
Benutzer172046
Planet-Liebe Berühmtheit
- #1
Hallo an alle,
Da bin ich eine Woche weg und erstelle direkt mal einen neuen Thread... Ich wollte das nicht in meinen Dauergejammer-Thread packen, weil mir das hier wirklich wichtig ist und ich eure Meinungen brauche, auch wenn das etwas lang werden könnte...
Jetzt zum Problem:
Meine Eltern haben im Januar verkündet, dass sie sich trennen. Bzw. meine Mutter hat das, mein Vater wollte nicht und war und ist sehr unglücklich über diese Entscheidung. Das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, soll verkauft werden. Diesen Sommer (was durch Corona wohl verschoben wird). Am selben Tag hat mein inzwischen Ex-bester Freund mir kommentarlos die Freundschaft gekündigt (evtl. leicht selbstverschuldet, aber das ist ein anderes Thema).
Mir ist also der Boden unter den Füßen weggerissen worden.
Meine Eltern haben sich bei mir gegenseitig ausgeheult, ich stand zwischen den Stühlen, und obwohl ich andauernd gesagt habe, dass das nicht mein Bier sei und sie mich mit allem, das mich nicht direkt betrifft, in Ruhe lassen sollen, kamen sie doch immer an, "ich dachte du solltest das wissen".
Ich habe einen Schlussstrich gezogen und bin ausgezogen.
Aber es hört nicht auf.
Ich achte immernoch auf die Sockenfarbe, wenn ich rausgehe, Pickel sind für mich etwas, das mich sofort hässlich macht, wenn ich im Haushalt nicht weiterweiß frage ich nicht Google, ich frage meine Mutter. Wenn ich in den Spiegel sehe, sehe ich mehr die Kommentare meiner Mutter als alles andere.
Wenn ich überlege, was ich tun möchte, fällt mir als erstes ein, was sie wohl dazu sagen würde (entweder gar nichts, oder nichts Gutes, solange es nicht meine Karriere voranbringt).
Meine Mutter verfolgt mich, bestimmt was ich denke, was ich tue, wie ich mich sehe, und an manchen Tagen kann mir das egal sein, an manchen ist es das nicht, und wenn ich bei meinen Eltern bin, fehlt mir komplett der Abstand.
Und immer, wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch bin (meist, um etwas für meine Wohnung zu holen), geht der Spaß lückenlos weiter.
Mein Vater schickt mich zu meiner Mutter, um abends zu fragen, ob sie eine Episode mit uns schaut ("wenn ich frage sagt sie eh nich ja"), sagt mir vorm Schlafengehen, ich solle auf meine Mutter aufpassen.
Meine Mutter sagt mir, ich solle auf meinen Bruder aufpassen.
Ich bin die Einzige im Haus, die ausmistet und das Haus leerräumt. Ich verdiene mir damit was dazu, bin also kein Haussklave, aber solange ich nicht da bin und ausmiste, rühren meine Eltern keinen Finger. Dabei ist es doch ihre Trennung, sie wollen das Haus verkaufen, an dem alle meine Erinnerungen an mein bisheriges Leben hängen. Ich hatte Pläne für dieses Haus. Ich wollte hier etwas draus machen. Und ich werfe das alles weg, wegen einer Entscheidung, die sie getroffen haben, und dabei rühren sie keinen Finger.
Jedes Mal, wenn ich hier bin, ist alles unverändert, nur mein Zimmer wird leerer und leerer. Und unordentlicher, weil der Kleinkram, der übrig bleibt, keinen Platz findet. Mein Zimmer spuckt mir den Tag ins Gesicht, an dem ich alles mir Bekannte verloren habe.
Wie sehr meine Eltern mir geschadet haben und noch immer schaden, ist mir erst durch diese Scheidung bewusst geworden, und ich habe meine Eltern als Bezugspersonen dadurch eigentlich verloren.
Dadurch, dass mein Ex-bester Freund an demselben Tag hoppsgegangen ist, habe ich mir meine Eltern erstmal als eigene Bezugspersonen bewahrt, habe meine Mutter um eine Umarmung gebeten und viel mit meinem Bruder gekuschelt. Inzwischen hasse ich es, von meiner Mutter angefasst zu werden.
