Innere Krise

L
Benutzer147203  (30) Verbringt hier viel Zeit
  • #1
Hallo zusammen,
Ich (30) hab zunehmend Angst. Angst davor, nicht all meine Möglichkeiten leben zu können. Angst, etwas zu verpassen. Ich führe eigentlich ein schönes Leben, habe eine gute Arbeit die mir Spaß macht, einen großen Freundeskreis und ich erlebe viele Dinge.. nur mit Beziehungen hatte ich bisweilen häufiger Pech. Meine letzte Trennung war vor einem Jahr und die war für mich sehr anstrengend und ich brauchte bis vor kurzem, mich davon frei zu machen. Ich brauche lange Zeit, um mit einer Beziehung fertig zu sein und traue mich selten schnell an neues..
was mich eigentlich zunehmend beschäftigt ist, dass ich Angst habe. Mein Freundeskreis verändert sich, viele heiraten und bekommen Kinder. Erstes weckt in mir kein Interesse aber so langsam wird das Thema Kinder immer präsenter.. Ich frage mich, ob ich überhaupt in dieses Privileg kommen könnte , Mutter werden zu dürfen. Ich möchte nicht mein Leben lang das gleiche erleben mit feiern, Spaß und.. irgendwann vielleicht auch einsam. Ich hab viel mit Kindern zu tun und meine Freundinnen werden aktuell viele Mamas.. es erdrückt mich einfach. Ich möchte mich mit jeder von ihnen freuen und das mach ich auch aber manchmal komme ich nach Hause und weine. Ich weine weil es mir schwer fällt jemanden ernsthaft an mich ran zu lassen, ich weine weil sich alles weiter entwickelt, ich weine weil ich Angst habe mir bleiben Optionen verwehrt die viel zu meinem Leben beitragen.. und ich weine weil ich nicht am Ende die Freundin sein will der man nichts mehr erzählen mag, weil sie mit ihren Problemen mehr beschäftigt ist als sich für andere zu freuen. Ich weiß nicht, was ich mir erhoffe.. vielleicht jemand, der ähnliches durchlebt hat? Der mich versteht?
 
thraca
Benutzer182699  (33) Verbringt hier viel Zeit
  • #2
vielleicht jemand, der ähnliches durchlebt hat? Der mich versteht?
Ich denke schon, dass ich dich sehr gut verstehe. Ich habe so ziemlich alles in meinem Leben verpasst, was man verpassen kann und verpasse es noch immer und wahrscheinlich auch in der Zukunft. Ich fühle mich immer wieder so wie du, aber so langsam sehe ich auch ein, es hilft einfach nichts. Das klingt jetzt so blöd und vielleicht auch irgendwie traurig, für mich ist es allerdings eine Erleichterung: Ich nähere mich (zugegeben in sehr kleinen Schritten) dem Punkt, an dem es mir egal ist. Dann habe ich eben zig Dinge verpasst. Und werde nie so ein Leben wie die Menschen um mich herum führen, all diese Erfahrungen nicht machen, am Ende meiner Tage kein erfülltes Leben gehabt und nichts erreicht haben und schon gar nicht irgendwem irgendwas hinterlassen, das an mich erinnert.

Und jetzt? Komme ich zu der Erkenntnis, dass ich mir dann auch all die dramatischen Gefühle dazu sparen kann. Mir nicht dauernd Druck machen muss, diese Dinge zu erleben oder zu leisten, nicht dauernd kreuzunglücklich und neidisch auf andere sein muss. Ich kann auch einfach mal gut sein lassen und mich nicht verrückt machen. Vielleicht fände ich es nicht mal so super, wäre ich in deren Situation. Von außen betrachtet ist das Gras woanders sowieso immer grüner.

Und ich erkenne immer deutlicher, dass das Meiste sowieso nicht aus mir selbst heraus kommt, sondern aus der Gesellschaft.

Tatsächlich hat ein neuer Arbeitskollege von mir mit seinem Selbstoptimierungs- und Optimismuswahn mich dem "egal"-Modus ein gutes Stück näher gebracht. Mich strengt es schon an, ihm nur zuzuhören.

Mir ist klar, dass dir das gerade nicht hilft, du willst diese Dinge und fühlst wahrscheinlich hauptsächlich diesen dringenden Wunsch danach und die zugehörige Angst, Trauer, Enttäuschung, weil er so fern scheint und hörst jede Sekunde überdeutlich ticken und siehst die Dinge und die anderen Menschen an dir vorbeiziehen.

Wenn es dir irgendwie möglich ist: Atme mal durch. Lass es für den Moment gut sein. Immer wieder. Es geht nichts kaputt oder rennt dir noch mehr davon, wenn grad mal alles so sein darf, wie es ist, ohne Besserung in Aussicht.

Und, das weißt du wahrscheinlich selbst und es ist der schlaue Satz, den man zu so einem Thema immer hört: Es bringt dich nicht weiter, dir das alles immer wieder vor Augen zu führen und daran zu verzweifeln und es führt eventuell dazu, dass du dir selbst Dinge verbaust, weil du so in deinem Tunnel bist.

Fokus auf die guten Dinge ist die Devise. :smile: Und offen für neue Eindrücke, Menschen, Möglichkeiten sein. Nicht zu verkrampft nach einer "Lösung" suchen. Mach dein Ding, ergreif die Initiative, aber lass dich auch mal treiben.

Und natürlich darf es dir auch einfach schlecht deswegen gehen.

Fühl dich gedrückt, wenn du möchtest. Du bist ganz bestimmt nicht allein damit!

Weißt du, warum es dir schwerfällt, jemanden ernsthaft an dich ranzulassen?
 
