neue Frau suchen und nicht so lange warten.

Warten.
Wie will man warten?

Liebe.
Sex.
Gefühle.
Zärtlichkeiten.
Man kann nicht ohne all diese Gefühle leben, man braucht sie.

Wobei Sex eigentlich gar nicht so wichtig ist, aber es ist eben dieses Geschenk der körperlichen Gefühle für den anderen den man mag.
Ein Orgasmus den man geschenkt bekommt, ist das Ultimative.
Einen Orgasmus den ich schenken kann, ist das Ultimative.

Ich mag sie.
Ich mag ihre Figur .... auch wenn sie jetzt zugenommen hat.
Ihr Hintern fühlt sich so sexy an.

Sie sagt mir, sie hätte noch nie so einen Mann wie mich gehabt.
Noch nie einen Mann, der so offen über seine Gefühle reden und sie zulassen kann.
Sie sagt, sie hätte noch nie so viel Sex in den letzten 10 Jahren gehabt wie mit mir.
Sie ist überwältigt von unserem Sex .... und ist noch nie gekommen.

Sie kann es nicht zulassen, will es nicht zulassen.
Ihr verstorbener Mann ist noch bei ihr und verbietet es ihr.
Ich respektiere das und warte, bis sie es zulassen kann und ich nicht aufhören soll.


Ich werde plötzlich "Opa" gerufen, obwohl ich gar keine Kinder habe.
So möchte ich eigentlich nicht genannt werden, denn ich bin ja nicht "DER" Opa.
Der wirkliche Opa ist tot.
Ich bin "nur" der haarefan (also mein Vorname).
Ich denke, wenn ich mit einem Grinsen als "Opa" gerufen werde, wünschen sich die Enkelkinder eben einen Opa.

Ist das eine Auszeichnung? Bin ich da sowas wie ein Opa? Will ich das sein?
Ich bin trotz all dieser Fragen aber auch etwas stolz so genannt zu werden.

Ich mag die Kinder und das Spielen und das sie so gern an meiner Hand gehen.
Das sie gern mit mir kuscheln, mit mir tanzen und auf mir rumturnen.


Ich zünde eine Kerze an, am Geburtstag meiner Frau mit der ich nie Kinder zeugen konnte und so gern gehabt hätte.
Zusammen mit meiner Freundin, die mit mir nach Norddeich fährt und mir die Hand hält, so wie ich ihre Hand halte, wenn wir an dem Grab ihres Mannes stehen.

Liebe?
Ich weiß glaube ich nicht, wann Liebe wirklich Liebe ist.
Meine Frau habe ich wirklich geliebt und ich bin mir sicher, sie hat ihren Mann geliebt.

Ich bin überzeugt, dass der Mensch nicht zum Alleinsein geboren wurde.



"Ja, mein Schatz, ich liebe dich wirklich" ... und sehe auf das Foto meiner verstorbenen Frau, die mich anlächelt und auf unser Foto von dem Tag an dem wir geheiratet haben.
So viele schöne Erinnerungen.
So viele schöne Erinnerungen die aber auch schmerzvoll sind, weil es nur noch Erinnerungen sind.
Und so viele Orte, die mit den Erinnerungen verbunden sind.

Meine Freundin hatte mir vor längerer Zeit gesagt, man müsste neue Erinnerungen schaffen.
Ja, natürlich! Aber ich kann die alten Erinnerungen ja nicht abschaffen und will sie bei mir behalten!

Ich habe für mich entdeckt, dass ich die alten Erinnerungen bewahren kann und gleichzeitig neue Erinnerungen an den gleichen Orten schaffen kann.
Orte an denen ich Erinnerungen mit meiner Frau habe und jetzt zusätzlich auch ganz neue Erinnerungen mit ihr habe.


Wir werden gemeinsam an der Gedenkstätte stehen.
Ich kann trauern und habe einen mir wichtigen Menschen bei mir.

Ich kann mich umdrehen und wir können uns in die Augen sehen und trösten.
Wir können uns küssen, gemeinsam Hand in Hand weggehen und unsere gemeinsamen Erinnerungen erleben.


Trauer ist ein langer Prozess.
Ich liebe meine Frau weiterhin.
Sie liebt ihren Mann weiterhin.

Liebe?
Ich kannte bislang nur diese eine Liebe.
Vielleicht gibt es ja eine neue, eine andere Liebe, aber ich weiß noch nicht, ob ich sie sehen kann, auch wenn ich glaube, dass ich sie vielleicht doch schon liebe.
Ich mag mich an ihren Hintern kuscheln und sie so weit bringen, wie sie es zulassen kann ....

Das liebe ich und die Zeit die wir miteinander verbringen.
Sie zum Lachen zu bringen und aus ihrer Depression holen.
Ja, auch wenn es manchmal nicht einfach ist und sie nicht aufhören kann zu weinen, in meinem Arm liegt und mich ständig fragt "Warum?" und ich ihr keine Antwort darauf geben kann.
Letztlich wollte er es so und er hat sich so egoistisch entschieden.
Was er ihr damit für Schmerzen bereitet hat, war ihm wohl egal oder er konnte es schon selbst nicht mehr erkennen.
Er wollte weg.
Er hat sie verlassen. Verlassen auf diese Art.

Jetzt haben wir uns.
Wir können uns gegenseitig trösten, halten und wir können den anderen verstehen, dass da noch immer der andere Partner bei einem ist und auch immer bleiben wird im Herzen.

Trauer ist ein langer Prozess.
Ein schmerzhafter Prozess.
 
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