richtiges kommunizieren lernen (bei Meinungsverschiedenheiten)

girl_next_door
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  • #1
Liebe community,

ich wende mich heute an euch, weil ich gerne mal euer Schwarmwissen zum Thema Kommunikation bemühen möchte, sowohl im privaten, als auch im beruflichen Kontext.

Ich würde mich selbst schon eher so als Typ "people pleaser" bezeichnen, und habe oft Sorge davor, dass sich jemand vor den Kopf gestoßen fühlt/ fühlen könnte, oder mir unschöne Konsequenzen drohen, wenn ich meine Meinung offen kundtue. Gerade dann, wenn diese stark von der der anderen Person(en) abweicht.
Zudem fällt es mir oft schwer, die passenden Worte und Gegenargumente zu finden. Entweder sie sind dann zu bedacht gewählt, oder ich schieße übers Ziel hinaus. Meist habe ich hinterher die viel besseren Ideen, wie ich in der Situation souveräner kontern hätte können, aber dann ist es oftmals bereits zu spät.
Deshalb ist es oft so, dass ich im Zweifel lieber gar nichts/ nicht viel sage, um es ja im Nachhinein nicht zu bereuen, was natürlich auf Dauer für mein Seelenheil auch nicht gerade ideal ist.
Zudem entsteht natürlich so unweigerlich der Eindruck, ich hätte keinerlei Rückgrat, und man könnte mit mir ja mehr oder weniger tun oder lassen, was man will, was ich eigentlilch unbedingt vermeiden möchte!

Selbst wenn ich von meinem Standpunkt überzeugt bin, versuche ich eigentlich immer, die Sache auch noch aus einer anderen Perspektive zu betrachten, und komme oftmals zum Schluss, dass die Sichtweise meines Gegenübers vielleicht ja auch gar nicht so verkehrt ist. Das geht dann so weit, dass ich mich frage, ob ich vielleicht nicht doch falsch liege mit meiner Sichtweise und ich diejenige bin, welche im Unrecht ist. Gerade dann, wenn das Gegenüber selbstbewusst argumentieren kann.
Grenzen zu setzen ist nun wahrlich nicht meine Stärke.

Na jedenfalls würde es mich freuen, wenn der ein oder andere ein paar hilfreiche Tipps auf Lager hätte, oder man sich vl. mit Gleichgesinnten ein bisschen austauschen könnte, usw.
Jegliches feedback ist willkommen!

viele Grüße, und noch einen schönen Restsonntag!
 
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Diania
Benutzer186405  (53) Sehr bekannt hier
  • #2
oder man sich vl. mit Gleichgesinnten ein bisschen austauschen könnte
Ich kann lediglich hiermit dienen. 👋
Einzige Ausnahme dabei:
und komme oftmals zum Schluss, dass die Sichtweise meines Gegenübers vielleicht ja auch gar nicht so verkehrt ist. Das geht dann so weit, dass ich mich frage, ob ich vielleicht nicht doch falsch liege mit meiner Sichtweise und ich diejenige bin, welche im Unrecht ist. Gerade dann, wenn das Gegenüber selbstbewusst argumentieren kann
Das ist eher selten die Konsequenz bei mir.
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #3
Ich kann lediglich hiermit dienen. 👋
Einzige Ausnahme dabei:

Das ist eher selten die Konsequenz bei mir.
Ja, noch jemand hier. 👋

Leider keine hilfreichen Tipps. Ich denke auch immer mal wieder darüber nach, wie ich das alles wohl ändern könnte. Aber die Antwort ist für mich aktuell: Gar nicht. Bzw. ich müsste von mir selbst überzeugter sein und mich selbst mehr mögen etc., aber auch da weiß ich nicht, wie ich das erreichen soll. Selbstbewusstsein finde ich hier immer einen schwierigen Begriff, weil es für mich bedeutet, sich eben seiner selbst bewusst zu sein und das wiederum will ich mir eigentlich nicht absprechen. Ich finde mein Selbst eben nur nicht so berauschend und kompetent, dass ich mich durch dieses Selbstbewusstsein dann auch bestimmender geben könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diania
Benutzer186405  (53) Sehr bekannt hier
  • #4
Bzw. ich müsste von mir selbst überzeugter sein und mich selbst mehr mögen etc., aber auch da weiß ich nicht, wie ich das erreichen soll. Selbstbewusstsein finde ich hier immer einen schwierigen Begriff, weil es für mich bedeutet, sich eben seiner selbst bewusst zu sein und das wiederum will ich mir eigentlich nicht absprechen. Ich finde mein Selbst eben nur nicht so berauschend und kompetent, dass ich mich durch dieses Selbstbewusstsein dann auch bestimmender geben könnte.
Bei mir ist es das nur zu einem geringeren Teil. Schon auch, aber letztlich lande ich mehr bei:
oder mir unschöne Konsequenzen drohen, wenn ich meine Meinung offen kundtue
Das ist keine sonderlich ehrenvolle Erkenntnis, aber im Grunde ist es zu einem großen Teil das bei mir.
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #5
Was wären unschöne Konsequenzen für euch?
 
girl_next_door
Benutzer96776  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #6
Na dann willkommen im Club ihr beiden, wenn vermutlich auch nicht ganz freiwillig. :bier:

thraca thraca : Für mich wäre es durchaus schon ein plausibler Grund, dass die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit mitunter auch durch meine eigene mangelnde Selbstliebe bzw. mangelndes Selbstbewusstsein verursacht wird.

Ich bin nicht sonderlich selbstbewusst, und das merkt man mir halt in manchen Situationen vermutlich auch an.
Ich hatte insofern halt auch schon ein paar sehr unschöne Erfahrungen gemacht, dass es in Diskussionen irgendwann in eine untergriffige Richtung ging, und es persönlich wurde. So nach dem Motto: "Was willst du jetzt mitreden, du hast doch im Leben noch nichts erreicht und keine Ahnung wovon du sprichst", "Jemanden, der xyz macht, kann ich nicht ernst nehmen", etc. pp.
Oder Personen, denen ich mich anvertraut habe, gewisse intime Details gegen mich verwendet haben.
 