Ich hasse es, Dinge für meine Eltern zu tun, damit wir weiterhin ein gutes Verhältnis haben, damit ich weiterhin in einer Position bleibe, sie zu überzeugen, voranzukommen. Damit sie meine Entscheidungen diskussionslos akzeptieren.
Ich kann meinen Eltern all das nicht vergeben.
Ich kann mich nicht mögen, wenn meine Eltern in der Nähe sind, ich hasse mein Leben, wenn ich bei meinen Eltern bin, und das will ich nicht mehr.
Und vor allem will ich nicht mehr verantwortlich für meine Eltern sein.
Im Zuge der Scheidungsgespräche mit meiner Mutter hat sie mir erzählt, sie hätte meinem Vater nicht begreiflich machen können, dass sie das mit der Trennung ernst meint und keine Hoffnung mehr besteht. Daraufhin sagte sie ihm, sie würde sich selbst eher umbringen, als nicht von ihm loszukommmen.
Etwas, das man als Tochter gerne hört...
Ihr Kommentar dazu war nur "Aber das würde ich euch nie antun".
So habe ich auch mal gedacht. Das würde ich meinem Bruder und meinen Eltern nie antun.
Und wenn das der einzige Kommentar dazu ist, den eine Person von sich gibt, dann ist da echt was richtig schief. Mein Vater trägt seit der Trennungssache die Hosen meines Bruders, weil er so extrem abgenommen hat. Er hasst seine Arbeit inzwischen und will eigentlich endlich in Rente gehen. Er sagte mir, er habe nichts außer uns, er verliere alles. Ich mache mir echt Sorgen um meine Eltern.
Ohne mich läuft hier nichts.
Meine Eltern haben keinen Plan, wie sie die Trennung angehen, mein Vater nimmt Dinge, die mein Bruder und ich durch die Trennung zurückstecken müssen, als Kollateralschäden hin, dabei haben wir es ja nicht verbockt, meine Mutter versucht, möglichst meinem Bruder alles recht zu machen. Und meinem Vater auch.
Wir essen noch zusammen, meine Mutter kocht immernoch für ihn, kauft für ihn ein, wäscht seine Wäsche, bringt seine Uhr zum Uhrmacher. Niemand mistet aus, wenn ich nicht ausmiste. Mein Vater möchte dieses Jahr nochmal gemeinsam in den Urlaub.
Ich will einfach abschließen, nicht mehr in einem halb ausgeräumten Zimmer wohnen, wenn ich bei meinen Eltern bin, wo alles mich anschreit, was bei mir gerade schiefläuft (eigentlich alles). Und meine Eltern ziehen ihre Trennung nicht durch.
Ich will abschließen. Aber das geht so nicht.
Meine Eltern zahlen meine Uni und derzeit auch alle anderen Rechnungen, weil ich weder Zeit noch Energie für einen Nebenjob habe und das mit Corona auch schwieriger ist.
Ich brauche meine Eltern noch und das wird wohl auch erstmal so bleiben. Das Studium braucht noch eine Weile, und kein Job den ich bekäme könnte meine Kosten decken. BaFöG und andere Förderungen stehen mir nicht zu. Das habe ich in meinem anderen Thread schon durch.
Auf menschlicher Ebene schaden sie mir allerdings mehr, als sie mir nutzen, und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Mit meinen Eltern haben wir nie geredet. Mein Versuch, zu reden, als ich beiden nämlich klarmachen wollte, warum ich ausziehen muss, und warum sie mich nicht als Kummerkasten missbrauchen können, ist total gescheitert. Es ist so schwer, mit meinen Eltern zu reden, und so richtig weiß ich auch nicht, worüber.
Ich erwarte nichts mehr von meinen Eltern. Ich bin verletzt und sauer und enttäuscht und fühle mich endlos im Stich gelassen von ihnen. Ich versuche, alles zu verstehen, vor allem aber zu verstehen, wie ich mit dieser neuen Sicht auf sie umgehen soll. Ob ich ihnen nicht doch irgendwie Unrecht tue damit.
Ich weiß nicht, ob ich wollen würde, dass sie herzlicher zu mir sind. Ich weiß nicht, ob ich etwas erwarten darf, sollte, könnte, will. Ich will nur, dass sie ihren Scheiß geregelt kriegen, damit ich mein Leben geregelt bekommen kann.
