AMA AMA - ich lebe in Schweden

Tahini
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  • #1
Ich dachte mir, vielleicht ist's ja hilfreich, wenn man das eine oder andere direkt erfragen kann, wenn Onkel Google es nicht wissen kann. Nach Schweden verschlaegt's ja doch hie und da den einen oder anderen, sei's im Urlaub, geschaeftlich, oder sonstwie.

Wir sind hier gerade erst angekommen als endlich Vollzeit-Ansaessige, aber ich besitze seit Jahren ein Haus hier, und bin seit ca. 20 Jahren regelmaessig in Schweden, kenne die Mentalitaet gut, und spreche die Sprache.

Falls also irgendjemand was ueber das Leben hier oder sonstwelche Aspekte wissen will, nur zu, ich bin der Informant vor ort.
 
casanis
Benutzer77547  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #2
Erstmal herzlichen Glückwunsch, dass Eure Emigration vom UK nach Schweden geklappt hat. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann war es ja nicht so einfach vom UK aus in Schweden in der Nähe deines Hauses einen adäquaten Job zu finden. Was für einen Job hast Du denn jetzt gefunden?

Meine Fragen: Lebst Du in Nord-, Mittel- oder Südschweden? Auf dem Land oder in der Stadt?

Was waren die entscheidenden Gründe, dass Ihr vom UK nach Schweden gezogen seid? Hat der Brexit eine Rolle gespielt?
 
cocos
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  • #3
Tahini
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  • Themenstarter
  • #4
Wie ist die Mentalität dort? Kannst Du es in max. 5 einschlägigen Schlagwörtern zusammenfassen?

Und - wie riecht es in Schweden?
Ich fange gleich mal mit Deiner Frage an, da sie sich so ueber einem Bierchen auf der Couch recht angenehm beantworten laesst:

1. Schwedische Mentalitaet in fuenf Schlagwoertern:
  • Gemeinschaftsmenschen
  • betulich
  • effizient
  • guetig
  • sanft
Es ist hauptsaechlich diese Mentalitaet, die mich seit ueber 20 Jahren magisch nach Schweden zieht. Ich habe einfach das Gefuehl, hier unter meinesgleichen zu sein. Man kann hier als Mann sanft sein und muss nichts beweisen - Geert Hofstede weist Schweden als das Land mit dem niedrigsten Maskulinitaetsindex in der ganzen Welt aus. Es fuehlt sich an wie eine Welt, wo Omi herrscht. Herrlich.

2. Bei uns hier im Dorf riecht es ueberwaeltigend nach Tannen und nach See; das liegt aber daran, dass unser Dorf von einem der groessten Saegewerke Schwedens lebt, und an einem ziemlich grossen See liegt - der vorherrschende Westwind kommt ueber diesen See, von Norwegen her, und bringt durchweg glasklare Luft, die bei sinkenden Temperaturen auch neblig sein kann.
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Erstmal herzlichen Glückwunsch, dass Eure Emigration vom UK nach Schweden geklappt hat. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann war es ja nicht so einfach vom UK aus in Schweden in der Nähe deines Hauses einen adäquaten Job zu finden. Was für einen Job hast Du denn jetzt gefunden?

Meine Fragen: Lebst Du in Nord-, Mittel- oder Südschweden? Auf dem Land oder in der Stadt?

Was waren die entscheidenden Gründe, dass Ihr vom UK nach Schweden gezogen seid? Hat der Brexit eine Rolle gespielt?
Vielen Dank!
Ich habe einen Job gefunden, den es bisher fast nirgendwo ausser in Schweden gibt: Innovationsberater. Als Industriedesigner und ehemaligem Dozenten in Industriedesign fiel mir dieser Job quasi automatisch zu, unter den 23 Bewerbern, die es hier in unserer entlegenen Ecke Schwedens gab. In diesem Job ist es meine Aufgabe, Forscher an den Universitaeten mit der Industrie zusammenzubringen und zu versuchen, aus den Entdeckungen Produkte zu machen. Ich bin also quasi Designer im Dienste der Regierung.

Wir leben in Mittelschweden, was allerdings sehr viel weiter noerdlich liegt, als man annehmen wuerde - fuer viele Schwedenbesucher endet ja die Welt mit Stockholm, aber wir sind nochmal sechs Autostunden noerdlich davon, in Jaemtland. Wir wohnen in einem Dorf mit 700 Einwohnern. Die naechste groessere Stadt (50.000 Einwohner) ist 50 km weit weg.

Aus England gingen wir weg, weil wir zum einen aufgrund des Brexit keine Gewissheiten hatten, wie unsere Zukunft aussehen wuerde, und auch, weil hinsichtlich Lebensqualitaet und Atmosphaere Schweden einfach erheblich sonniger ist als Grossbritannien. Man lebt ja in England doch immer irgendwie im Schatten und Gewusel des Proletariats, des Verbrechens, und des Verfalls, wenn ich das mal so sagen darf (bitte nicht falsch verstehen, wer mal in England war, weiss, was ich damit meine), wohingegen Schweden einfach durchweg Frische und Gefunkel bietet.
 
Zuletzt bearbeitet:
1909Borussia
Benutzer150494  Meistens hier zu finden
  • #5
2. Bei uns hier im Dorf riecht es ueberwaeltigend nach Tannen und nach See; das liegt aber daran, dass unser Dorf von einem der groessten Saegewerke Schwedens lebt, und an einem ziemlich grossen See liegt - der vorherrschende Westwind kommt ueber diesen See, von Norwegen her, und bringt durchweg glasklare Luft, die bei sinkenden Temperaturen auch neblig sein kann.
Off-Topic:
Das klingt Traumhaft
 
WomanInTheMirror
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  • #7
Ist es im Sommer warm genug, um im See baden zu können? Und wie kalt wird es im Winter? :smile:
 
E
Benutzer72455  Verbringt hier viel Zeit
  • #8
1.) Musstest du beim Unterschreiben von wichtigen Dokumenten schon mal zwei Zeugen haben, die deine Unterschrift beglaubigt haben? Das soll ja in Schweden manchmal erforderlich sein.