Diania
Benutzer186405  (53) Sehr bekannt hier
  • #7
Was wären unschöne Konsequenzen für euch?
Alles mögliche, wirklich alles. Von Reifen zerstechen (hatte ich schon) bis hin zu am Arbeitsplatz gemobbt werden (auch das persönlich bekannt).
 
F
Benutzer205991  (65) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #8
Na ich glaube das ist Übungssache von der Wiege bis zur Bahre..
Was macht das Baby es lauscht aufmerksam, schaut sehr intensiv und mit emotionalen Regungen dem Gegenüber ins Gesicht und irgendwann wird ein Vokal platziert und ein Lächeln…tja das Baby hat den „ Gesprächspartner „ sozusagen im Sack😀
Das sind alles Fähigkeiten , die durchaus geeignet sind ( wenn sie geübt und verfeinert sind) für ein kontroverses Gespräch meiner bescheidenen Meinung nach.
Im zugewandten und aufmerksamen Zuhören lässt sich sicher ein Punkt finden der vereint und es lässt sich dann wohlwollender diskutieren.
Außerdem wird nicht nur einer die volle Wahrheit gepachtet haben.
 
M
Benutzer210596  (33) Klickt sich gerne rein
  • #9
Kannst du mal ein konkretes Beispiel nennen? :smile:
Erst mal: Man muss ja gar nicht zu allem eine Meinung haben, finde ich. Beispiel: Covid. Ich habe lange aufgegeben mit bestimmten Leuten über Covid zu reden/meine Meinung zu vertreten.
Anders natürlich in Situationen, in denen deine Grenzen gewahrt werden müssen. Gibt es Situationen, in denen deine Grenzen überschritten werden?

Man kann so was ja auch im sicheren Raum mal üben. Zum Beispiel mit der Familie oder Freunden. Du kannst Situationen auch nachspielen und dann üben, wie du gerne reagiert hättest.
 
girl_next_door
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  • Themenstarter
  • #10
Was wären unschöne Konsequenzen für euch?

Sozial geächtet zu werden zum Beispiel.
Da gibt es unzählige Szenarien.
Menschen zu verlieren, die mir sehr am Herzen liegen.
Im beruflichen Kontext zB. (finanziell) benachteiligt oder gemieden, im schlimmsten Fall sogar gemobbt zu werden.
 
girl_next_door
Benutzer96776  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #11
Kannst du mal ein konkretes Beispiel nennen? :smile:
Erst mal: Man muss ja gar nicht zu allem eine Meinung haben, finde ich. Beispiel: Covid. Ich habe lange aufgegeben mit bestimmten Leuten über Covid zu reden/meine Meinung zu vertreten.
Anders natürlich in Situationen, in denen deine Grenzen gewahrt werden müssen. Gibt es Situationen, in denen deine Grenzen überschritten werden?

Man kann so was ja auch im sicheren Raum mal üben. Zum Beispiel mit der Familie oder Freunden. Du kannst Situationen auch nachspielen und dann üben, wie du gerne reagiert hättest.

Covid ist gar kein so schlechtes Beispiel. Das Thema bei normalen Plaudereien auszuklammern ist als erster Schritt bestimmt ganz geschickt, aber manchmal reicht das natürlich nicht aus. Wenn man zB. angefeindet wird, weil man immer noch ne Maske trägt. Ich persönlich hatte diesbezüglich zwar Gott sei Dank außer vieler merkwürdiger Blicke noch keine untergriffigen Kommentare geerntet, aber frag mal einige User hier, die können ein Lied davon singen.
Sicherlich müsste ich in solchen Situationen dann eigentlich ein genauso dummes Kommentar zurückgeben. Rein moralisch müsste ich da bei Fremden, die mich obendrein noch blöd anmachen, ja wirklich keinerlei Vorbehalte haben. Hier sehe ich allerdings ein ganz anderes Problem, nämlich die Gefahr, dass dieser Mensch mir gegenüber dann womöglich sogar noch handgreiflich werden würde, wenn ich ihm entsprechend das Kraut ausschütte.
Von daher verhalte ich mich auch dann ziemlich passiv und deeskalierend, und verdrehe maximal die Augen oder schnaufe mal verächtlich.
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #12
Ich hatte insofern halt auch schon ein paar sehr unschöne Erfahrungen gemacht, dass es in Diskussionen irgendwann in eine untergriffige Richtung ging, und es persönlich wurde. So nach dem Motto: "Was willst du jetzt mitreden, du hast doch im Leben noch nichts erreicht und keine Ahnung wovon du sprichst", "Jemanden, der xyz macht, kann ich nicht ernst nehmen", etc. pp.
Oder Personen, denen ich mich anvertraut habe, gewisse intime Details gegen mich verwendet haben.
Ja, diese Erfahrungen habe ich auch schon gemacht. Jenachdem kann mir das inzwischen egal sein, denn, na ja, wer sowas von sich gibt, auf dessen Meinung lege ich echt keinen Wert. Und was die intimen Details angeht, wird mir das auch immer mehr egal. Wenn sich Leute das Maul zerreißen wollen: Bittesehr. Die überwiegende Mehrheit weiß, dass sich hier vielmehr diejenigen eine Blöße geben, die sowas nicht für sich behalten. Und der Rest wird es auch noch irgendwann begreifen oder ist mir dann egal.

Aber das ist immer leicht gesagt, vor allem mit Abstand zum Ereignis. Und manchen dieser Menschen kann man leider nicht so einfach entkommen, Familie zum Beispiel. Gerade bei Letzterem tut es nochmal ganz anders weh.

Alles mögliche, wirklich alles. Von Reifen zerstechen (hatte ich schon) bis hin zu am Arbeitsplatz gemobbt werden (auch das persönlich bekannt).
Meine Güte. Um was für Themen/Meinungen ging es da?

Im zugewandten und aufmerksamen Zuhören lässt sich sicher ein Punkt finden der vereint und es lässt sich dann wohlwollender diskutieren.
Außerdem wird nicht nur einer die volle Wahrheit gepachtet haben.
Na ja, mit zugewandten und aufmerksamen Diskussionspartnern, die nicht der Meinung sind, die Wahrheit gepachtet zu haben, ergeben sich solche Probleme in der Regel nicht. Was mich aber auch wieder zu "solche Leute können mir am Hintern vorbeigehen" führt.
Aber es gibt eben auch manchmal Themen/Diskussionen, da will man auch einfach nicht die Klappe halten, weil es nicht nur um einen selbst geht. Thema Rassismus zum Beispiel.
 