Ich will nicht immer an meine Mutter denken, jede meiner Entscheidungen mit ihren Augen sehen, ihre Sicht auf mich im Spiegel sehen, ihre Wünsche vor meinen sehen, ich will die Tochter sein und nicht die Verantwortliche, und das werden meine Eltern mir alles nicht geben können. Dazu sind sie zu krank, zu festgefahren. Ich vielleicht auch, wenn ich sie nicht mehr anders sehen kann als so.
Und meine Mutter erzählt mir ständig, sie wolle zur Caritas zur Beratung gehen, und tut es doch nicht, weil sie sich nicht aufraffen kann, sie ist ja schon stolz auf sich, weil sie eine Infobroschüre zum Thema Trennung heruntergeladen hat. Und ich glaube nicht daran, dass sich etwas ändern wird, will nicht auf den Putz hauen und Tacheles reden weil ich ein Feigling bin und Angst um meine Eltern habe und meinen Bruder, der das am meisten abbekäme.
Wie geht man mit dem Wissen um, dass die Eltern einem keine guten Eltern waren und sind? Wie geht man mit den Eltern dazu um? Ich will es nicht hassen, wenn meine Mutter mich berührt (was selten vorkommt, aber es kommt vor, und ich hasse es so sehr, dabei fand ich das vor wenigen Monaten noch so schön). Vor ein paar Monaten habe ich nur meine Eltern gesehen, die streiten, jetzt sehe ich den ganzen Mist im Hintergrund. Vor ein paar Monaten war das nur eine einfache Bitte, bei der ich Geld verdienen konnte, jetzt mache ich die Arbeit für meine Eltern, die gar nicht meine Arbeit sein sollte.
Dieses Wissen hilft mir nicht, es wertet mich irgendwie noch mehr ab.
Meine Eltern werden nichts tun, also muss ich etwas tun, nur.... was? Reden? Meine Einstellung ändern? Noch weniger als eh schon meine Eltern besuchen?
Ich bin so ratlos, was meine Eltern angeht... wie bekomme ich wieder Durchblick?
Ich möchte meine Eltern als Teil in meinem Leben haben, der mir guttut... und im Moment sehe ich keinen Weg dahin.
Da bin ich eine Woche weg und erstelle direkt mal einen neuen Thread... Ich wollte das nicht in meinen Dauergejammer-Thread packen, weil mir das hier wirklich wichtig ist und ich eure Meinungen brauche, auch wenn das etwas lang werden könnte...
Ich hatte immer ein schwieriges Verhältnis zu meinen Eltern.
Solange ich denken kann, haben sie sich nie geliebt. Ich habe einen jüngeren Bruder, also müssen sie mal was miteinander gehabt haben, erlebt habe ich das nie.
Mein Vater war immer nur der Versorger, war den ganzen Tag arbeiten, samt Pendelei. Er wirkt rational, mir ist allerdings von vielen gesagt worden, dass er in seinem Handeln kein Stück rational sei - was ich manchmal nachvollziehen kann. Zudem ist er konservativ, teilweise sexistisch (was toll ist,so als Mädchen), und hat immer viel Wert auf ein klassisches Familienbild gelegt (mehr auf das Bild, als auf dessen Umsetzung).
Trotzdem ist er der Ruhige, man kann mit ihm nicht diskutieren, weil er alles abschmettert ("das ist nicht so" "darüber will ich jetzt nicht reden" "so einfach ist das nicht" etc.).
Ich habe tolle wissenschaftliche Gespräche mit ihm geführt, aber sobald es um Meinungen oder Empfindungen geht, ist er immer anderer Meinung und lässt sich nicht auf jemanden ein.
Abgesehen davon bin ich seine Prinzessin, und wenn niemand sonst mit ihm reden kann, hört er doch immer auf mich. Da bleibt die Verantwortung dann immer schön an mir hängen.
Meine Mutter ist da ein Stück komplizierter. Es gab Zeiten, da hatte ich richtig Angst vor ihr, habe den Raum gewechselt, wenn ich ihre Schritte gehört habe. Sie hat mir einige üble Sachen an den Kopf geworfen und wir hatten uns eigentlich bei jeder Gelegenheit in den Haaren.
Ich hatte keine Freunde, meine Klasse hat mich fertig gemacht, mir ging es wirklich schlecht, und anstatt mir beizustehen und zu helfen, hat sie einen draufgelegt.
