Wahrheit sagen ohne zu verletzten

Carignan
Benutzer177399  (42) Öfter im Forum
  • #1
Hallo ihr Lieben,
Wie einige ja wissen möchte ich aus verschiedenen Gründen nicht mehr bei meinem Vater essen, und ich bin jetzt endlich so weit dass ich Nein sagen kann. Wenn er Hilfe braucht um Geld abzuheben oder er bekommt einen Brief den ihm jemand übersetzen muss dann bin ich zwar weiterhin für ihn da um ihm zu helfen, aber nicht mehr an den Wochenenden und ich will auch nicht mehr bei ihm essen. Zu meiner eigentlichen Frage : Irgendwann wird er wissen wollen warum ich nicht mehr den Sonntag bei ihm verbringen will und warum ich nicht mehr bei ihm essen möchte. Habt ihr Vorschläge wie ich das sagen könnte ohne ihn zu kränken oder zu verletzen?
 
Hot_Chocolate
Benutzer217952  (40) Ist noch neu hier
  • #2
Vielleicht hilft es ihm zu sagen, dass du nicht jeden Sonntag bei ihm essen möchtest. Vielleicht ist es ein Kompromiss sich auf bestimmte Tage zu einigen.

Es ist Dein gutes Recht den Sonntag auch ohne ihn zu verbringen, um eine gesunde Distanz einzuhalten.

Wie ist das Verhältnis zu deinem Vater, wenn ich so fragen darf?
 
Fantasy.
Benutzer172046  Beiträge füllen Bücher
  • #3
ohne ihn zu kränken oder zu verletzen?
Aus meiner Erfahrung heraus muss man beim Grenzen setzen akzeptieren, dass genau das passieren kann. Und dann lernen, trotzdem dabei zu bleiben. Du kannst es nicht allen recht machen, und gerade, wenn man vorher immer nachgegeben hat, braucht es einfach Geduld, bis die neue Grenze dann auch verstanden wird.

Soweit ich weiß hattest du ihn ja mehrfach darauf angesprochen was dich stört und es hatte sich nichts geändert? Darauf kann man gut hinweisen. Und dann kennt er die Gründe eigentlich ja auch schon?

Ansonsten sind Themen die Verständnis hervorrufen oft Gesundheit, Zeit oder Geld. (Ich vertrage dein Essen nicht mehr, ich möchte mehr Zeit in XY investieren und kann daher nicht immer die Wochenenden bei dir verbringen, die Fahrt zu dir kostet immer so viel Geld etc.).

Aber auch "Ich möchte das einfach nicht mehr" ist als Begründung vollkommen ausreichend, falls dein Vater das diskutieren will.
Man kann seine Entscheidungen begründen, wenn man Verletzung reduzieren oder die Akzeptanz erhöhen möchte. Und wenn man noch an einen Kompromiss glaubt, helfen Begründungen da auch. Aber wenn es für dich sowieso keinen Kompromiss mehr gibt, weil du das schlicht gar nicht mehr willst, und von ihm keine Akzeptanz kommt, brauchst du dich auch nicht zu rechtfertigen.
 
Carignan
Benutzer177399  (42) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #4
Vielleicht hilft es ihm zu sagen, dass du nicht jeden Sonntag bei ihm essen möchtest. Vielleicht ist es ein Kompromiss sich auf bestimmte Tage zu einigen.
Nein. Ich möchte nicht mehr bei ihm essen. Auch nicht nur ab und zu.
Wie ist das Verhältnis zu deinem Vater, wenn ich so fragen darf?
Es geht so. Er ist kein böser Mensch aber der Umgang mit ihm ist oft schwierig. Ein Grund von mehreren warum ich nicht mehr bei ihm essen will : Er übertreibt immer masslos mit den Gewürzen, ein halbes Glas Kurkuma in die Pfanne ist für ihn normal, beim Knoblauch kennt er auch keine Grenzen, und ich hab ihn schon seit Jahren immer wieder darauf angesprochen, erklärt dass es zuviel ist, dass so viel Kurkuma, Muskat oder was er sonst so nimmt in den Mengen Gesundheitsschädlich und einfach nicht mehr lecker ist, oder diesen Sommer als ich einen Tag in Freiburg verbrachte und er sich selbst einlud mitzukommen benahm er sich wie ein quengelndes Kind und hat demonstrativ den ganzen Tag eine "Mich scheisst es hier an" Stimmung verbreitet und mir so den Ausflug verdorben, als wir einmal anstatt direkt in unser Chalet zu fahren einen Umweg nach Locarno machten (das war sein Vorschlag weil er wusste dass ich gern wieder mal ins Tessin wollte was ja eigentlich lieb ist) hat er die ganze Zeit gedrängt wieder loszufahren, ich konnte deshalb den Aufenthalt gar nicht geniessen, aber später hat er sich bei meinem Bruder beschwert und behauptet ICH wäre derjenige der ständig gedrängt hätte wieder zu gehen. Als ich ihn einmal nach London mitnahm (auch da war es seine Idee mitzukommen, ich hab ihn nicht gezwungen) fragte ich ihn jeden Tag ob er noch was machen möchte, ob es was gibt was ihn interessiert, und er sagte immer:" Nein, alles gut! "Danach schimpfte er bei meinem Bruder darüber das wir dies und das nicht getan hätten. Ich hätte noch viele ähnliche Erlebnisse dieser Art zu berichten, aber ich denke das reicht um einen ungefähren Eindruck zu vermitteln. Auf der anderen Seite hat er aber auch eine sehr grosszügige Seite, wenn ich ihm zb einen Brief übersetzte oder sonst was helfe, zb einen neuen Fernseher programmieren, drückt er mir manchmal einen 50er oder 100er in die Hand.
 