F
Benutzer205991  (65) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #13
Nun soweit ich das verstanden habe , geht es um kommunizieren lernen in kontroversen Gesprächssituationen
Darauf hat sich mein Beitrag bezogen .
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #14
Sicherlich müsste ich in solchen Situationen dann eigentlich ein genauso dummes Kommentar zurückgeben.
Das halte ich so ziemlich nie für eine gute Wahl. Bringt ja auch niemandem was. Oder hast du dann das Gefühl, dir das damit dann nicht gefallen lassen zu haben? Ich fühle mich hinterher immer im Niveau gesunken. Also solche Kommentare würde ich ignorieren und keiner Reaktion würdigen. Ich denke manche merken dann auch, wie dumm das ist, was sie gerade gesagt haben.
 
Fußliebhaber84
Benutzer195524  (40) Verbringt hier viel Zeit
  • #15
Selbst wenn ich von meinem Standpunkt überzeugt bin, versuche ich eigentlich immer, die Sache auch noch aus einer anderen Perspektive zu betrachten, und komme oftmals zum Schluss, dass die Sichtweise meines Gegenübers vielleicht ja auch gar nicht so verkehrt ist. Das geht dann so weit, dass ich mich frage, ob ich vielleicht nicht doch falsch liege mit meiner Sichtweise und ich diejenige bin, welche im Unrecht ist
Also sich selbst hinterfragen ist meiner Meinung nach ein essentieller Akt um die eigene Persönlichkeit weiter zu entwickeln und auch davor hochmütig zu werden!
Allerdings muss man auch unterscheiden zwischen gefestigtem Standpunkt und Sturheit bzw. dem dazwischen. Die Empathie um die Sichtweise des Gegenüber zu verstehen ist respektvoll und sozial, darf dich aber in deinem Standpunkt nicht zum straucheln bringen, das wäre wie eine Art Selbstbetrug.
 
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Diania
Benutzer186405  (53) Sehr bekannt hier
  • #18
Wenn man zB. angefeindet wird, weil man immer noch ne Maske trägt. Ich persönlich hatte diesbezüglich zwar Gott sei Dank außer vieler merkwürdiger Blicke noch keine untergriffigen Kommentare geerntet, aber frag mal einige User hier, die können ein Lied davon singen.
Sicherlich müsste ich in solchen Situationen dann eigentlich ein genauso dummes Kommentar zurückgeben. Rein moralisch müsste ich da bei Fremden, die mich obendrein noch blöd anmachen, ja wirklich keinerlei Vorbehalte haben. Hier sehe ich allerdings ein ganz anderes Problem, nämlich die Gefahr, dass dieser Mensch mir gegenüber dann womöglich sogar noch handgreiflich werden würde, wenn ich ihm entsprechend das Kraut ausschütte.
Von daher verhalte ich mich auch dann ziemlich passiv und deeskalierend, und verdrehe maximal die Augen oder schnaufe mal verächtlich.
Das würde ich für mich genauso übernehmen. Neulich z.B. kam ein "was ist schon wieder Pandemie? Weil du eine Maske trägst!" Ein Nachbar, der mich mehrmals die Woche so sieht. Ich war kurz davor endlich einmal zurück zu pampen "Warum trägst du keine Maske??" um zu hoffen auf ein "Muss man doch gar nicht mehr!" woraufhin ich gesagt hätte: "Ja und? Man DARF es aber immer noch und trotzdem nölst du mich dauernd voll!"
Aber abgesehen davon, dass ja meist nie das kommt, auf was man sich da vorbereitet hat, hatten wir schon Scheiße verschmiert an unserer Wand und Haustür, das war z.B. thraca thraca (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit), weil ich einer wirklich sehr, sehr ekligen Nachbarin verwehrt habe zu mir zu kommen und ihre Wäsche immer bei mir zu waschen, weil sie keine Waschmaschine hatten und dabei war ich eben nicht super süsslich höflich, sondern bestimmt, wenn auch nicht unhöflich. Sie hat mich dann eine Zeitlang auch bespuckt, wenn wir uns getroffen habe. Hätte ich nur mal irgendeine blöde Ausrede erfunden und Süßholz geraspelt.
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #29
girl_next_door girl_next_door Ich verstehe dich, kann aber nur sagen, dass es mir persönlich sehr geholfen hat, dass es mir egaler geworden ist. Ich muss andere Leute nicht von meiner Meinung (die ich eigentlich sowieso nicht habe, wenn es um Sachverhalte geht, denn dafür bräuchte ich erstmal ein Maß an Wissen, welches ich nicht besitze) überzeugen oder davon, dass ich recht habe. Dann sollen sie eben glücklich in ihrer Blase und jenachdem unwissend bleiben. Sie werden es irgendwann selbst erkennen - müssen sie sowieso, anders funktioniert es nicht und ich denke kaum, dass ich da der große Erkenntnisbringer sein werde - oder eben nicht und vielleicht ist das auch alles gar nicht schlimm oder wichtig oder irgendwas. Thema Verschwörungstheorien zum Beispiel. Ich lasse mich auf solche Gespräche nicht mehr ein, es bringt absolut nichts. Die folgen ihrer eigenen Logik, da geht es auch nicht um Argumente.

Sowieso geht es selten um Argumente. Dafür fehlt doch in den meisten Fällen sowieso die Expertise. Und selten wollen die Leute irgendwelche neuen Erkenntnisse aus einer Diskussion, sie wollen Bestätigung oder andere vorführen oder sich wichtig tun oder immer und immer wieder ihre Geschichten runterleiern. Oder wie oft werdet ihr Zeugen sinnvoller Diskussionen?

Für mich war jedenfalls zunehmend diese empfundene Sinnlosigkeit der Beitrag zur Haltung "macht ihr mal, ich bin Kaffee trinken und meine Ruhe haben". Und seither habe ich mehr Ruhe. Betonung liegt auf mehr, denn klar habe auch ich meine Themen, die mir nicht egal sind und wo es mir schwerfällt. Aber auch hier komme ich mehr und mehr an den Punkt, es einfach gut sein zu lassen. Es bringt einfach nichts. Damit sowas irgendwie konstruktiv ist, müssen beide Seiten offen dafür sein und das ist einfach meistens nicht der Fall.