Ich wurde fast jeden Morgen vor der Schule gefragt, ob ich sicher sei, dass ich "wirklich so raus will" , wenn ich schwarze Socken zu blauer Jeans oder umgekehrt anhatte, musste ich vorm Losfahren die Socken wechseln, weil das absolut nicht geht, meine Pickel waren schlimm und ich musste dringend etwas dagegen tun, wenigstens Abdeckstift benutzen, ich wurde mit Sätzen wie "so ein Saustall hier, du musst mal wieder aufräumen, sonst ist dein Laptop weg" und anderen schönen Sachen, teilweise deutlich persönlicher, morgens geweckt. Ich war eine Enttäuschung, ein kleines Biest, manipulativ, wusste nicht, was ich tue. Hatte meine guten Noten nicht verdient, selbst ein Kindergartenkind sei zuverlässiger, IQ kleiner Knäckebrot, warum nur eine 1-??!, warum haben die aus der Klasse die nie aufpassen und dich immer fertigmachen bessere Noten als du?... Du bist nicht intelligenter als der Durchschnitt, nichtmal im oberen Durchschnitt, sei froh, sehr intelligente Menschen haben es schwer im Leben.
Meine Mutter war meine Welt. Und in meiner Welt war ich eine Niete. Ich konnte nur alles falsch machen, immer, während mein Vater mich allen immer stolz vorstellte, weil ich so fleißig war und so gute Noten hatte - als sei das alles, das zählte.
Dazu kommt, dass sie schon immer die stärker werdende Tendenz hat, einfach nicht zu antworten. Entweder, weil sie es nicht hört, oder, weil sie in Gedanken ist (was sie oft ist), oder, weil sie nicht zuhört, oder nicht antworten will, oder keine Antwort weiß, oder... keine Ahnung, wenn ich sie frage, warum sie oft nicht antwortet... antwortet sie nicht.
Dann kam ich in die Oberstufe, mein Bruder auf die weiterführende Schule. Und plötzlich wurde mein Bruder wichtiger als alles andere, Arzttermine in ganz Deutschland, um den Grund für seine merkwürdige Lernschwäche zu finden, ständig Nachhilfetermine, Logopädie, Ergotherapie, wie geht man am besten mit ihm um... (er ist ein kluger, intelligenter, junger Mann, und diese "Lernschwäche" hat die Nachhilfe ganz gut ausgleichen können...es war also viel Wirbel um nichts).
Und meine Mutter hat sich bei mir ausgeheult, und irgendwie wurde ich von der, die immer alles falsch macht, zum Kummerkasten.
Und da... stehe ich jetzt.
Der Kummerkasten zu sein war besser, als die Niete zu sein... ich habe eh schon immer versucht, die Familie zusammenzuhalten. Meine Mutter nannte das "meine Eltern gegeneinander ausspielen", aber ich habe versucht zu schlichten und zumindest wurde der Streit so nicht vor uns fortgeführt. Ich wollte nicht, dass jemals jemand so leidet wie ich, und habe mich daher für andere aufgegeben, so auch für meine Mutter, die jeden Nachmittag Tränen in den Augen hatte.
Das hat funktioniert. Ich habe funktioniert.
Insbesondere meine Mutter wirft mir nichts mehr in den Kopf (sie ist inzwischen deutlich subtiler, weil sie sich dank meiner Volljährigkeit raushalten muss), kann allerdings von einer Sekunde auf die nächste ihre Stimmungen wechseln. Gerade motzt sie meinen Vater ziemlich laut an, dass er schon vor 3h die Spülmaschine hätte ausräumen sollen, dann kommt sie aus der Küche und lächelt meinen Bruder an, was sie ihm bringen könne, nur um mich beim Bücher sortieren zu fragen, ob ich Hilfe bräuchte. Ihre Stimmungsschwankungen sind immer ziemlich merkwürdig gewesen, inzwischen sind sie aber sehr anstrengend und machen mir Angst, weil sie sie noch unberechenbarer machen. (vermutlich auch abhängig davon, wie viele Zigaretten sie so hatte).
Versteht mich nicht falsch, meine Eltern meinen es nur gut, können, wissen es nicht besser. Ich verstehe warum sie sind wie sie sind und sich verhalten haben wie sie sich verhalten haben. Ich bin in einem guten Haus aufgewachsen und wurde von vorne bis hinten verwöhnt, habe alles nachgetragen und nachgekauft und hinterhergetragen bekommen, musste nie einen Finger im Haushalt rühren, jedes neue Hobby wurde und wird nachhaltig unterstützt.
