Vergewaltigung oder nicht?

Larasowhat
Benutzer219905  (44) Ist noch neu hier
  • #1
Hallo zusammen
Mit 15 lernte ich einen jungen Mann kennen (knapp 20), mit dem ich spontan Sex hatte. Ich erinnere mich aber nicht mehr daran, weil ich betrunken war, nur noch an den Kuss vorher. Als ich danach nach Hause gehen wollte, sagte er: „Du gehst nirgendwo hin.“ und hielt mich am Arm fest, riss mich zurück. Ich sagte, ich müsse nach Hause gehen, er sagte: „Du bleibst hier.“
Dann öffnete er seine Hose, legte meine Hand an seinen Schritt und sagte mir, ich solle ihn oral befriedigen. Da ich zögerte, sagte er zu mir, ich solle auf die Knie gehen und es tun. Irgendwie habe ich dann alles mitgemacht, war ganz klar im Kopf, auch beim Sex.
Ich wälze in meinem Kopf, ob es freiwillig war oder nicht und komme auf kein Ergebnis. Ich hatte weder geschrien noch mich gewehrt. Ich hatte einfach alles mitgemacht, was mir bis heute in meiner Sexualität geblieben und zu meiner Norm geworden ist. Wie soll ich das einordnen?
 
Wildgans
Benutzer161271  Meistens hier zu finden
  • #2
Meinem Empfinden nach — ohne es rechtlich bewerten zu wollen — war das eine sexuelle Nötigung, wenn es auch noch zu Geschlechtsverkehr gekommen ist, eine Vergewaltigung.
 
LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
Redakteur
  • #3
Meinem Empfinden nach — ohne es rechtlich bewerten zu wollen — war das eine sexuelle Nötigung, wenn es auch noch zu Geschlechtsverkehr gekommen ist, eine Vergewaltigung.
Vergewaltigung beginnt mit der erzwungenen Penetration des Körpers, egal welcher Körperöffnung. Somit ist auch erzwungener Oralverkehr eine Vergewaltigung.

Liebe TS, dir ist definitiv Unrecht wiederfahren. Ein deutlich älterer Kerl hat sich deine Jugend und deinen betrunkenen Zustand zu Nutze gemacht und dich mindestens genötigt. Moralisch war das definitiv nicht in Ordnung. Das juristisch einzuordnen ist eine andere Sache und wahrscheinlich deutlich schwieriger, vor allem wenn du sagst, dass du nicht klar Nein gesagt hast. Aus meiner Sicht war das trotzdem nicht in Ordnung und ob man es jetzt Nötigung, Ausnutzen oder Vergewaltigung nennen mag ist vielleicht gar nicht so entscheidend. Wichtig ist: es war falsch von ihm. Ich bleibe hier aber bei Madame Giselle: die Schande muss die Seite wechseln: nicht du hättest anders agieren müssen, sondern er. Nicht du hättest nein sagen müssen, sondern er ein Ja erfragen müssen. Das hat er nicht getan und da liegt die (moralische) Schuld bei ihm.
 