Ich sage dann eher sowas wie "ja, ok, ich sehe, wir kommen hier auf keinen grünen Zweig, ich steige hier aus". Sage jenachdem, wie ich die Diskussion empfinde bzw. zähle die Punkte auf, bei denen wir uns im Kreis drehen oder sage, dass ich es so empfinde, dass mein Gegenüber mich dauernd missversteht/missverstehen will und ich darüber jetzt aber auch nicht weiter diskutieren will.
 
girl_next_door
Benutzer96776  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #30
Genau thraca thraca , du bringst es gut auf den Punkt!
...Ich muss andere Leute nicht von meiner Meinung (die ich eigentlich sowieso nicht habe, wenn es um Sachverhalte geht, denn dafür bräuchte ich erstmal ein Maß an Wissen, welches ich nicht besitze) überzeugen oder davon, dass ich recht habe.

Sowieso geht es selten um Argumente. Dafür fehlt doch in den meisten Fällen sowieso die Expertise. Und selten wollen die Leute irgendwelche neuen Erkenntnisse aus einer Diskussion, sie wollen Bestätigung oder andere vorführen oder sich wichtig tun oder immer und immer wieder ihre Geschichten runterleiern. Oder wie oft werdet ihr Zeugen sinnvoller Diskussionen?

Das ist etwas, was noch sehr, sehr erschwerend hinzukommt, nämlich das teils sehr dünn gesäte (Fach)wissen der meisten Menschen (da nehm ich mich absolut gar nicht aus), sobald es um bestimmte Themen geht. Da hab ich dann ohnehin immer Sorge, mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, und mit Halbwissen Dinge zu verbreiten, die sich am Ende als falsch herausstellen, und halte mich auch meist eher zurück. Was ich von vielen meiner Gesprächspartner nicht behaupten kann. Die haben oft ganz schön viel Meinung für wenig Ahnung, so ist zumindest mein Eindruck. 😅 Nur lässt sich das meist auch nicht an Ort und Stelle auflösen, falls es zu Ungereimtheiten kommt.
Manchmal wird dann tatsächlich Google bemüht, aber es gibt tatsächlich Menschen, die mich bzw. meinen Standpunkt auch dann noch belächeln, wenn er mit Fakten untermauert wird. Aber ich seh schon, damit muss ich mich dann wohl abfinden, auch wenn es manchmal schwerfällt. Ich bin ja generell nichtmal ein sonderlich rechthaberischer Mensch, aber grad wenn mein Gegenüber dann so selbstbewusst auftritt, als hätte er/sie die Weisheit mit Löffeln gefressen, ist es für mich zugegeben umso genugtuender, wenn ich auch mal was zum Gespräch beitragen kann, das seine/ihre These nicht stützt.
 
Diania
Benutzer186405  (53) Sehr bekannt hier
  • #33
Wie bist du mit der Nachbarin umgegangen? Also sowohl Wandsituation als auch anspucken.
Wand habe ich so gelassen um ihr die Arbeit zu ersparen es zu erneuern. Direkt die Tür, das, was wir also immer nutzen habe ich geputzt. Sie habe ich ignoriert, so getan als sehe ich sie nicht, wenn das nicht ging, dezent gelächelt und genickt wie zur Begrüßung. Bis sie ausgezogen ist.


Oder ich hau jemandem eine rein und am nächsten Tag fackelt er mir die Bude ab.
Genau die Eskalation ist es, die ich meide und für manche beginnt die Eskalation eben schon mit einer Entgegnung. Deshalb lasse ich es oftmals.




Sowieso geht es selten um Argumente. Dafür fehlt doch in den meisten Fällen sowieso die Expertise. Und selten wollen die Leute irgendwelche neuen Erkenntnisse aus einer Diskussion, sie wollen Bestätigung oder andere vorführen oder sich wichtig tun oder immer und immer wieder ihre Geschichten runterleiern. Oder wie oft
Ja. Aber eigentlich. So ganz eigentlich. Im Grunde. Wäre es eben doch so oft wichtig nicht nichts zu sagen.
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #34
Ja. Aber eigentlich. So ganz eigentlich. Im Gründe. Wäre es eben doch so oft wichtig nicht nichts zu sagen.
Ja, da gebe ich dir recht und das ist die Kategorie "Themen, die mir wichtig sind", wo ich dann auch etwas sage. Wo ich aber auch oft an den Punkt komme, wo ich nicht weiß, wie ich es begreiflich machen soll. Weil hier fehlen mir dann leider meist die "gültigen" Argumente.

Beispiel: Ich weiß, dass es nicht in Ordnung ist, "Neger" zu sagen. Für mich ist die Tatsache, dass andere so nicht genannt werden wollen, bereits ausreichend. Ich weiß auch um die negative Besetzung des Wortes, aber nicht im Detail. Was kann ich jetzt Anderes zu jemandem sagen, der der Ansicht ist, das Wort wäre nicht schlimm, als sowas wie "macht man halt nicht"? Und der mich fragt, woher ich denn wissen will, dass andere das schlimm finden? Usw. usf.

Genau diese Diskussion habe ich schon geführt bzw. nicht geführt. Keine Chance. Letzte Aussage meines Gegenübers war "ich sag das einfach weiter so". Und da bin ich dann an dem Punkt, wo ich doch gerne eine reinhauen würde. 😅
 
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girl_next_door
Benutzer96776  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #36
Danke thraca thraca , genau auf die von dir beschriebene (und ähnliche) Situationen wollte ich nämlich hinaus, exakt das war für mich der eigentlich Grund, diesen thread zu initiieren. :anbeten:
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #37
Das Verletzungspotential ist leider genau bei solchen Themen, die mir wichtig sind, besonders hoch.
Ja, bei mir auch. Aber ich kann meistens nicht anders. Oft denke ich mir auch hinterher "halt einfach mal die Klappe in Zukunft". Aber ich empfinde es als so ungerecht und einfach verboten ignorant manchmal, eine bodenlose Frechheit, da kann ich nicht aus meiner Haut.
 