2.) Gibt es eigentlich so etwas wie Planet-Liebe auch auf Schwedisch?
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #9
Ist es im Sommer warm genug, um im See baden zu können? Und wie kalt wird es im Winter? :smile:
Ich sitze hier gerade bei offener Verandatuer und einer Sommerbrise bei 24 Grad; morgens faengt die Temperatur so bei 12 bis 16 an, im Sommer, und geht durchaus auch mal bis ueber dreissig Grad rauf. Da aufgrund der langen Sonneneinstrahlung ewig lange Tageslicht herrscht, heizen die oft recht seichten Seen ziemlich gut auf; unserer geht so bis um die 23 Grad rauf. Und da die norwegischen Gebirgsketten die atlantischen Luftmassen stoppen und zum Abregnen zwingen, ist es bei uns hier oben eigentlich meistens sonnig.

Ich schwimme gern hier im See, denn da kann ich sicher sein, selber das Gefaehrlichste zu sein, was darin rumschwimmt. Und der See hat Trinkwasserqualitaet - man kann also durchaus mal einen Schluck davon nehmen (Beweisfoto hier unten mit dabei - hier paddle ich hoechstpersoenlich rum, und leide nicht).

Im Winter liegen die Temperaturen meistens so um die minus fuenf bis minus zehn, aber es gibt oft Temperaturtiefpunkte um die minus dreissig. Da die Luft ziemlich trocken ist, ist der Schnee tendenziell Pulverschnee, und es fuehlt sich nicht so kalt an, wie es ist. Dann natuerlich ist es umgedreht mit dem Tageslicht, und so um Weihnachten rum geht die Sonne erst so um neun auf und ist um zwei schon wieder dabei, unterzugehen. Allerdings sehr, sehr langsam; es ist also nicht ganz so dunkel im Winter, wie man das anhand der Tabellen vermuten wuerde (und der weisse Schnee hilft auch). Das Winterbild ist um die Mittagszeit aufgenommen, ende Dezember - man sieht schon, wie tief die Sonne da steht. Die weisse Flaeche im Hintergrund des Winterbildes ist uebrigens der zugefrorene See; die Eisschicht ist von Dezember bis Maerz so dick, dass Lastwagen darueber fahren und Baumaterial zu den Inseln bringen koennen.

DSCF7793.JPG IMG_0750.JPG
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1.) Musstest du beim Unterschreiben von wichtigen Dokumenten schon mal zwei Zeugen haben, die deine Unterschrift beglaubigt haben? Das soll ja in Schweden manchmal erforderlich sein.

2.) Gibt es eigentlich so etwas wie Planet-Liebe auch auf Schwedisch?

Bisher ist mir das mit den Unterschriften in der Form noch nicht begegnet, ausser damals, als ich das Haus kaufte. Da benoetigte ich als Zeugen fuer die Grundbucheintragung die Unterschrift von jemandem, der bereits in Schweden als ansaessig registriert war. Aber Schweden ist ja auch bekannt fuer seine rasend schnelle Veraenderung - mittlerweile sieht es mir so aus, als waeren die hier gerade dabei, so gut wie alles zusammenzurationalisieren, so dass man zum Schluss womoeglich bloss einen einzigen Code kennen muss, um absolut alles im Leben handhaben zu koennen.

Schwedische Websites: Es gibt da eine recht nette, wo ich hie und da mal was nachschaue, die heisst Familjeliv.se ; Senaste inläggen
 
casanis
Benutzer77547  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #10
Off-Topic:
Off-Topic:
Das klingt Traumhaft
Dem kann ich mich nur anschließen. Tahini ist ein Glückspilz!


[doublepost=1502464409,1502464012][/doublepost]

Oh Mann sieht das schön aus! Das einzige, was mir als inzwischen in Tirol ansässigem Deutschen fehlen würde, ist ein ordentliches Gebirge. Aber evtl. ist das ja gar nicht so weit von Dir entfernt (Richtung norwegische Grenze)?

Wie siehts bei Euch mit Mücken aus? Das könnte bei den Seen doch ein Problem werden. Freunde von mir waren vor zig Jahren mal in Lappland (o.k., deutlich weiter nördlich) wandern (ich sollte eigentlich auch mit, konnte aber dann terminlich nicht). Die waren zwar schwer begeistert, aber wären wegen der Mückenplage fast wahnsinnig geworden.
 
Tischtaenzerin
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  • #11
Off-Topic:
Tahini Tahini brauchst du Untermieter? Das sieht sooooo traumhaft schön aus! Glückwunsch zum Umzug!
 
Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #12
[/OT]
[doublepost=1502464409,1502464012][/doublepost]Oh Mann sieht das schön aus! Das einzige, was mir als inzwischen in Tirol ansässigem Deutschen fehlen würde, ist ein ordentliches Gebirge. Aber evtl. ist das ja gar nicht so weit von Dir entfernt (Richtung norwegische Grenze)?

Wie siehts bei Euch mit Mücken aus? Das könnte bei den Seen doch ein Problem werden. Freunde von mir waren vor zig Jahren mal in Lappland (o.k., deutlich weiter nördlich) wandern (ich sollte eigentlich auch mit, konnte aber dann terminlich nicht). Die waren zwar schwer begeistert, aber wären wegen der Mückenplage fast wahnsinnig geworden.

Das mit den Muecken ist ein echtes Skandinavienproblem - es sei denn, man findet eine relativ hochgelegene Gegend mit niedriger Luftfeuchtigkeit, wie bei uns hier, in Jaemtland. Wir haben also absolut keine. Aber ich kenne das von den anderen Regionen Schwedens auch, ist manchmal echt zum Davonlaufen. Gott sei Dank nur so ein, zwei Monate lang im Jahr.