Nur war das nie das, was ich wollte und brauchte, und meine Eltern haben das nie verstanden. Sie sind keine Rabeneltern, einfach nur... nicht gut in dem, was sie tun. Die Erkenntnis nützt mir im Moment leider gar nichts.
Solange ich denken kann, haben sie sich nie geliebt. Ich habe einen jüngeren Bruder, also müssen sie mal was miteinander gehabt haben, erlebt habe ich das nie.
Mein Vater war immer nur der Versorger, war den ganzen Tag arbeiten, samt Pendelei. Er wirkt rational, mir ist allerdings von vielen gesagt worden, dass er in seinem Handeln kein Stück rational sei - was ich manchmal nachvollziehen kann. Zudem ist er konservativ, teilweise sexistisch (was toll ist,so als Mädchen), und hat immer viel Wert auf ein klassisches Familienbild gelegt (mehr auf das Bild, als auf dessen Umsetzung).
Trotzdem ist er der Ruhige, man kann mit ihm nicht diskutieren, weil er alles abschmettert ("das ist nicht so" "darüber will ich jetzt nicht reden" "so einfach ist das nicht" etc.).
Ich habe tolle wissenschaftliche Gespräche mit ihm geführt, aber sobald es um Meinungen oder Empfindungen geht, ist er immer anderer Meinung und lässt sich nicht auf jemanden ein.
Abgesehen davon bin ich seine Prinzessin, und wenn niemand sonst mit ihm reden kann, hört er doch immer auf mich. Da bleibt die Verantwortung dann immer schön an mir hängen.
Meine Mutter ist da ein Stück komplizierter. Es gab Zeiten, da hatte ich richtig Angst vor ihr, habe den Raum gewechselt, wenn ich ihre Schritte gehört habe. Sie hat mir einige üble Sachen an den Kopf geworfen und wir hatten uns eigentlich bei jeder Gelegenheit in den Haaren.
Ich hatte keine Freunde, meine Klasse hat mich fertig gemacht, mir ging es wirklich schlecht, und anstatt mir beizustehen und zu helfen, hat sie einen draufgelegt.
Ich wurde fast jeden Morgen vor der Schule gefragt, ob ich sicher sei, dass ich "wirklich so raus will" , wenn ich schwarze Socken zu blauer Jeans oder umgekehrt anhatte, musste ich vorm Losfahren die Socken wechseln, weil das absolut nicht geht, meine Pickel waren schlimm und ich musste dringend etwas dagegen tun, wenigstens Abdeckstift benutzen, ich wurde mit Sätzen wie "so ein Saustall hier, du musst mal wieder aufräumen, sonst ist dein Laptop weg" und anderen schönen Sachen, teilweise deutlich persönlicher, morgens geweckt. Ich war eine Enttäuschung, ein kleines Biest, manipulativ, wusste nicht, was ich tue. Hatte meine guten Noten nicht verdient, selbst ein Kindergartenkind sei zuverlässiger, IQ kleiner Knäckebrot, warum nur eine 1-??!, warum haben die aus der Klasse die nie aufpassen und dich immer fertigmachen bessere Noten als du?... Du bist nicht intelligenter als der Durchschnitt, nichtmal im oberen Durchschnitt, sei froh, sehr intelligente Menschen haben es schwer im Leben.
Meine Mutter war meine Welt. Und in meiner Welt war ich eine Niete. Ich konnte nur alles falsch machen, immer, während mein Vater mich allen immer stolz vorstellte, weil ich so fleißig war und so gute Noten hatte - als sei das alles, das zählte.
Dazu kommt, dass sie schon immer die stärker werdende Tendenz hat, einfach nicht zu antworten. Entweder, weil sie es nicht hört, oder, weil sie in Gedanken ist (was sie oft ist), oder, weil sie nicht zuhört, oder nicht antworten will, oder keine Antwort weiß, oder... keine Ahnung, wenn ich sie frage, warum sie oft nicht antwortet... antwortet sie nicht.