Fantasy.
Benutzer172046  Beiträge füllen Bücher
  • #38
Ich muss sagen, die wichtigste Lektion, die ich bisher gelernt habe, ist die: Du kannst immer nur so gut kommunizieren wie dein Gegenüber. Man kann durchaus Situationen deeskalieren, auch wenn die andere Person bestimmte Kompetenzen nicht besitzt (man betrachte einmal den gentle parenting-Ansatz), aber irgendwann ist da einfach eine Grenze und du kommst in eine Taube-auf-dem-Schachbrett-Situation.

Mit Leuten, bei denen ich merke, dass sie ganz gut kommunizieren können oder selbstreflektiert sind, versuche ich auch durchaus mal, in die Meinungsverschiedenheit "reinzugehen". Das geht meiner Erfahrung nach am besten, wenn man nach dem Warum fragt bzw. beim Standpunkt der anderen Person anfängt. Ich suche in jedem Gegenargument die Gemeinsamkeiten und versuche, von da zu starten. Und ich versuche, die damit verbundenen Emotionen irgendwie anzuerkennen, auch wenn ich diesbezüglich ganz anders empfinde.
Klar ist der "vernünftigste" Grund, eine Maske zu tragen, der, dass man keinen Bock auf Corona hat. Aber "ich habe Heuschnupfen und die Maske hilft mir dabei" oder "ich hab ein wenig Halsweh und durch die Maske sind meine Atemwege weniger gereizt" ist meist deutlich näher an der Lebensrealität derjenigen, die in der Hinsicht "unvernünftiger" sind (aka zu einer anderen Risiko-Nutzen-Abwägung kommen als man selbst).

Dinge, auf die ich vorher achte, sind:
- Umgebung. Wer ist sonst noch dabei und würde mir beistehen? (Die Antwort ist meist: Niemand) Gibt es im Notfall Überwachungskameras? Steht die Person mir gegenüber oder ist es z.B. am Telefon, wo ich schnell wegkäme?
- Beziehung zur anderen Person. Ist das eine fremde Person, die mir danach nichts tun kann, oder bin ich in irgendeiner Art abhängig?
- Aggressionslevel. Wie formuliert die andere Person ihr Anliegen? Wie emotional wird sie dabei? Welche Worte nutzt sie eventuell, um über meinen Standpunkt zu sprechen?
- Handlungsgrund. Warum ist die Person so, wie sie ist? Geht es ihr gerade wirklich um das Thema selbst oder hat sie ein zugrundeliegendes Problem? Kann und möchte ich zur Lösung dieses Problems beitragen?
- Kommunikationsfähigkeit. Wie äußert sich die Person? Stellt sie Fragen? Geht sie auf die Gegenseite ein? Bleibt sie ruhig? Lässt sie sich auf andere Meinungen ein?
- Eigener (moralischer) Kompass. Wie wichtig ist mir das Thema? Wie wichtig sind mir die möglichen Konsequenzen meines (Nicht-)Handelns? Welche Meinungen kann ich tolerieren und ab wann bin ich selbst zu stark emotional getriggert?
- Was ist mein Ziel des Ganzen? Soll die andere Person aufhören, mich aufgrund meiner Einstellung abzuwerten? Soll sie mit mir auf andere Art kommunizieren? Soll sie etwas anderes tun oder sagen? Soll die Person meine Meinung teilen? Soll die Person zum Nachdenken angeregt werden? Oder möchte ich nur mein Umfeld auf die andere Person und ihren Umgang mit mir aufmerksam machen?

Danach priorisiere ich nach Möglichkeit. Akute Grenzverletzungen verteidige ich deutlich vehementer als "die Meinung finde ich absolut scheiße". Und dabei darf man nicht vergessen, dass eine Grenze zu ziehen immer noch nicht ermöglicht, das Verhalten der anderen Person zu kontrollieren. Du kontrollierst immer nur dein eigenes Verhalten. Wenn XY passiert, werde ich ABC tun. Und "schweigend weggehen" ist definitiv eine Art, eine Grenze zu ziehen, die im Zweifelsfall vollkommen ausreicht. Nicht jede Grenze muss aktiv gerechtfertigt oder verteidigt werden.

Ansonsten habe ich auch schon erlebt, dass Leute Rückfragen stellen wie "Könnten Sie das bitte nochmal lauter wiederholen?" (Wenn jemandem bewusst ist, dass man gerade extrem daneben war, trauen sich die meisten das nicht) oder "Geht es Ihnen gut?", "Brauchen Sie Hilfe?". Höfliche, distanzierte Sprache kann auch helfen. Der Lieblingstrick meines Vater ist "Nein, das ist nicht so" oder die Dinge einfach nickend und schweigend aussitzen.
Was bei meinen Eltern bei vielen kontroversen Themen (Flüchtende, abwertende Wortwahl, (Gender)Queerness, Gendern etc.) geholfen hat, war der Satz "Es geht hier aber nicht um dich."
Und: steter Tropfen höhlt den Stein. Gerade, wenn man andere Personen öfters sieht, sind freundliche Ermahnungen und wiederholte kleinere Grenzsetzungen manchmal besser, als einmal zu eskalieren.

Für alles andere an Zwischentönen helfen mir vorgelernte Sätze wie "Ehrlich gesagt..." oder "Das wäre für mich zwar auch okay, aber..." oder "Nein, das tue ich nicht/werde ich nicht tun", "Ich habe dafür gerade keine Kapazitäten". Und ich versuche, ein Nein mit einem Aber zu verbinden. Also "Nein, das tue ich nicht, aber ich kann XY anbieten" (wenn ich das denn kann). "Nein, ich kann das nicht tun, aber ich hätte es für dich gern getan". "Nein, aber frag doch mal den soundso."
Ich habe auch gelesen, dass man, bevor man ja zu etwas sagt, einmal kurz durchatmet und im Kopf bis drei zählt, bevor man dann wirklich antwortet. Das hilft etwas, den "people pleasing"-Impuls zu lockern.