Die Berge hier sind natuerlich sehr alt und von den Eiszeitgletschern rundgehobelt, wie in Grossbritannien ja auch, aber man findet durchaus auch schneebedeckte Gipfel und Skigaudi hier. Anbei ein paar Bilder aus der Gegend um Åre, so ca. eineinhalb Autostunden westlich von uns. Also, Ski und Jodel schon auch ganz brauchbar.
:smile:

IMG_5014.JPG IMG_5055.JPG IMG_5116.JPG IMG_4994.JPG IMG_0528.JPG IMG_2161.JPG IMG_2207.JPG IMG_1983.JPG
 
casanis
Benutzer77547  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #13
Schweden ist insgesamt super, ohne Frage! Aber gibts auch sozusagen ein paar Haare in der insgeamt leckeren Suppe, also Dinge, die Dich schon etwas stören oder die Du - im Vergleich etwas zum UK - vermisst oder evtl. vermissen wirst?
 
remember_me
Benutzer166678  (30) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #14
Ich fahre morgen nach Südschweden, (Smaland) in den Urlaub.
Gibt es irgendeinen Tipp von dir um den Urlaub spannend und gesellig zu gestalten?
Irgendwelche schwedischen Wörter die man beherrschen sollte?
 
Zuletzt bearbeitet:
ParkAvenue
Benutzer131834  (29) Meistens hier zu finden
  • #15
Kann man bei dir Urlaub machen? :whoot::upsidedown:

Wird es im Sommer überhaupt dunkel und wenn ja, wie lange?

Wie hoch sind dort die Lebenshaltungskosten im Vergleich zu England und - falls du diesen Vergleich ziehen kannst - zu Deutschland?
 
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Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #31
Meine Frage ins AMA:
Was meinst du, warum ist im Laufe der Geschichte aus den streitbaren Wikingern so ein liebes, empathisches Völkchen geworden?

Danke Dir!

Wir sind ja schon einige Jahre hier im Dorf zugange als Sommer- bzw. Wintergaeste, insofern haben wir hier bereits ein komplett aufgebautes Zuhause mit Freundeskreis. Unser Plan ist, uns hier permanent niederzulassen - und der ist nicht neu. Das begann schon 1995, aber es dauerte eben seine Zeit, das richtig umzusetzen. Wir werden hier die ganzen Fehler vermeiden, die (ich zumindest) anderswo gemacht habe, so dass das auch wirklich was wird.

Zu den Wikingern:

Mittlerweile sitzt das Geschichtsbild zumindest hier in Schweden so, dass die, die da brandschatzend und pluendernd durch Europa zogen, keine typischen Altschweden waren, sondern junge, gelangweilte Kerle unter Drogeneinfluss, die der femininen und landwirtschaftlichen Realitaet zu Hause entkommen wollten.

Quasi Ballermannwikinger, haha.

Es gibt ja leider nicht vieles, woran man die graue Vorzeit Schwedens rekonstruieren koennte, aber das Bild, das sich aus dem bisschen ergibt, was man hat, zeichnet ein Schweden vor 1.000 Jahren, das dem heutigen durchaus ein wenig aehnelt; da gab es ebenfalls ein Versorgungssystem fuer Arme, Alte, und Kranke, und die Stellung der Frau in der Gesellschaft war erheblich hoeher als in Europa.

Kultur waehrt einfach doch ganz schoen lang.
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #38
Am Ende fand ich Jiddisch echt schwieriger zu erlernen wie zB. Englisch. Ist das beim Schwedischen auch so? Wie nah ist Schwedisch denn dem Deutschen eigentlich?

Ich finde schwedisch geradezu unheimlich einfach. Als wuerde da eine Art germanische Urseele anspringen und alles, was da an neuem Vokabular kommt, verdaubar machen.

Hier mal ein Abschnitt aus meinem Sommerroman von Henning Mankell, Minnet av en smutsig ängel:

"Bredvid honom står båtsmannen som heter Peltone, en finländare. Han håller ett blylod i handen, fäst vid en lang, tunn lina. Kapten Svartman nickar, Peltonen slänger lodet över bord och låter det sjunka. Linan glidar mellan hans fingrar. De står tysta. Ett svart band är på en viss punkt knutet runt linan." ...

Uebersetzung:

"Neben ihr steht der Bootsmann, der Peltonen heisst, ein Finne. Er haelt ein Bleilot in der Hand, befestigt an einer langen, duennen Leine. Kapitaen Svartman nickt, Peltonen wirft das Lot ueber bord und laesst es sinken. Die Leine gleitet durch seine Finger. Sie stehen schweigend. Ein schwarzes Band ist an einem bestimmten Punkt um die Leine geknotet." ...

Fuer mich sind die Parallelen zum Deutschen und zum Englischen glasklar.
Schwedisch ist fuer mich ein voellig schluessiger Hybrid aus beiden Sprachen.
Aber ich habe natuerlich gute zwanzig Jahre Anlauf damit - waere interessant, zu hoeren, ob dieser Eindruck auch von Euch anderen hier (und Dir, Edelweiss Edelweiss ?) geteilt wird?
 
Zuletzt bearbeitet:
Tahini
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  • Themenstarter
  • #56
Bei den schönen Bildern vermisse ich Schweden sofort! :ashamed:

Kannst du eigentlich "perfektes" Schwedisch? :grin: Und wie lange hat's bei dir gedauert bis du die Sprache drauf hattest?

Off-Topic:
Aus meinem damaligen Kurs hab ich fast nichts behalten :whistle:
Ich habe schwedisch quasi notgedrungen als Student in Kanada ein Jahr lang als Nebenfach belegt, weil ich noch eine Fremdsprache nehmen musste, und der Italienischkurs jedes Mal schon voll war, wenn ich mich dafuer einschreiben wollte.