M
Benutzer202920  (55) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #3
Liebe lilarain, so ging es mir nach der Trennung von meinem damaligen Freund auch mit der magischen 30. Mit 31 folgten dann wilde Liebschaften mit viel Spaß und Party. Dann erst später Partnerschaft und Babymit 39. Also Kopf hoch - Du bist jung!
 
Geo3412
Benutzer175723  (30) Meistens hier zu finden
  • #4
Ich bin zwar ein Mann, aber ich kann deine Gedanken nachvollziehen. In gewisser Weise geht es mir ähnlich. Ich habe den großen Wunsch nach einer eigenen Familie nur ist mir bisher jede Art von Intimität verwehrt geblieben. Ich habe oft das Gefühl ein ganz schlechter Mensch zu sein und niemand traut sich das mir zu sagen. Viele in meinem Umfeld bekommen auch Kinder auch da kann ich mich gar nicht mehr für sie freuen.
 
M
Benutzer203725  (29) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #5
Liebe lilarain, so ging es mir nach der Trennung von meinem damaligen Freund auch mit der magischen 30. Mit 31 folgten dann wilde Liebschaften mit viel Spaß und Party. Dann erst später Partnerschaft und Babymit 39. Also Kopf hoch - Du bist jung!
Klingt nur so, als würde sie das überhaupt nicht wollen.
 
Anna1309
Benutzer166007  Sehr bekannt hier
  • #6
Ich führe eigentlich ein schönes Leben, habe eine gute Arbeit die mir Spaß macht, einen großen Freundeskreis und ich erlebe viele Dinge..
Streiche das eigentlich, denn damit hast du mehr als die meisten Menschen. Jeder 2. ist unglücklich in seinem Job und Einsamkeit ist mittlerweile auch für viele ein Problem.
Angst davor, nicht all meine Möglichkeiten leben zu können
Alle Möglichkeiten wirst du auch nicht leben können. Dafür ist das Leben zu kurz. Demnach würde ich deine innere Krise, wie du es nennst, gar nicht so negativ sehen. Du setzt dich eben mit gewissen Fragen und Szenarien auseinander und das ist selten angenehm.

Was ist, wenn die Dinge nicht so aufgehen, wie du es dir wünscht? Denn die Möglichkeit besteht ja durchaus. Selbst wenn sich gewisse Dinge erfüllen sollten: Ehen gehen zu Ende, Alleinerziehende, die am finanziellen und emotionalen Limit leben, Ehen, die unglücklich sind, aber niemand mit den Konsequenzen eines Aus leben möchte und man sie deshalb aufrechterhält, du bekommst ein behindertes oder schwer krankes Kind usw. Das ist kein Garant für Lebenszufriedenheit und kann eben sogar das Gegenteil bewirken.

Niemand kann in die Zukunft blicken und das, was du heute als Unglück ansiehst, kann sich rückblickend in ein paar Jahren als großes Glück für dich herausstellen. Umgekehrt eben genauso ....

Ich würde dir daher raten: vertraue dem Leben und gehe davon aus, dass es immer gut zu dir ist. Egal wie es kommt, es ist zu deinem Besten. Auch wenn es sich kurzfristig nicht so anfühlen mag, aber du kennst das "Big Picture" nicht.
 
J
Benutzer199726  Sehr bekannt hier
  • #7
Ich kenne diese Gedankenspiralen und zwar trotz, dass ich von außen gesehen gesellschaftlich das Meiste erreicht habe. Ehe, Kinder, Eigentumswohnung, Studium, Job.
Dann geht das aber weiter. Ist der Job gut genug, war das Studium überhaupt richtig, könnte die Wohnung größer sein, gäbe es einen Partner, der besser passt? Habe ich genug Freunde, bin ich schön genug, könnte ich nicht statt 10 km immer 16 laufen? Könnte nicht meine Wohnung ordentlicher sein und und und.

Ich bewundere Menschen, die mit dem zufrieden sind was sie haben. Ich versuche das auch.

Krisen sind gut, Krisen sind richtig und im Idealfall weiß man nach einer Krise genauer was man will.

Manches im Leben kann man beeinflussen, anderes nicht. Das Meiste stellt sich mit etwas Abstand als genau richtig so heraus.

Ich habe durch die Geburt meiner Tochter einen tollen Job verloren. Der Vertrag war befristet und ich wurde zu früh schwanger. Wäre ich aber nicht genau da schwanger geworden, hätte ich nicht genau dieses Kind bekommen. Also war es gut so und heute habe ich einen anderen Job und wesentlich mehr Berufserfahrung, die mich weiter bringt.

Vielleicht kannst du ja versuchen dem Leben und dem was es bereit hält zu vertrauen?
 
E
Benutzer209281  (51) Öfter im Forum
  • #8
Angst davor, nicht all meine Möglichkeiten leben zu können. Angst, etwas zu verpassen.
Das schlimmste, das du verpassen könntest ist, dich selbst kennen zu lernen und dein ganz eigenes leben zu leben.
Es kann hart und im ersten moment "einsam" sein, alles abzulegen, das nicht zu einem selbst gehört, samt aller gesellschaftlicher normen. Aber es schafft unglaublich viel raum für das eigene.
 
R2-D2
Benutzer215024  (35) Klickt sich gerne rein
  • #9
Das Problem bei Möglichkeiten ist, dass es immer mindestens 2 gibt und du selten bis nie (meistens nie) alle ausschöpfen kannst.
Ich bezweifle auch, noch Kinder zu bekommen, obwohl ich gerne welche hätte und mir immer wieder gesagt wird, was für ein grandioser Vater ich wäre, wenn ich mit den Kids in der Verwandtschaft oder Schülern spreche. Ist halt so. Versuche dankbarer für das Positive in deinem Leben zu sein. Man vergisst das viel zu schnell
 
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