Viel, viel wichtiger war für mich aber, nicht nur meine Grenzen zu kennen (schwer genug), sondern es mir auch wert zu sein, die zu verteidigen, und das Gefühl zu haben, die verteidigen zu dürfen. Das kommt nur mit sehr viel Selbstfürsorge, Zeit und einem positiveren Umfeld.

Und an der Stelle sollte ich dazusagen, dass ich bisher in schwierigen Situationen auch nur das getan habe, was meine Eltern "weglaufen" nennen. Ich habe es entweder schweigend ausgesessen oder bin gegangen. Die Einzigen, die ich je "umerzogen" habe, waren meine Eltern, und das geht sehr langsam voran und braucht sehr viel Beständigkeit. Manchmal komme ich mir wirklich vor, wie eine kaputte Schallplatte. Und manche Dinge versuche ich nicht mehr, zu ändern, so weh es mir auch tut. Da muss man sich einfach vorsichtig durchprobieren und schauen, was mit welcher Person funktioniert.

Ansonsten schaue ich für sowas auch gerne in verschiedene YouTube-Kanäle rein, entweder, die sich um Kommunikation drehen, oder solche, die einfach gut kommunizieren. Ein Beispiel für gute Ratschläge ist Jimmy on Relationships und wer, finde ich, sehr gut kommuniziert und wo ich mir gern eine Scheibe abschneide, ist Dr. Mike. Und ansonsten finde ich viele Ideen aus dem Gentle-Parenting-Ansatz tatsächlich auch bei Erwachsenen sehr interessant.
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #39
Ja, girl_next_door girl_next_door , an sowas habe ich auch direkt gedacht, aber das konkrete Beispiel ist mir erst jetzt eingefallen.

Ja, was hätte ich im Nachhinein noch sagen können... Ich war ja kurz davor vorzuschlagen, sie möge doch bitte mal unseren Briefträger in einem Gespräch mit ihm so bezeichnen, aber ich wäre vor Scham im Boden versunken, da wir verwandt sind und er das weiß und gleichzeitig würde ich ausgerechnet besagtem Briefträger zutrauen, dass es ihm nicht so wichtig ist, das wäre dann natürlich gründlich schiefgegangen und hätte sie nur bestätigt. Da hätte ich mir dann endgültig den Mund fusselig reden können, denn wenn es einer Person egal ist, dann ist es natürlich allen egal. :kopfwand: Und es wäre halt auch für den Briefträger übel gewesen.

Ich hätte sagen können, wenn es ihr wirklich ernst ist mit der Frage, warum es denn nicht in Ordnung sei, könne sie ja das Internet bemühen, es täte mir leid, dass ich nicht immer alle Quellen im Handtäschchen habe. Aber wahrscheinlich hätte sie auch dort wieder nur Artikel aufgetan, die das relativieren. Es ist ja auch irgendwie kein Halten, man findet immer irgendwo Bestätigung, wenn man will.

Ich hätte eine Grundsatzdiskussion über Wahrnehmung, Empfinden, Gesellschaft etc. lostreten können. Aber auch der Ansatz, mal so ganz grundlegend etwas zu betrachten, wird ja schnell ad absurdum geführt, wenn einfach alles so zurechtgebogen wird, wie man es gerne hätte. Diese Person hat einfach ihr Weltbild und das ist ziemlich starr und da darf auch nicht dran gerüttelt werden. Sie hat recht und Ende. Sie macht, wie sie will, wem das nicht passt, der hat Pech gehabt.

Mal abgesehen davon, dass diese Person eh mein persönlicher Endgegner ist. Ganz viele Problematiken da zwischen uns. Ich habe auch direkt gemerkt, wie alles wieder in mir hochkocht und wie sinnlos es ist. Also habe ich es dann bleiben lassen und den Rest des abends latent gehasst. Wenigstens habe ich gesagt, dass es nicht in Ordnung ist, wenn auch ohne Erfolg. :geknickt: Ich glaube, selbst wenn ich die passenden Argumente gehabt hätte, wäre ich damit nicht erfolgreich gewesen. Wen interessiert, was in den Kolonien und zur Nazizeit passiert ist, sie meint es ja nicht so und deswegen ist es legitim.
 
Zuletzt bearbeitet:
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #40
Taube-auf-dem-Schachbrett-Situation
Eine Katastrophe. 😀

"Es geht hier aber nicht um dich."
Den finde ich gut, wäre in meiner Situation auch angemessen gewesen.

Und: steter Tropfen höhlt den Stein. Gerade, wenn man andere Personen öfters sieht, sind freundliche Ermahnungen und wiederholte kleinere Grenzsetzungen manchmal besser, als einmal zu eskalieren.
Ja, das habe ich auch schon so festgestellt.

"Nein, das tue ich nicht, aber ich kann XY anbieten" (wenn ich das denn kann)
Das ist gefährlich für mich. Ich tendiere eh immer dazu. Ich will ganz klar nein sagen und etwas definitiv nicht tun bzw. für die Person ganz sicher gar nichts tun. Aber ich fühle mich schlecht, weil ich nein sage und biete dann etwas weniger "Schlimmes" als Ersatz an, obwohl das für mich ebenfalls belastend ist. Das ist aktuell eine meiner Baustellen. Gerade erst gestern habe ich mich wieder in so eine Situation gebracht. 🙄 Jetzt muss ich einen Sonntagabend für etwas opfern, worauf ich wirklich keine Lust habe.

Ich habe auch gelesen, dass man, bevor man ja zu etwas sagt, einmal kurz durchatmet und im Kopf bis drei zählt, bevor man dann wirklich antwortet. Das hilft etwas, den "people pleasing"-Impuls zu lockern.
Da versuche ich mal dran zu denken, könnte tatsächlich etwas helfen!

Viel, viel wichtiger war für mich aber, nicht nur meine Grenzen zu kennen (schwer genug), sondern es mir auch wert zu sein, die zu verteidigen, und das Gefühl zu haben, die verteidigen zu dürfen. Das kommt nur mit sehr viel Selbstfürsorge, Zeit und einem positiveren Umfeld.
Ja, das meinte ich auch weiter oben bei dem Selbstbewusstsein-Thema. Das würde einige meiner Probleme lösen.
 
thraca
Benutzer182699  (33) Öfter im Forum
  • #41
Ja, was hätte ich im Nachhinein noch sagen können... [...]
Ich hätte ähnlich blöde Fragen stellen können. :tentakel: "Warum ist es nicht ok, alten Damen die Handtasche zu klauen?" "Warum kann ich dich und sowieso alle Frauen nicht einfach zukünftig mit "Schlampe" anreden, also ich finde das gar nicht schlimm?" "Warum verbrennen wir unsere rothaarige Nachbarin eigentlich nicht als Hexe?"