Wildgans
Benutzer161271  Meistens hier zu finden
  • #4
Vergewaltigung beginnt mit der erzwungenen Penetration des Körpers, egal welcher Körperöffnung. Somit ist auch erzwungener Oralverkehr eine Vergewaltigung.
Da hast du recht.
Liebe TS, dir ist definitiv Unrecht wiederfahren. Ein deutlich älterer Kerl hat sich deine Jugend und deinen betrunkenen Zustand zu Nutze gemacht und dich mindestens genötigt. Moralisch war das definitiv nicht in Ordnung. Das juristisch einzuordnen ist eine andere Sache und wahrscheinlich deutlich schwieriger, vor allem wenn du sagst, dass du nicht klar Nein gesagt hast. Aus meiner Sicht war das trotzdem nicht in Ordnung und ob man es jetzt Nötigung, Ausnutzen oder Vergewaltigung nennen mag ist vielleicht gar nicht so entscheidend. Wichtig ist: es war falsch von ihm. Ich bleibe hier aber bei Madame Giselle: die Schande muss die Seite wechseln: nicht du hättest anders agieren müssen, sondern er. Nicht du hättest nein sagen müssen, sondern er ein Ja erfragen müssen. Das hat er nicht getan und da liegt die (moralische) Schuld bei ihm.
Ganz recht, und wenn man jemanden festhält und zum Dableiben zwingt, ist das Nein auch nonverbal klar gegeben worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Larasowhat
Benutzer219905  (44) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #5
Vergewaltigung beginnt mit der erzwungenen Penetration des Körpers, egal welcher Körperöffnung. Somit ist auch erzwungener Oralverkehr eine Vergewaltigung.
Zur Klärung: mit Sex meine ich Vaginalverkehr.
Aber ja. Ich hatte das Erlebnis bis vor Kurzem nicht als sehr schlimm abgespeichert. Ich muss dazu sagen, dass ich mir eine Vergewaltigung anders vorgestellt hatte. Darauf gekommen bin ich, weil ich sozusagen rückwärts überlegt habe, weshalb mir mein eigenes ‚Ja‘ zu Geschlechtsverkehr nicht wichtig ist.
 
Duracellhäschen
Benutzer211462  (43) Verbringt hier viel Zeit
  • #6
Ich will dir jetzt nicht einreden dass dir etwas Schlimmes passiert sei wenn du fein mit dem Erlebnis bist, aber aus meiner Sicht war das eine glasklare Nötigung/ Vergewaltigung.
Du hast doch mit Worten und Gesten klar zu verstehen gegeben, dass du das nicht willst, auch wenn du nicht explizit nein gesagt hast.

Ich mein, er hat körperliche Gewalt dir gegenüber ausgeübt. Zu gehorchen könnte man als einen Schutzreflex deuten um Schlimmeres zu verhindern. Heutzutage wird das glaub unter Fawning gelabelt.

Darauf gekommen bin ich, weil ich sozusagen rückwärts überlegt habe, weshalb mir mein eigenes ‚Ja‘ zu Geschlechtsverkehr nicht wichtig ist.
Für mich, für mein eigenes Erleben macht es einen riesen Unterschied, ob ich selber ein klares ja zu etwas habe, oder nur mitmache. Ohne ein klares nein kann es aber auch kein klares ja geben.
Wenn du magst, kannst du ja mal überlegen, wie du dir deinen Sex vorstellst, ob du damit zufrieden bist oder ob du dir etwas anderes wünschst.
 
Anna1309
Benutzer166007  Sehr bekannt hier
  • #7
Alleine der Altersunterschied ist schon perfide. Mit 15 ist man noch ein halbes Kind und daher gelten in DE besondere rechtliche Rahmenbedingungen, die Jugendliche davor schützen soll, missbraucht zu werden.

Wenn du dir unsicher bist, spricht das dafür, dass es eben nicht gänzlich einvernehmlich war.

Und die Sexualität eines 20 jährigen, entspricht nun einmal nicht der einer 15 jährigen.

Dadurch existiert da ein gewisses Machtgefälle - was er ausgenutzt zu haben scheint.

Mir persönlich fällt es schwer nachzuvollziehen, was in den Köpfen solch komischer Männer vorgeht. Da muss halt auch viel in deren Leben schiefgelaufen sein.

Ich habe mich mit 14 auch für französische Studenten interessiert, die ein paar Häuser weiter im Studentenwohnheim gelebt haben. Die haben mich aber nie angefasst, obwohl es ihnen geschmeichelt hat.

Rückblickend erscheint es mir so, dass sie ein Empfinden dafür hatten, dass es falsch gewesen wäre, weil ich mit 14 einfach noch sehr naiv war.

Sie haben die Situation nicht ausgenutzt, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre.