Dann kam ich in die Oberstufe, mein Bruder auf die weiterführende Schule. Und plötzlich wurde mein Bruder wichtiger als alles andere, Arzttermine in ganz Deutschland, um den Grund für seine merkwürdige Lernschwäche zu finden, ständig Nachhilfetermine, Logopädie, Ergotherapie, wie geht man am besten mit ihm um... (er ist ein kluger, intelligenter, junger Mann, und diese "Lernschwäche" hat die Nachhilfe ganz gut ausgleichen können...es war also viel Wirbel um nichts).
Und meine Mutter hat sich bei mir ausgeheult, und irgendwie wurde ich von der, die immer alles falsch macht, zum Kummerkasten.
Und da... stehe ich jetzt.
Der Kummerkasten zu sein war besser, als die Niete zu sein... ich habe eh schon immer versucht, die Familie zusammenzuhalten. Meine Mutter nannte das "meine Eltern gegeneinander ausspielen", aber ich habe versucht zu schlichten und zumindest wurde der Streit so nicht vor uns fortgeführt. Ich wollte nicht, dass jemals jemand so leidet wie ich, und habe mich daher für andere aufgegeben, so auch für meine Mutter, die jeden Nachmittag Tränen in den Augen hatte.
Das hat funktioniert. Ich habe funktioniert.
Insbesondere meine Mutter wirft mir nichts mehr in den Kopf (sie ist inzwischen deutlich subtiler, weil sie sich dank meiner Volljährigkeit raushalten muss), kann allerdings von einer Sekunde auf die nächste ihre Stimmungen wechseln. Gerade motzt sie meinen Vater ziemlich laut an, dass er schon vor 3h die Spülmaschine hätte ausräumen sollen, dann kommt sie aus der Küche und lächelt meinen Bruder an, was sie ihm bringen könne, nur um mich beim Bücher sortieren zu fragen, ob ich Hilfe bräuchte. Ihre Stimmungsschwankungen sind immer ziemlich merkwürdig gewesen, inzwischen sind sie aber sehr anstrengend und machen mir Angst, weil sie sie noch unberechenbarer machen. (vermutlich auch abhängig davon, wie viele Zigaretten sie so hatte).
Versteht mich nicht falsch, meine Eltern meinen es nur gut, können, wissen es nicht besser. Ich verstehe warum sie sind wie sie sind und sich verhalten haben wie sie sich verhalten haben. Ich bin in einem guten Haus aufgewachsen und wurde von vorne bis hinten verwöhnt, habe alles nachgetragen und nachgekauft und hinterhergetragen bekommen, musste nie einen Finger im Haushalt rühren, jedes neue Hobby wurde und wird nachhaltig unterstützt.
Nur war das nie das, was ich wollte und brauchte, und meine Eltern haben das nie verstanden. Sie sind keine Rabeneltern, einfach nur... nicht gut in dem, was sie tun. Die Erkenntnis nützt mir im Moment leider gar nichts.
Jetzt zum Problem:
Meine Eltern haben im Januar verkündet, dass sie sich trennen. Bzw. meine Mutter hat das, mein Vater wollte nicht und war und ist sehr unglücklich über diese Entscheidung. Das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, soll verkauft werden. Diesen Sommer (was durch Corona wohl verschoben wird). Am selben Tag hat mein inzwischen Ex-bester Freund mir kommentarlos die Freundschaft gekündigt (evtl. leicht selbstverschuldet, aber das ist ein anderes Thema).
Mir ist also der Boden unter den Füßen weggerissen worden.
Meine Eltern haben sich bei mir gegenseitig ausgeheult, ich stand zwischen den Stühlen, und obwohl ich andauernd gesagt habe, dass das nicht mein Bier sei und sie mich mit allem, das mich nicht direkt betrifft, in Ruhe lassen sollen, kamen sie doch immer an, "ich dachte du solltest das wissen".
Ich habe einen Schlussstrich gezogen und bin ausgezogen.
Aber es hört nicht auf.
Ich achte immernoch auf die Sockenfarbe, wenn ich rausgehe, Pickel sind für mich etwas, das mich sofort hässlich macht, wenn ich im Haushalt nicht weiterweiß frage ich nicht Google, ich frage meine Mutter. Wenn ich in den Spiegel sehe, sehe ich mehr die Kommentare meiner Mutter als alles andere.
Wenn ich überlege, was ich tun möchte, fällt mir als erstes ein, was sie wohl dazu sagen würde (entweder gar nichts, oder nichts Gutes, solange es nicht meine Karriere voranbringt).