Geradezu grummelnd begann ich also meinen Schwedischkurs, ohne wirkliches Interesse an Schweden, das fuer mich bis dahin lediglich eine kaeltere, teurere Version von Norddeutschland zu sein schien. Und dann hatten wir da aber so eine sagenhafte Dozentin aus Stockholm, die bei mir nachhaltig die totale Schwedenfaszination ausloeste. Nach drei Monaten kaufte ich mir ein Ticket nach Stockholm, weil ich's einfach sehen wollte; und das beendete dann meine Liebe fuer Nordamerika, weil ich einfach derartig beeindruckt zurueckkam. Ich blieb dann noch zwei Jahre in Kanada und USA, aber hatte ab da nur noch Schweden im Kopf.

Meine Aussprache und Grammatik sind offenbar fehlerfrei, wenn auch eindeutiges "Klugscheissermaterial" - ich spreche messerscharfes Rikssvenska, wie ein "Null-Achter" (Stockholmer) mit chronischem Geltungsdrang. Das laesst hier auf dem Dorf manchmal Leute zusammenzucken, aber wenn sie dann merken, ich bin harmlos, vergeben sie mir und ich kriege wieder Leberwurst oder Fischerduebel.

Allerdings fehlt mir noch das professionelle Vokabular meines neuen Jobs. Das werde ich mir zielstrebig aneignen, sobald es losgeht (1. September ist mein erster Tag).
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Schweden ist ja ein sehr friedliches, ruhiges und beschauliches Land mit freundlichen Menschen. So beschreibt es Tahini und so habe ich es bei meinem einzigen Schwedenaufenthalt auch kennen gelernt.

Ganz ANDERS sind aber doch die schwedischen Krimis. Voll Psycho!! Ich will gar nicht wissen, was alles in der schwedischen Twin Peaks-Variante, die in deinem Dorf, Tahini Tahini , bald gedreht wird, so alles abgehen wird.
Glaubt man schwedischen Krimis, dann gibts gerade auf dem schwedischen Land so viele kranke Mörderfreaks und Psychos wie nirgends sonst.... und der einzige Kommissar in 150km Umkreis ist ein depressiver Alkoholiker.

Bullerbü-Schweden und Krimischweden? Extremer Widerspruch? Lauern vielleicht Abgründe hinter der Bullerbü- und Lönneberga-Fassade, von denen Du auch noch gar nichts ahnst? :zwinker::cry:

Als alter Henning Mankell-Leser weiss ich genau, was Du meinst.
:smile:
Und da ich die Schweden ja jetzt schon lange in ihrer natuerlichen Umgebung beobachten konnte, habe ich mir auch die eine oder andere Theorie zu ihnen zurechtgdedengelt:

Im Grossen und Ganzen bin ich generell ueberzeugt davon, dass die Kultur eines Landes das Resultat einer Ueberkompensierung seiner wahrgenommenen Schwaechen ist. Wenn also Schweden z.B. sehr stabil und friedlich und wohlhabend agiert, dann liegt der Ausloeser dafuer wohl in seiner kriegerischen und aermlichen Vergangenheit. Es kam der Punkt, wo man mit dem Fuss aufstampfte und beschloss, "ab heute wird's anders."

Die Faszination fuer duestere Krimis schreibe ich indes einem tatsaechlich existierenden, schwedischen Charakterzug zu, dem uebrigens meines erachtens auch viele von Astrid Lindgrens Sachen entsprangen:

Die Schweden sind besessen von allem, das aus dem Rahmen faellt, weil sie ja schon so lange (erfolgreich) eine Gesellschaft betreiben, in der eigentlich alle gleich sind. Diese Besessenheit fuers Andersartige ist vermutlich eine Mischung aus schlechtem Gewissen und Zweifel, moeglicherweise Individualitaet zu unterdruecken, und einer ganz ehrlichen Furcht vor allem Boesen und Zerstoererischen, das diese idyllische Gesellschaft bedrohen koennte.

Aus dieser Ecke erhalten auch Schwedens Nazis kanisterweise Treibstoff, und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass rechtes Gedankengut hier gerade zur jetzigen Zeit mit all den Fluechtlingsgeschichten total am Toben ist. Im Alltag bleibt das alles auf Zimmerlautstaerke, aber ich weiss genau, wo ich hier gelandet bin; Schwedens rechte Tendenzen (und linke ebenfalls) sind ja altbekannt, was sich bizarrerweise fuer mich als Deutschen recht positiv auswirkt, da ich in beiden Lagern automatisch Sympathiepunkte lande (da hilft sowohl Deutschlands Geschichte mit Marx, als auch die des dritten Reichs; nicht unbedingt Aspekte, mit denen ich wissentlich fuer mich werben gehen wuerde, aber mit dieser Bemalung reist man einfach an, kann man nichts machen).

Und da sehe ich auch Schwedens Schattenseite: Da sind politische Unterstroemungen am Wirken, die sehr viel Kraft und Tradition haben, und wenn man beide davon gegen sich aufbringt, kann ich mir schon vorstellen, dass man zum Schluss ganz schoen alleine dasteht.

Das werde ich natuerlich tunlichst vermeiden, und das ist auch einfach, denn politische Diskussionen vermeiden die Schweden eher.
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #59
Hast du den Eindruck, dass politisch nicht ganz korrekten Aussagen in dieser so harmonischen Gesellschaft verpönt sind?
Zwei Leute, die einen Teil ihres Studiums in Schweden absolviert haben, berichten jedenfalls davon, dass sie in dieser Hinsicht immer wieder aufpassen müssen - und das, obwohl sie definitiv keine Anhänger irgendeiner extremen politischen Ideologie sind.
Ja, wenn man sich mit Schweden unterhaelt, gewinnt man schnell den Eindruck, dass die generell so vorsichtig sprechen wie ein Podiumssprecher vor einer Meute.