Zugegeben, die mittlere Frage passt wohl am ehesten, aber bei dem Thema geht es für mich schon auch generell um die Frage "Warum überhaupt Rücksicht auf Mitmenschen nehmen und warum ändern, was wir früher doch getan haben, warum soll das heute plötzlich schlecht sein?" Beliebtes Argument hier ist nämlich auch "das haben wir schon immer so gemacht".
 
Zuletzt bearbeitet:
Anna1309
Benutzer166007  (39) Meistens hier zu finden
  • #42
Ich finde die Frage etwas ungünstig gewählt. Denn das eigentliche Problem ist ja eher in deiner Haltung zu finden.

People Pleasing hat ja nichts mit nett sein, Rücksichtnahme oder Ähnlichem zu tun sondern mit gefallen wollen.

Eine derartige Haltung resultiert in der Regel aus der Erziehung, wo Kinder ausgeschlossen und mit Liebensentzug bestraft werden (du gehst jetzt auf den Zimmer, bis du dich beruhigt hast) und dann verinnerlichen, dass sie sich an andere und ihre Vorstellungen/Erwartungen anpassen müssen, um nicht aus der Gemeinschaft (Familie) ausgeschlossen zu werden und Anerkennung zu erfahren.

Nur wie du ja schon selbst schriebst, passiert auf lange Sicht eher das Gegenteil und man erntet wenig Respekt von seinen Mitmenschen.

Ich arbeite aktuell mit einer kaufmännischen Leitung zusammen, die ähnlich gestrickt ist: kann keine Grenzen setzen, kann sich nicht adäquat durchsetzen (entweder überfährt/übergeht er andere oder passt sich eben an. Was dazwischen existiert nicht), kommuniziert nicht klar und macht den Eindruck nicht zu wissen, was er möchte, fehlendes Standing, setzt aufgrund seiner Harmoniesucht teilweise fatale Prioritäten usw.

Obwohl ich ihn menschlich mag, merke ich, wie mein Respekt ihm gegenüber zunehmend schwindet.

Respektiert und gemocht werden, geht nämlich nicht zwingend Hand in Hand. Ich kann jemanden mögen, den ich nicht so wirklich respektiere und ich kann jemanden respektieren, den ich menschlich vielleicht gar nicht so sympathisch finde.

Ich glaube, dass zur Überwindung dessen ein werteorientierter Ansatz ganz nützlich sein könnte.

Nehmen wir mal an, dass dir der Wert Ehrlichkeit/Aufrichtigkeit wichtig ist und du bewertest jetzt deine Handlungen/dein Verhalten (nicht offen zu deinen Ansichten zu stehen) unter diesem Gesichtspunkt. Dann kommst du vielleicht zur Erkenntnis, dass dein Verhalten deinen eigenen Überzeugungen nicht gerecht wird.
Du dir also quasi selbst untreu bist.

Ich finde, dass Veit Lindau es hier ganz anschaulich und pragmatisch erläutert:
 
Nevery
Benutzer72433  Planet-Liebe ist Startseite
  • #43
Sicherlich müsste ich in solchen Situationen dann eigentlich ein genauso dummes Kommentar zurückgeben.
Ein kurzes "Ach, geh wen anders nerven" genügt meist und birgt kein so großes Risiko auf Diskussionen oder Eskalationen.

Wenn ich mir noch nicht ganz sicher bin ob und wenn ja in welcher Form ich mich zu einem Thema äussern möchte: Fragen. Wie genau ist das gemeint? Kannst mir diesen Punkt nochmal in anderen Worten erläutern? Verstehe ich Kontext xyz richtig? - gibt nen bisschen Zeit, Ruhe, Klarheit über das Thema und man kann gezielter antworten.

Direkt wem was um die Ohren hauen taugt eigentlich nur, wenn mein Moraltrigger anspringt, aber das dient dann eh nur dazu, die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen um damit wen anders zu schützen.
 
Lotusknospe
Benutzer91095  Team-Alumni
  • #44
Geht es nun drum,

1) jemand anderen von der eigenen Meinung zu überzeugen
2) auf Augenhöhe eine Meinungsverschiedenheit zu diskutieren oder
3) einfach drum, jemanden nen Spruch reinzudrücken?

1) mache ich eigentlich so gut wie nie, und 3) nur, wenn ich den Respekt vor der anderen Person bzw. ihrer Meinung aus irgendeinem Grund verloren habe.

2) geht eigentlich gut, wenn man den Respekt der anderen Person wahrt. Meistens tut sie es einem dann gleich. Wenn nicht, dann hör ich normalerweise auf zu diskutieren, denn das ist nur Zeitverschwendung. Das letzte Wort haben muss ich nicht mehr seit ich in meinen 30ern bin.
 
E
Benutzer209281  (50) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #45
People Pleasing hat ja nichts mit nett sein, Rücksichtnahme oder Ähnlichem zu tun sondern mit gefallen wollen.
Genau, ich kenne das von mir.
Um zu gefallen tat ich fast alles, machte mein gegenüber verantwortlich für meine zwangslage, geriet in innere konflikte und wutgefühle und falls es zu viel wurde kam ein ungebremster ausbruch mit sehr schmerzhaftem kontaktabbruch heraus.
Sobald der druck gefallen zu müssen entfällt, gelingen auf einmal produktive (manchmal auch hitzige) gespräche und beziehungen, auch bei ganz konträrerer meinung.
 
Geo3412
Benutzer175723  (30) Öfter im Forum
  • #46
Ist nicht ein "nein" zu den anderen ein "ja" zu dir selbst?
"Nein, ich möchte nicht die Wäsche für dich waschen" ist ein "ja, ich nutze die Zeit für die Dinge die mir wichtig sind(Wäsche für andere waschen gehört nicht dazu)"
Kommt darauf jemand mit "aber ..." würde ich mich wiederholen"nein, ich möchte nicht die Wäsche für dich Waschen" folgt darauf keine Akzeptanz, würde ich das Gespräch beenden bzw verlassen. Du musst deine Antwort auch nicht begründen, denn du bist dazu nicht verpflichtet.
 