Hot_Chocolate
Benutzer217952  (40) Ist noch neu hier
  • #5
Das ist in der Tat schwierig.

Zu meinen Eltern habe ich keinen Kontakt mehr, weil viel zu viel kaputt gegangen ist. Das Einzige, was für beide spricht, dass sie tolle Großeltern sind, weil beide sich stets um die Kids gekümmert haben, wenn etwas war.

Wahrscheinlich musst du ihm wohl oder übel klarmachen, dass es dir zu viel ist und dass du den Sonntag für dich haben willst. Vielleicht akzeptiert er die Feiertage, aber er wird bestimmt sehr beleidigt reagieren. Entweder kriegt er sich wieder ein oder nicht. Darüber hast du leider keine Kontrolle.

Wenn du Sonntags nur kommst, um ihn nicht zu verletzen, dann tut es dir auf Dauer gar nicht gut. Besser jetzt als zu warten bis zu explodiert.

So wie ich das verstanden habe, ist er sowieso nicht für Argumente empfänglich und braucht stets einen Grund zu meckern. Von da denke ich, dass er sowieso ärgerlich reagieren wird.
 
housedrache
Benutzer192233  (50) Öfter im Forum
  • #6
Das mit dem Essen kommt mir bekannt vor: meine Mutter (84) überwürzt beim Kochen auch maßlos alles. Ich glaube, dass im Alter der Geschmackssinn bei manchen Menschen etwas nachlässt (früher war sie eine fantastische Köchin). Ist auch bei uns ein ganz heißes Eisen, da sie bei jeglicher Kritik an irgendwas direkt tödlich und dauerhaft beleidigt ist. Und es kommt bei uns noch dazu, dass sie es mit der Hygiene beim Kochen auch nicht so genau nimmt, die Sachen sind entweder innen noch roh oder schon total verkohlt. Ich habe das einfach mal angesprochen, freundlich aber bestimmt, sie war einige Monate eingeschnappt, aber mittlerweile hat sie es geschluckt. Wie geht es denn deinem Bruder mit dem Essen deines Vaters? Bei uns sieht meine Schwester das auch so & hat das ebenfalls kommuniziert. Vielleicht kannst du da deinen Bruder ins Boot holen? Bestünde die Möglichkeit, dass DU deinen Vater zu dir zum Essen einlädts? Muss ja nicht jeden Sonntag sein, vielleicht könnt ihr euch auf alle 2 bis 4 Wochen einigen.
 
Carignan
Benutzer177399  (42) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #7
Wie geht es denn deinem Bruder mit dem Essen deines Vaters?
Der besucht unseren Vater seit gut drei Jahren nicht mehr. Wenn sie sich sehen, dann geht mein Vater zu ihm. Mein Bruder sagte mir mal dass er unseren Vater ab und zu mal besuchen würde wenn der begreifen würde dass jemanden besuchen nicht zwangsmässig heisst dass man dort auch essen muss.
Bestünde die Möglichkeit, dass DU deinen Vater zu dir zum Essen einlädts?
Geht nicht, zum einen bekommt er in meiner Wohnung schnell eine verstopfte Nase und juckende Augen, womöglich wegen den Ratten. Schon früher als wir noch alle zusammen wohnten konnte er die Ratten nicht auf den Arm nehmen, er bekam überall auf der Haut Ausschlag, das sah aus wie von Brennesseln verursacht. Und zum anderen stört es ihn wenn das Essen nicht bei ihm stattfindet. Letzte Weihnachten waren wir zum zweiten Mal beim Bruder anstatt beim Vater und da hat sich bei mir massiv beschwert dass wir Weihnacht mehr bei ihm feiern und das Essen sei nichts besonderes gewesen, es sei nicht festlich genug. Gerade der hats nötig sich wegen dem Essen zu beschweren! .
 
housedrache
Benutzer192233  (50) Öfter im Forum
  • #8
Das klingt recht schwierig, die werden dann ja auch so ein bisschen altersstrarrsinnig….aber wenn dein Bruder schon vorgelegt hast, könntest du das ja auch machen. Oder du schlägst ihm vor, jeden 2. Sonntag mal rumzukommen und z. B. Kuchen oder so mitzubringen, evtl schließt sich dein Bruder ja an, oder ihr trefft euch ein oder zweimal bei deinem Bruder zum Kaffee…..Du bist erwachsen und hast ein Recht darauf, die Sonntage so zu verbringen, wie du es gerne möchtest. Das muss er akzeptieren.
 