Das ist aber nicht neu, sondern einfach ihr Stil. Sie waegen ihre Worte. Das duerfte vom Leben in engen Gemeinschaften ueber die Jahrhunderte so geformt worden sein, denn in einer Welt, wo es im Umkreis um die Huette mit dem Feuer bei minus vierzig Grad keine Alternativen gibt, versucht man natuerlich, nicht seinen Willkommenheitsstatus zu verspielen. Die haben quasi Astronautenmentalitaet.

Hinsichtlich der aktuellen Brandpunkte gilt das dann natuerlich ebenso. Das geht so weit, dass die Medien z.B. nie etwas darueber aussagen, wessen Hintergrund derjenige war, der XYZ angestellt hat. Dass deutsche Medien so bereitwillig einraeumen, ein Taeter "habe Migrationshintergrund" ist hier nach wie vor undenkbar.
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Vielleicht nehmen Schweden ja einfach mehr Rücksicht auf einander, gehen tendenziell achtsamer, respektvoller miteinander um.:zwinker:

In fast allen Ländern die ich bisher persönlich kennen gelernt habe, hat der Respekt vor der Meinung/Persönlichkeit des Gegenüber einen sehr hohen Stellenwert.

Der pauschal diffamierende Ausdruck "politisch korrekt" zeugt ua. von solch einer Geisteshaltung.
Genau so ist das hier - sehr gut formuliert. Ueber politisch korrekte Ausdrucksweise beschwert sich hier niemand, weil sie ohnehin als die einzig akzeptable angesehen wird.
 
Tahini
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  • #63
Hast du eigentlich noch Tipps, so speziell als Deutscher in Schweden? Ich komme gut klar hier, ich kann die Sprache ordentlich, die Leute scheinen mich zu mögen.

Interessante Frage! Ich habe den Eindruck, speziell die Managementebene und die Entrepreneure hier moegen Deutsche gern, weil sie direkter sind als die Schweden, und generell rascher und deutlicher reagieren.

Als Macher, Durchzieher, und Umsetzer hat man also hier als Deutscher quasi eine Art Reputationsvorschuss. Das ist so lange toll, wie man wirklich so ist - und man sollte aufpassen, sich da nicht was aufhalsen zu lassen, was man am Ende nicht hinkriegt. Ich z.B. bin ja eigentlich hierher gezogen, weil ich ja eher nicht so bin, sondern wie die Schweden.

Und hierher kommt auch der andere Tip:

Ich glaube, als Deutscher muss man hier ein paar Verhaltensmodifikationen vornehmen, damit man auf lange Sicht gemocht wird und sich wohl fuehlt. Und die sind:
  • weniger gestikulieren (Schweden werden nervoes, wenn man viel rumfuchtelt)
  • leiser und langsamer sprechen
  • laenger schweigen in Konversationen (das wird als positiv gewertet)
  • nie von den eigenen Grosstaten erzaehlen (egal, ob man den Nobelpreis gewonnen hat; hier herrscht "Jantelagen")
  • eher schuechtern auftreten (das wird als gutes Benehmen gewertet)
  • nichts Negatives sagen (da kann eine tote Ratte im Tee schwimmen, es ist dennoch alles bestens)
  • stets Kaffee bereitstehen haben - der ist in Schweden das, was in England der Tee ist; lebenswichtiger Schmierstoff
  • "Fika" ist heilig; wenn's Kaffee und Zimtschneckenzeit ist, zweimal am Tag, dann ist dieser heiligen Handlung unbedingt ernsthaft beizuwohnen :zwinker:
Ach ja, nochwas: Es gibt da zwei Zuege, die man speziell an Deutschen, Amerikanern, und Hollaendern beobachten kann, und die sind hier in Schweden absolutes Gift:
  1. Eigeninitiative
  2. Alleingang
Die sind absolut pfui hier, und koennen einen sogar einen schwedischen Job kosten (und das will was heissen - um hier gekuendigt zu werden, muss man schon Immenses anstellen). Dabei sind weder Initiative noch die Faehigkeit, Zeug alleine durchzuziehen, was Schlechtes - nur sollte es eben immer erst dann stattfinden, nachdem es ueber einigen Litern Kaffee und mehreren Ladungen Zimtschnecken auch im Beisein des Hausmeisters und seines Hundes ausgiebig im Kreise aller Beteiligten bequatscht und begruebelt worden ist, und moeglicherweise muss man auf dem Weg noch die Nichte des Direktors zum Floetenkurs bringen und bei einer Tombola mitmachen, aber dann ist es echt okay.

Kurz: Sei ein echter Team Player, und zwar immer, und bei allem. Das mag beschwerlich aussehen; ist es aber nicht mehr, wenn man mal was machen soll, womit man sich nicht auskennt. Dann helfen immer alle gerne mit, und es ist voellig in Ordnung so. Man ist also hier nie alleine.
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Interessant!
Damit bestätigst du ziemlich genau das, was meine Bekannten ebenfalls erzählt haben. Und ehrlich gesagt ist das eine der wenigen Sachen, die ich an Schweden total unschön finde. Wenn über manche Themen und Probleme nicht gesprochen werden darf, kann man ja auch kaum Lösungen dafür finden.

Tja, das schliesst gut an an das, was ich hier ueber diesem Posting schon geschrieben hatte: Probleme zu loesen, ist ein schwedischer Urdrang. Das ganze Land ist eigentlich eher ein Projekt, die ideale Zivilisation zu bauen; und gerade deshalb geht man beim Problemeloesen ziemlich "corporate" vor: Man koennte sagen, es gibt in Schweden nur eine Sorte Problem, ueber die geredet werden darf, und das ist die Sorte, fuer die man offiziell mit einer Loesungsfindung betraut ist.