Anna1309
Benutzer166007  (39) Meistens hier zu finden
  • #47
Dadurch fühlt sich meiner Erfahrung nach das Gegenüber in seiner Meinung aber meist zu 100% bestätigt. Auch schwierig, gerade wenn man schon mitten in der Diskussion drin ist. :confused:
Aber was ist denn dein Ziel dabei? Musst du mit jedem Menschen gut sein und auf einen Nenner kommen?

Du wirst mit sachlichen Argumenten eh keinen Menschen überzeugen können.

Denn Meinungen/Ansichten entstehen ja nicht im luftleeren Raum. Das hat viel mit einem verinnerlichten Menschen-und Weltbild zu tun, gemachten Erfahrungen usw.

Da wird dann eh alles an Informationen und Ansichten abgelehnt, was den eigenen Überzeugungen widerspricht. Was ja auch ok ist, ist ihr gutes Recht.

Was mir noch bei deinen Schilderungen auffällt - und da weiß ich jetzt nicht, ob das deine Haltung widerspiegelt, oder ob das lediglich Beobachtungen sind - ist diese Win-Lose-Denke.

Es wäre wahrscheinlich sinnvoll zwischen einer Diskussion und einer Debatte zu unterscheiden.

Bei einer Debatte geht es ja darum, sein Gegenüber argumentativ Schachmatt zu setzen. Hier entstehen Win-Lose-Verhältnisse.

Bei einer Diskussion geht aber eigentlich darum, einen Kompromiss zu finden, quasi einen gemeinsamen Weg. Hier sollten eigentlich Win-Win-Verhältnisse entstehen.

Da würde sich für mich jetzt die Frage auftun, was dir Debatten im privaten Rahmen überhaupt bringen.
 
SecondSkin
Benutzer207739  Sorgt für Gesprächsstoff
  • #48
Komischerweise konnte ich schon immer meine Meinung vortragen und sie wurde meist sofort akzeptiert, selbst bei Gegenargumenten konnte ich diese leicht entkräften oder gar mehr oder weniger meinen Ansatz damit stützen. Letzteres insbesondere im beruflichen Umfeld, privat lasse ich mich auch gern überzeugen bzw. bin für viele neue Sichtweisen oder gelebte Konzepte offen.
Das ich dabei ab und zu über das Ziel hinaus schieße, nehme ich bewusst in Kauf, wurde bisher auch nie wirklich negativ ausgelegt. Probleme hatte ich, einmal mit einem Herrn, zweimal mit 2 Damen in höheren Führungsebenen, die meine fachliche Expertise nicht hören wollten oder gar nicht an meiner Meinung interessiert waren. Der Herr hat mein berufliches Vorankommen fast 10 Jahre blockiert, dann habe ich die Stelle gewechselt. Eine der Damen hat es irgendwann aufgegeben und sich einen anderen Job gesucht (2 größere "Problemfälle" gingen auf ihre Kappe, ich hatte sie gewarnt und ihr die Konsequenzen in der kompletten Fülle vorher aufgezeigt, zum Glück auch mit entsprechender Dokumentation, denn natürlich wollte man mir die Probleme anheften...), die andere habe ich nach gut einem Jahr überzeugt. Sie bauchpinselt mich inzwischen hin und wieder, was ich mehr als unangenehm empfinde. Privat ist es eher so, dass ich ein gefestigtes Umfeld habe, in dem ich zu jeder Zeit alles sagen kann. Neuem bin ich immer offen, spüre ich die gleiche Wellenlänge aber nicht, bleibt die kurze Bekanntschaft die kurze Bekanntschaft...
 
Zuletzt bearbeitet:
Anna1309
Benutzer166007  (39) Meistens hier zu finden
  • #49
Genau, ich kenne das von mir.
Um zu gefallen tat ich fast alles, machte mein gegenüber verantwortlich für meine zwangslage, geriet in innere konflikte und wutgefühle und falls es zu viel wurde kam ein ungebremster ausbruch mit sehr schmerzhaftem kontaktabbruch heraus.
Sobald der druck gefallen zu müssen entfällt, gelingen auf einmal produktive (manchmal auch hitzige) gespräche und beziehungen, auch bei ganz konträrerer meinung.
Ja, das von dir Beschriebene kenne ich aus der Erfahrung mit People Pleasern auch. Gerade dieses sich selbst unter Druck setzen, mit eingebildeten Erwartungen, die man persönlich gar nicht hegt.

Wie hast du für dich eine Veränderung herbeiführen können?
 
E
Benutzer209281  (50) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #50
Wie hast du für dich eine Veränderung herbeiführen können?
Frag mich was leichteres!
Es war bzw ist ein komplexer prozess. Ich kann aber vielleicht einige punkte und erkenntnisse aufzählen:

- ich habe feststgestellt, dass das sicherheit- und ruhe-suchen nicht identisch ist mit dem verfolgen der eigenen wünsche und bedürfnisse (es ist bedingung, aber sicherheit und ruhe entsteht im inneren)
- es ist völlig ok keine schnellen antworten für sich und für andere zu haben
- die vorstellung, dass die welt und das leben vom mangel bestimmt ist und ein dauernder überlebenskampf, ist unsinnig. Dahinter stecken strukturelle gesellschaftliche mechanismen.
- sich eine lange auszeit zu geben, (zb ein jahr) führt zu großen erkenntnissen. Das schwierigste dabei ist wirklich mal "nichts" zu tun
- das übermächtige und immerwährende bedürfnis nach bestätigung kommt aus der kindheit. Die angst vor ganz einzelnen ablehnungs-erlebnissen führt zu einem ungesunden perfektionismus und ständigem stress. Erfolgserlebnisse ermöglichen keine entspannung und scheinen trügerisch zu sein. Eintauchen und Flow-erlebnisse erscheinen gefährlich, weil potenziell mit kontrollverlust verbunden.

das fällt mir gerade ein, aber es ist natürlich noch vielschichtiger.
 
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