Meine Mutter verfolgt mich, bestimmt was ich denke, was ich tue, wie ich mich sehe, und an manchen Tagen kann mir das egal sein, an manchen ist es das nicht, und wenn ich bei meinen Eltern bin, fehlt mir komplett der Abstand.
Und immer, wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch bin (meist, um etwas für meine Wohnung zu holen), geht der Spaß lückenlos weiter.
Mein Vater schickt mich zu meiner Mutter, um abends zu fragen, ob sie eine Episode mit uns schaut ("wenn ich frage sagt sie eh nich ja"), sagt mir vorm Schlafengehen, ich solle auf meine Mutter aufpassen.
Meine Mutter sagt mir, ich solle auf meinen Bruder aufpassen.
Ich bin die Einzige im Haus, die ausmistet und das Haus leerräumt. Ich verdiene mir damit was dazu, bin also kein Haussklave, aber solange ich nicht da bin und ausmiste, rühren meine Eltern keinen Finger. Dabei ist es doch ihre Trennung, sie wollen das Haus verkaufen, an dem alle meine Erinnerungen an mein bisheriges Leben hängen. Ich hatte Pläne für dieses Haus. Ich wollte hier etwas draus machen. Und ich werfe das alles weg, wegen einer Entscheidung, die sie getroffen haben, und dabei rühren sie keinen Finger.
Jedes Mal, wenn ich hier bin, ist alles unverändert, nur mein Zimmer wird leerer und leerer. Und unordentlicher, weil der Kleinkram, der übrig bleibt, keinen Platz findet. Mein Zimmer spuckt mir den Tag ins Gesicht, an dem ich alles mir Bekannte verloren habe.
Wie sehr meine Eltern mir geschadet haben und noch immer schaden, ist mir erst durch diese Scheidung bewusst geworden, und ich habe meine Eltern als Bezugspersonen dadurch eigentlich verloren.
Dadurch, dass mein Ex-bester Freund an demselben Tag hoppsgegangen ist, habe ich mir meine Eltern erstmal als eigene Bezugspersonen bewahrt, habe meine Mutter um eine Umarmung gebeten und viel mit meinem Bruder gekuschelt. Inzwischen hasse ich es, von meiner Mutter angefasst zu werden.
Ich hasse es, Dinge für meine Eltern zu tun, damit wir weiterhin ein gutes Verhältnis haben, damit ich weiterhin in einer Position bleibe, sie zu überzeugen, voranzukommen. Damit sie meine Entscheidungen diskussionslos akzeptieren.
Ich kann meinen Eltern all das nicht vergeben.
Ich kann mich nicht mögen, wenn meine Eltern in der Nähe sind, ich hasse mein Leben, wenn ich bei meinen Eltern bin, und das will ich nicht mehr.
Und vor allem will ich nicht mehr verantwortlich für meine Eltern sein.
Im Zuge der Scheidungsgespräche mit meiner Mutter hat sie mir erzählt, sie hätte meinem Vater nicht begreiflich machen können, dass sie das mit der Trennung ernst meint und keine Hoffnung mehr besteht. Daraufhin sagte sie ihm, sie würde sich selbst eher umbringen, als nicht von ihm loszukommmen.
Etwas, das man als Tochter gerne hört...
Ihr Kommentar dazu war nur "Aber das würde ich euch nie antun".
So habe ich auch mal gedacht. Das würde ich meinem Bruder und meinen Eltern nie antun.
Und wenn das der einzige Kommentar dazu ist, den eine Person von sich gibt, dann ist da echt was richtig schief. Mein Vater trägt seit der Trennungssache die Hosen meines Bruders, weil er so extrem abgenommen hat. Er hasst seine Arbeit inzwischen und will eigentlich endlich in Rente gehen. Er sagte mir, er habe nichts außer uns, er verliere alles. Ich mache mir echt Sorgen um meine Eltern.
Ohne mich läuft hier nichts.
Meine Eltern haben keinen Plan, wie sie die Trennung angehen, mein Vater nimmt Dinge, die mein Bruder und ich durch die Trennung zurückstecken müssen, als Kollateralschäden hin, dabei haben wir es ja nicht verbockt, meine Mutter versucht, möglichst meinem Bruder alles recht zu machen. Und meinem Vater auch.