Man koennte auch sagen, in Schweden scheint zu gelten "jammern auf individueller Ebene gilt nicht; aber offiziell anerkannte Projekte zur Loesung sind prinzipiell voll zu unterstuetzen."
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #72
Haha, die getrockneten Russinnen haben wir auch zu Hause! :whoot:

Und über "fick" machen wir hier auch öfters Witze, vor allem beim Deutschlernen. Neuerdings spricht der Herr mehr Deutsch. :love:

Gestern kurz nach dem Abendbrot:
Er - greift zum wiederholten Male in das Schüsselchen mit dem Streukäse, um zu naschen.
Ich (energisch): "Sluta nu, så gör man inte!" (Hör jetzt auf, das macht man nicht!) - und wische seine Hand beiseite.
Er (mit großen Augen): "Warum nicht?"
Ich: "Därför inte!" (Darum inte!)
Er: "Weil ich annars (sonst)... nicht schlimmer werde?"
Ich: :ratlos::what:
Er: "Jag menar smal..." (Ich meine dünn...)
Ich: "Weil du sonst nicht schlanker wirst?"
Er - nickt freudig. Nicht, dass er dick wäre. Eigentlich wollte ich nur nicht, dass er mit den Fingern im Käse rumwühlt. :ROFLMAO:
Neulich sah ich auch im Supermarkt "Jungfrauen-Oel" (da hat man ganz konsequent natives virgin Olivenoel uebersetzt). Kann man mal sehen, ohne sexuelle Erfahrung lebt man in Schweden gefaehrlich!
:ROFLMAO:
[doublepost=1503592771,1503592389][/doublepost]
Vielleicht sollte ich mal ein AMA "Ich lebe in Österreich" posten... ... Warum machen sich eigentlich andere Länder/Gesellschaften das schwedische Modell nicht wirklich zum Vorbild? Bernie Sanders hat das ja im US-Wahlkampf immer wieder gemacht und die schwedische Gesellschaft der US-amerikanischen gegenüber gestellt und wurde dafür von manchen ziemlich verspottet. Unverständlich und eigentlich ziemlich dumm.

AMA "ich lebe in Oesterreich" - Das waere in der Tat interessant! Uebrigens finde ich Oesterreich Schweden in vielerlei Hinsicht gar nicht so unaehnlich. In Oesterreich herrscht mehr der alpine Touch statt dem marinen Touch Schwedens, und die Geschlechterrollen scheinen sehr viel ausgepraegter gelebt zu werden, aber ansonsten glaube ich, kann man sich als Oesterreichfan in Schweden zuhause fuehlen. Man sollte amerikanische Autos moegen, Fischgerichte, und cremige Saucen, aber ansonsten... die Wiener Kaffeekultur passt z.B. bestens hierher.

Das schwedische Modell und seine Nachahmer:

Die gibt's durchaus. In Kanada und Neuseeland hatte ich z.B. durchgehend den Eindruck, dass dort im ganz grossen Stil aus dem schwedischen Regal zivilisatorische Loesungen eingesetzt werden. Aber vieles wuerde einfach aufgrund der Mentalitaetsunterschiede nicht hinhauen.

Man hat hier z.B. so viele Etablissements, die darauf vertrauen, dass der Kunde schon alles richtig bedienen wird und alles bezahlen wird, was er nimmt, und hinterher auch aufraeumt. Z.B. waren wir vorgestern in einem kleinen Bed & Breakfast, wo man sich als Gast einfach komplett alles selbst nimmt, und danach brav wieder wegraeumt. Madame Tahini meinte nur "tztz, also wenn hier mal Chinesen als Gaeste einfallen, dann sieht's hier aber mal aus..." Und das duerfte der Grund sein, weshalb nicht alles uebernommen wird.

Und dann ist da natuerlich die Sache mit dem Gemeinschaftssinn. Die Schweden gehen einfach davon aus, dass im Grunde alle Menschen gleich sind und auch alle denselben Lebensstil leben sollten, und dass das dadurch moeglich gemacht wird, dass die Arbeits- und Lebenszeit eines jeden eigentlich gleichviel wert ist. Und so kommt es, dass mein Nachbar gegenueber, seit 20 Jahren arbeitslos, ein Haus hat wie ich und zwei Autos und nach Thailand in Urlaub fliegt. Spaetestens an diesem Punkt wird vermutlich den meisten Englaendern oder Amerikanern der Hut hochgehen, denn die sehen das ja ganz anders.

Und am anderen Ende kneift's denen bestimmt ebenso, denn die Einkommensschere ist so mickrig, dass man aus finanziellen Gruenden z.B. hier bestimmt nicht Arzt wird. Und vielleicht ist das auch besser so - man sucht sich hier seinen Beruf danach aus, worin man sich als Rolle wirklich sehen kann; und der Zaster reicht auf jeden Fall fuers Standardhaus und den Standardvolvo und alles, was man so hat und macht, als Schwede (z.B. Zweithaeuser und Boote besitzen - da fuehrt Schweden weltweit).

Man sieht also, das geht bestens; eine Gesellschaft, in der alle einen hohen Lebensstandard leben, ist keine Utopie. Aber es geht nur, weil die Hierarchie flach gehalten wird und alle gleich viel wert sind.
[doublepost=1503595084][/doublepost]
Wie hoch sind dort die Lebenshaltungskosten im Vergleich zu England und - falls du diesen Vergleich ziehen kannst - zu Deutschland?

Oh, ich glaube, ich habe bisher Deine Frage zu den Lebenshaltungskosten noch gar nicht beantwortet! Tschulligung!

Also, das sieht so aus:

Generell sind wir angenehm ueberrascht (bzw., wussten's schon und kamen deshalb recht entspannt hier an und gingen auch ebenso in die Gehaltsverhandlungen)(die's hier eigentlich sowieso nicht gibt, die verwenden Tabellen). Die Lebenshaltungskosten setzen sich anders zusammen als anderswo; auf der einen Seite kosten z.B. Fleisch und Schnaps ein absolutes Vermoegen, und Gemuese oft auch (Madame Tahini und ihre Eltern sprechen seit zwei Wochen schon waehrend ihrer taeglichen Skypegespraehe ueber die 4-Euro-Gurken, die man hier bisweilen angeboten bekommt); aber andererseits kosten Immobilien hier oft laecherlich wenig.