Der Typ aus deiner Schilderung eben schon.
 
LouisKL
Benutzer10752  Beiträge füllen Bücher
  • #8
Ich hatte weder geschrien noch mich gewehrt. Ich hatte einfach alles mitgemacht, was mir bis heute in meiner Sexualität geblieben und zu meiner Norm geworden ist.

Du hast Nein gesagt. Er hat dich unter Druck gesetzt.

Du musst weder schreien noch dich wehren. Menschen reagieren in Schock und Stress nicht alle mit Gegenwehr. Manche verfallen auch in Schockstarre wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange oder das Reh im Scheinwerfer des Autos. Das ist eine völlig natürliche Reaktion, für die du dich nicht schämen musst. Und die du auch nicht (und sei es vor dir selbst) rechtfertigen musst. Du wolltest nicht, er hat seine Macht benutzt um zu bekommen was er will.

Und wie du selbst sagst spürst du ja die langfristigen Folgen, leider...
 
Larasowhat
Benutzer219905  (44) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #9
Ich mein, er hat körperliche Gewalt dir gegenüber ausgeübt. Zu gehorchen könnte man als einen Schutzreflex deuten um Schlimmeres zu verhindern. Heutzutage wird das glaub unter Fawning gelabelt.
Aufgrund Deiner Aussage habe ich gerade nachgelesen, was mit fawning gemeint ist: Bei fawn response handelt es sich um eine 4. oder gar 5. Traumaantwort für die Angstbewältigung während eines traumatischen Erlebnisses (neben dem Kampf-, Flucht-, Erstarrungs- und Totstellreflex). Sozusagen lieb sein und sich anpassen, um noch Schlimmeres abzuwenden. Beim Totstellreflex gibt man auf einer tiefen Ebene auf.

Das mit den Traumaantworten kommt bei mir hin und erklärt mir Vieles in meinem Leben. Dankeschön euch allen, die ihr mir geschrieben habt und schreibt, es ist zwar schwierig für mich, aber das hilft mir sehr zu verstehen.
 
Larasowhat
Benutzer219905  (44) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #10
Duracellhäschen
Benutzer211462  (43) Verbringt hier viel Zeit
  • #11
Das mit den Traumaantworten kommt bei mir hin und erklärt mir Vieles in meinem Leben. Dankeschön euch allen, die ihr mir geschrieben habt und schreibt, es ist zwar schwierig für mich, aber das hilft mir sehr zu verstehen.
Von Herzen gerne.
Manchmal kommt man im Leben an einen Punkt, an dem man die innere Stärke, Kraft, Reserven oder Ressourcen hat, frühere Traumata aufzuarbeiten. Das kann ein schmerzhafter Prozess sein, weil man sich auch an die dazugehörigen Gefühle erinnert. Aber es kann wahnsinnig heilsam und befreiend sein, wenn man das Geschehene in die eigene Geschichte integriert hat und die zugehörigen Gefühle verarbeitet hat. Vor allem erlaubt es einem im hier und jetzt ein viel breiteres Spektrum an Reaktionen auf das, was in deinem Leben passiert.

Du musst das übrigens nicht alleine durchstehen. Es gibt professionelle Traumatherapie, das hat mir damals auch sehr geholfen.

Alles Gute und frohe Weihnachten dir.
 
Larasowhat
Benutzer219905  (44) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #12
Und wie du selbst sagst spürst du ja die langfristigen Folgen, leider...
Ja, eine längere Zeit dachte ich, so werde Sexualität gelebt. Irgendwann lernte ich BDSM kennen und probierte das aus. Ich denke, das Erlebnis hat mich doch sehr geprägt. Auch traumabezogene Auswirkungen spüre ich, wie v.a. Ängste (auch vor dominanten Männern).
 