Anna1309
Benutzer166007  (40) Meistens hier zu finden
  • #9
Jemanden in seinen Bedürfnissen zurückzuweisen und ihn gleichauf nicht verletzen zu wollen, wäre so, als ob du jemanden waschen möchtest, ohne ihn nass zu machen.

Ob dein Vater darauf gekränkt reagiert, liegt ja gar nicht in deiner Hand sondern in seiner. Nämlich je nachdem, wie er deine Handlung für sich bewertet und darauf hast du keinen Einfluss. Selbst wenn du eine Erklärung nachschiebst, ändert das ggf. nichts daran, wie er das für sich sieht.

Und darin läge auch eine gesunde Abgrenzung. Zu erkennen für was man selbst verantwortlich ist und für was der andere. Deinen Schilderungen klingen allerdings eher so, als ob du dir Tendenz besitzt, zu viel Verantwortung für deinen Vater zu übernehmen. War das schon immer so, oder kam das erst mit dem Alter?

Ich meine, du kannst deinen Vater auch weiterhin besuchen fahren, ohne dir seins gänzlich aufdrücken lassen. Da er es gewohnt ist, deine Grenzen zu überschreiten, wird er das natürlich auch erstmal weiterhin tun wollen. Allerdings wird auch er irgendwann verstehen, dass du von deinem Nein nicht abrücken wirst und es dann anfangen zu akzeptieren.

Manchmal kann es aber auch gut sein, sich erstmal gänzlich aus der Situation herauszunehmen, bis man "abgeklärt" genug ist, sich dieser wieder stellen zu können, ohne in alte Muster zu fallen.
 
Fußliebhaber84
Benutzer195524  (40) Verbringt hier viel Zeit
  • #10
Du hast deine Prioritäten im Leben anders ausgerichtet und willst andere Wege gehen wie jeden Sonntag mit deinem Vater zu essen. Genauso kannst du ihm das auch sagen.
Er muss es akzeptieren das du in deiner persönlichen Entwicklung nicht die Nummer eins ist!
Es wird schwer für ihn das hinzunehmen, aber das zu verarbeiten ist auch ein Ausdruck von Reife seinerseits! Er muss lernen dich ziehen zu lassen und sein Leben autark zu leben.
Wie hat dein Bruder sich von ihm gelöst?
 
Carignan
Benutzer177399  (42) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #11
Deinen Schilderungen klingen allerdings eher so, als ob du dir Tendenz besitzt, zu viel Verantwortung für deinen Vater zu übernehmen. War das schon immer so, oder kam das erst mit dem Alter?
Falls Du damit das Geld abheben am Automaten und das Übersetzten von Briefen meinst : Das war schon immer so, bloss früher hat das meine Mutter gemacht. Nachdem sie gestorben ist haben wir (meine Schwester, mein Bruder und ich) uns abwechselnd um solche Dinge gekümmert, meine Schwester hat aber den Kontakt zur ganzen Familie abgebrochen und mein Bruder hat dann nicht nur mit den Besuchen beim Vater aufgehört sondern auch damit sich um solche Dinge zu kümmern, aber er wohnt aber auch etwas weiter weg, während ich nur etwa 1,5 km weit weg wohne. Ich könnte natürlich sagen dass mein Vater selbst Schuld ist dass er die Post nicht lesen kann weil er in den knapp mehr als 50 Jahren die er hier wohnt kein Deutsch gelernt hat, aber ich will ihn nicht einfach im Stich lassen, ich hab ihn trotz seiner teils mühsamen Macken lieb. Von daher würde ich nicht sagen dass ich zuviel Verantwortung für ihn übernehme.
 
Anna1309
Benutzer166007  (40) Meistens hier zu finden
  • #12
Von daher würde ich nicht sagen dass ich zuviel Verantwortung für ihn übernehme.
Für ein Vater Sohn Verhältnis schon. Denn eigentlich sollte dein Vater derjenige sein, der dich unterstützt und nicht umgekehrt. Parentifizierung wäre der Fachbegriff dafür.

Ich kann mir gut vorstellen, dass dein Vater auch nicht glücklich damit ist, von dir so abhängig zu sein. Würde auch erklären, warum er dir dann Geld zusteckt, oder im Nachgang so rumwettert. Der Versuch so eine Art Ausgleich zu schaffen.

Vielleicht überdenkst du deine eigene Rolle dabei und inwiefern du deinem Vater damit - auf lange Sicht - wirklich etwas Gutes tust.
 
Carignan
Benutzer177399  (42) Öfter im Forum
  • Themenstarter
  • #13
Vielleicht überdenkst du deine eigene Rolle dabei und inwiefern du deinem Vater damit - auf lange Sicht - wirklich etwas Gutes tust.
Das versteh ich nicht so richtig, wie genau meinst Du das? Angenommen ich würde ihm jetzt sagen :"Sieh zu dass du in Zukunft selber klarkommst, ich helfe Dir nämlich ab sofort nicht mehr!" dann wäre er ziemlich aufgeschmissen. Von daher sehe ich es schon so dass ich ihm damit eine Hilfe bin.
 
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