Man kann also diese Gurken kaufen, weil einem das Haus laengst gehoert. Und vielleicht noch ein zweites Haus, und ein Segelboot. Solche Sachen kosten hier sehr wenig.

Auch autofahren ist eigentlich zivil; Benzin scheint mir etwas weniger zu kosten als in Deutschland, wenn man auch sehr viel weitere Strecken fahren muss hier. Und Versicherungen sind sehr niedrig. Autosteuern eigentlich auch - ich fahre ja nun wirklich das dickste Auto, das die Amerikaner bauen koennen, und selbst das kostet nicht mehr als ca. EUR 22 Steuern im Monat (und mein 31 Jahre alter Pontiac ist steuerbefreit, weil ueber 30 Jahre alt).

Abzuege hat man weniger, als wir erwarteten; ich hatte mich auf deutsches Niveau eingestellt (ca. 50%), liege aber bei lediglich 30% Abzuegen, obwohl mein Gehalt fuer hiesige Verhaeltnisse eher am oberen Ende der Skala ist (was nicht viel bedeutet, im internationalen Vergleich; ich glaube, jeder Studienrat in Deutschland lacht das Topmanagement bei Volvo aus).

Man k0nsumiert aber dennoch gerne, und anders; die Qualitaet ist hier so hoch, dass man freudvoll was springen laesst. Denn es ist einfach jedes Mal sein Geld wert. Und dann ist es auch okay, wenn man das erst im naechsten Monat wieder macht, denn das hallt so lange nach.
 
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Spiralnudel
Benutzer83901  (39) Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #77
Die Frauen hier sind zwar extrem sympathisch, aber irgendwie "zuenden"die nicht; zumindest nicht bei mir. Die sind generell sehr unabhaengig, beschaeftigt mit ihrem eigenen Kram, und so gar nicht auf der Suche nach Maennern, scheint's mir.
Absolut mit sich selbst beschäftigt und damit, Listen abzuhaken, wenn sie denn auf Männersuche sind. Das zumindest erzählte mir mein Partner. Hinzu kommt diese typische Zurückhaltung unf Höflichkeit, da kann Flirten oder Dating sehr anstrengend werden. Ist aber auch Typsache, keine Frage. Mein Partner ist sehr temperamentvoll und leidenschaftlich, das ist für Schweden eher unüblich (ist das der Finne in ihm? Möglich...). Wir sind aber in unserem direkten Umfeld die Ausnahme, von einem seiner Schulfreunde abgesehen (der Mann ist mit einer Südamerikanerin verheiratet). Alle anderen in seiner Familie oder hier in unserem Umkreis sind mit Schweden liiert. Deshalb waren auch alle gleich so extrem neugierig auf mich. Ich bin ja "nur" Deutsche, aber trotzdem eben extrem exotisch, weil einfach nicht schwedisch. :grin:

Zu den Gehältern und zum Lebensstandard noch etwas: Die Schere ist teilweise wirklich extrem gering. Der Unterschied zwischen dem Verdienst meines Partners und seines Chefs ist marginal, weil die Hierachien, wie Tahini ja schreibt, so flach sind. Das ist für mich teilweise extrem schwer zu fassen. Aber die Lebensziele scheinen hier auch anders definiert. Okay, wir leben ja nun in Linköping, wo die Musikszene extrem lebendig ist und Exporte im Hardrock/Metal gut gedeihen. Entsprechend viele Musiker tummeln sich hier und DIE haben natürlich ganz andere Träume. Keiner meiner Musikerfreunde findet es erstrebenswert, so zu leben wie mein Partner und ich - eben dieses typisch "spießige" Leben mit Volvo, Haus und Ferien in der stuga am Meer oder einem der großen Seen hier.

Übrigens noch zum Auto: Wir wollen unseren Volvo bald verkaufen, weil der einfach echt teuer ist und obendrein ein Diesel, was hier gar nicht geht, Diesel kostet hier aktuell rund 1,50 Euro pro Liter (Benzin übrigens auch), und die Steuern für Diesel sind nicht lustig. Und man muss schon etwas weiter fahren zum Teil. Schweden ist rund 100.000 Quadratkilometer größer als Deutschland, ist aber eben längst nicht so dicht besiedelt. Wenn wir hoch in den Norden in die Heimat meines Partners fahren, sind die reinen Tankkosten schon echter Horror. :grin::ninja:
 
Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
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  • #257
Tahini Tahini

Ein Handy heißt auf schwedisch 'Ficktelefon'?
Ohne Scheiß, jetzt?
:censored:
Irre. Ist mir bisher zwar noch nicht begegnet, aber ja, durchaus richtig. Wir sagen eher "Mobiltelefon," genau wie im Deutschen. Aber wer hier "Ficktelefon" sagt, wird verstanden. "Fick" bedeutet einfach, dass es zum Mitnehmen ist, was fuer die Tasche.

Es gibt in diesem Sinne z.B. auch:

Ficktidtabell (ein Fahrplan zum Mitnehmen)
Fickkniv (Taschenmesser)
Ficktjuv (Taschendieb)
Fickplunta (Flachmann)
Fickur (Taschenuhr)
[doublepost=1526403747,1526403465][/doublepost]
Zudem, je älter ich werde, desto anziehender finde ich nordische Männer :whistle:
In Filmen ziemlich sexy mit Karohemd, Jeans, helle Haare, drei Tage Bart...:link:

So sehen die hier in der Tat aus - zunehmend in Funktionskleidung. Und die sind vielleicht fit und schlank! Man fuehlt sich recht inadequat im direkten Vergleich. Muss irgendwie abnehmen...
[doublepost=1526410131][/doublepost]Richtig warm heute in der Stadt. Und die Seen spiegelblank. Toller Vorgeschmack auf die kommenden Monate.