Wir essen noch zusammen, meine Mutter kocht immernoch für ihn, kauft für ihn ein, wäscht seine Wäsche, bringt seine Uhr zum Uhrmacher. Niemand mistet aus, wenn ich nicht ausmiste. Mein Vater möchte dieses Jahr nochmal gemeinsam in den Urlaub.
Ich will einfach abschließen, nicht mehr in einem halb ausgeräumten Zimmer wohnen, wenn ich bei meinen Eltern bin, wo alles mich anschreit, was bei mir gerade schiefläuft (eigentlich alles). Und meine Eltern ziehen ihre Trennung nicht durch.
Ich will abschließen. Aber das geht so nicht.
Meine Eltern zahlen meine Uni und derzeit auch alle anderen Rechnungen, weil ich weder Zeit noch Energie für einen Nebenjob habe und das mit Corona auch schwieriger ist.
Ich brauche meine Eltern noch und das wird wohl auch erstmal so bleiben. Das Studium braucht noch eine Weile, und kein Job den ich bekäme könnte meine Kosten decken. BaFöG und andere Förderungen stehen mir nicht zu. Das habe ich in meinem anderen Thread schon durch.
Auf menschlicher Ebene schaden sie mir allerdings mehr, als sie mir nutzen, und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Mit meinen Eltern haben wir nie geredet. Mein Versuch, zu reden, als ich beiden nämlich klarmachen wollte, warum ich ausziehen muss, und warum sie mich nicht als Kummerkasten missbrauchen können, ist total gescheitert. Es ist so schwer, mit meinen Eltern zu reden, und so richtig weiß ich auch nicht, worüber.
Ich erwarte nichts mehr von meinen Eltern. Ich bin verletzt und sauer und enttäuscht und fühle mich endlos im Stich gelassen von ihnen. Ich versuche, alles zu verstehen, vor allem aber zu verstehen, wie ich mit dieser neuen Sicht auf sie umgehen soll. Ob ich ihnen nicht doch irgendwie Unrecht tue damit.
Ich weiß nicht, ob ich wollen würde, dass sie herzlicher zu mir sind. Ich weiß nicht, ob ich etwas erwarten darf, sollte, könnte, will. Ich will nur, dass sie ihren Scheiß geregelt kriegen, damit ich mein Leben geregelt bekommen kann.
Ich will nicht immer an meine Mutter denken, jede meiner Entscheidungen mit ihren Augen sehen, ihre Sicht auf mich im Spiegel sehen, ihre Wünsche vor meinen sehen, ich will die Tochter sein und nicht die Verantwortliche, und das werden meine Eltern mir alles nicht geben können. Dazu sind sie zu krank, zu festgefahren. Ich vielleicht auch, wenn ich sie nicht mehr anders sehen kann als so.
Und meine Mutter erzählt mir ständig, sie wolle zur Caritas zur Beratung gehen, und tut es doch nicht, weil sie sich nicht aufraffen kann, sie ist ja schon stolz auf sich, weil sie eine Infobroschüre zum Thema Trennung heruntergeladen hat. Und ich glaube nicht daran, dass sich etwas ändern wird, will nicht auf den Putz hauen und Tacheles reden weil ich ein Feigling bin und Angst um meine Eltern habe und meinen Bruder, der das am meisten abbekäme.
Wie geht man mit dem Wissen um, dass die Eltern einem keine guten Eltern waren und sind? Wie geht man mit den Eltern dazu um? Ich will es nicht hassen, wenn meine Mutter mich berührt (was selten vorkommt, aber es kommt vor, und ich hasse es so sehr, dabei fand ich das vor wenigen Monaten noch so schön). Vor ein paar Monaten habe ich nur meine Eltern gesehen, die streiten, jetzt sehe ich den ganzen Mist im Hintergrund. Vor ein paar Monaten war das nur eine einfache Bitte, bei der ich Geld verdienen konnte, jetzt mache ich die Arbeit für meine Eltern, die gar nicht meine Arbeit sein sollte.
Dieses Wissen hilft mir nicht, es wertet mich irgendwie noch mehr ab.
Meine Eltern werden nichts tun, also muss ich etwas tun, nur.... was? Reden? Meine Einstellung ändern? Noch weniger als eh schon meine Eltern besuchen?
Ich bin so ratlos, was meine Eltern angeht... wie bekomme ich wieder Durchblick?
Ich möchte meine Eltern als Teil in meinem Leben haben, der mir guttut... und im Moment sehe ich keinen Weg dahin.