Larasowhat
Benutzer219905  (44) Ist noch neu hier
  • Themenstarter
  • #13
Duracellhäschen
Benutzer211462  (43) Verbringt hier viel Zeit
  • #14
Ja, eine längere Zeit dachte ich, so werde Sexualität gelebt. Irgendwann lernte ich BDSM kennen und probierte das aus. Ich denke, das Erlebnis hat mich doch sehr geprägt. Auch traumabezogene Auswirkungen spüre ich, wie v.a. Ängste (auch vor dominanten Männern).
Ich finde es doch immer wieder krass, wie stark ein einziges Erlebnis einen prägen kann.
Du hast mein Mitgefühl, ich wünsch dir von Herzen dass du einen guten Umgang damit finden kannst.

Und nur, um das klar zu stellen: Nein, so wird Sexualität nicht gelebt. Mitnichten! Sex sollte einvernehmlich gemacht werden, wenn beide ein klares und eindeutiges ja dazu haben. Und dann sollte nur das passieren, was beide aktiv wollen. Und du hast jederzeit das Recht, es zwischendrin zu stoppen. Auch mittendrin, wenn es dir nicht mehr gefällt.
Du kannst auch ja zu einer Praktik sagen, und nein zu einer anderen. Und du darfst deine Meinung diesbezüglich jederzeit ändern. Auch mittendrin, wenn es für dich doch nicht mehr passt.

Ich tu mir selber schwer, das so immer umzusetzen :seenoevil: aber es ist wichtig zu wissen, dass du immer Grenzen setzen darfst.
Jemand, der deine Grenzen nicht akzeptiert, hat in deinem Bett und in deinem Leben nichts verloren.
 
E
Benutzer203678  (52) Öfter im Forum
  • #15
Ich hatte weder geschrien noch mich gewehrt.
Damit bist Du nicht allein. Die Mehrheit der Opfer sexueller Übergriffe wehrt sich nicht. Nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie nicht können.
Ich muss dazu sagen, dass ich mir eine Vergewaltigung anders vorgestellt hatte.
Auch damit bist Du nicht allein. In den meisten Köpfen ist mit "Vergewaltigung" das Bild vom Fremden, der die Frau nachts im dunklen Park ins Gebüsch zerrt - die wiederum schreit und sich heftig wehrt, verankert. Die meisten Täter sind aber keine unbekannten Fremden. Es muss auch keine grobe physische Gewalt in Form von Schlägen, Festhalten usw. angewendet werden, damit es eine Vergewaltigung ist.

Ich verstehe aber vollkommen, was Du meinst. Habe selbst sehr sehr lange gebraucht, um zu realisieren und zu begreifen, dass das, was ich als Teenager erlebt habe, eine Vergewaltigung war. Klingt jetzt vielleicht blöd - aber gib Dir Zeit, Dich langsam an den Gedanken zu gewöhnen. Es tut einfach verdammt weh, wenn man nach Jahren oder Jahrzehnten begreift, dass "es" nicht nur "den anderen" passiert.

Bei allem, was jetzt vielleicht hoch kommt, denke bitte immer daran:
Du bist nicht schuld! Und Du hättest nichts anders machen müssen!
Das hattest Du in dem Moment überhaupt nicht in Deiner Hand. Du konntest nichts anders machen!
Die Schuld liegt allein beim Täter!
Ich denke, das Erlebnis hat mich doch sehr geprägt.
Mit Sicherheit.
Manchmal kommt man im Leben an einen Punkt, an dem man die innere Stärke, Kraft, Reserven oder Ressourcen hat, frühere Traumata aufzuarbeiten.
Das kann ich unterschreiben.
Genau an dem Punkt stehe ich seit einigen Wochen und fange im Januar mit Therapie an.

O-Ton meines Psychiaters: "Die Vergangenheit geht nicht weg. Die holt einen irgendwann immer ein."
Wahrscheinlich hat er Recht. Bei manchen dauert es halt länger...

Ich wünsche Dir noch erholsame Feiertage und alles Gute auf Deinem weiteren Weg!
 
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