IMG_7929.JPG IMG_7931.JPG IMG_7937.JPG
 
Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
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  • #288
Ich wollte schon fragen ob du was von den Bränden mitbekommst. Das ist ja echt heftig :cautious:
Ja, und das ist jetzt auch das erste Mal, wo ich die sonst so vortrefflich vorbereiteten Schweden wirklich mit runtergelassenen Hosen ertappe. Die Waldbrandkrise offenbarte der Oeffentlichkeit, dass man hier, obwohl Schweden zum groessten Teil mit Wald bedeckt ist, einfach nicht genug Loeschkram hat, um Waldbraenden zu begegnen.

Gott sei Dank sind wir in der EU, und es wimmelt hier mittlerweile vor europaeischen Helfern: Helikopter, Loeschfahrzeuge, und Flugzeuge aus Italien, Frankreich, Deutschland, und Polen, sowie Norwegen. Die brauchten natuerlich ein paar Tage, um hier hoch zu kommen, aber sie sind da.

Was mich jedoch beeindruckt, ist der Zusammenhalt der Schweden in der Krise. Da offenbart sich sofort wieder die starke Dorfethik, die das ganze Land definiert: Kaum hoerte man von den Braenden, wurden die Kommunalverwaltungen und Einsatzzentren derart von Freiwilligen ueberschwemmt, dass man bald die Notiz erblickte "bitte bleibt einfach zuhause, so helft Ihr am besten!" Im Nu waren auch Freilicht-Grosskantinen aufgebaut, von der Bevoelkerung, um all die auslaendischen Feuerwehrleute zu bewirten, und die Supermaerkte stellten lastwagenweise Essen und Getraenke zur Verfuegung.

Und auf unserer Dorf-Facebookseite sind so viele Schlafplatzangebote fuer Evakuierte, wie es Haushalte gibt - und zwar sofort richtig gut durchdacht, vonwegen "wir haben auch Platz fuer Ihre Tiere (Haus- und Nutz-), rollstuhlgeeignet," etc. Chapeau.
 
Tahini
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  • #309
Tahini Tahini Fliegst du noch oder fährst du schon? :whoot:

Flygskam, der neueste Trend in Schweden. Gibt's das tatsächlich?
Das ist bei uns im Job tatsächlich ein Thema.

Ich muss ja oft und häufig kreuz und quer durchs Land, um Pruefungen abzunehmen oder Workshops zu halten oder Fortbildungen zu machen, und da kann es sein, dass man uns dann zähneknirschend sagt "... also, eigentlich ist uns das ja sehr unangenehm, aber wir fuerchten, da werden Sie wohl ein Flugzeug nehmen muessen..."

Morgen z.B.

Ich nehme eine Doktorandenpruefung in Stockholm ab, und das dauert von 09:00 bis 15:00 (Lunchpause dazwischen, klar). Es gibt keinen Zug, der mich rechtzeitig dort hin bringen kann, denn der frueheste geht um 05:00 und dauert sechs Stunden; und ich kann nicht am Tag vorher reisen, weil ich einen Workshop hier leite bis abends.

Also fliege ich um 06:05 nach Stockholm und um 17:35 zurueck. Und der Knaller ist, alle sagen mir, "aber sag's nicht zu vielen, denn eigentlich ist das nicht gut, tuschel..."

Das mit dem Sich-Schämen fuer umweltfeindliches Zeug ist hier riesengross.

Das geht auch so weit, dass wir keine Plastikartikel als Geschenke ausgeben, und unsere Firmenessen sind entweder vegan oder vegetarisch; wenn's mal ganz gewagt kommt, lassen wir uns zu einem Essen mit Bio-Fisch oder -huhn hinreissen. Und selbst da machen dann manche wilde Augen.
 
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Benutzer159764  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #320
ja, in Norrbotten
 
Tahini
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  • #321
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Benutzer159764  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #322
PL SE Wintercamp :smile:
so weit nördlich bin ich nicht, sind nur knapp unter 600KM
Ich fahre demnächst die E4 ganz runter, vielleicht kann ich da ja einen kleinen Abstecher zu dir machen, das sind dann glaub nur so um die 200KM.

Wir werden hier die ganzen Fehler vermeiden, die (ich zumindest) anderswo gemacht habe, so dass das auch wirklich was wird.

Die würden mich mal interessieren.
Ich bin in Schweden ja nie so wirklich angekommen. Eigentlich auch keine Leute kennen gelernt, ironischerweise erst jetzt kurz vor der Abreise. Ich war aber auch am pendeln, selten länger als einen Monat am Stück hier. Ich bin ein ruhiger, introvertierter Typ, Machogehabe finde ich furchtbar, wenn man deinen Bericht liest, sollte ich also eigentlich ganz gut reinfinden. Ich komme aber mit der Langsamkeit und Ineffizienz absolut nicht klar. Für jede Kleinigkeit, die mit 2-3 Zeilen email erledigt wäre, wird ein persönliches Treffen angesetzt. Das macht mich echt fertig.
Also so zum Urlaub machen oder sich zur Ruhe setzen echt super, keiner hat Stress, wunderschöne Natur, alle nett. Aber wenn man etwas voranbringen will braucht man echt starke Nerven. Mein Schwedenbild ist da irgendwie nicht so positiv wie deines
 
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Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
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  • #323
1: PL SE Wintercamp :smile:... Ich fahre demnächst die E4 ganz runter, vielleicht kann ich da ja einen kleinen Abstecher zu dir machen, das sind dann glaub nur so um die 200KM.
...
2: Die würden mich mal interessieren.
...
3: "in Schweden nicht angekommen"

Interessante Punkte! Werde ich mal einen nach dem anderen beantworten:
  1. Abstecher nach Östersund: Hervorragend! Wir koennten uns vielleicht zum Mittagessen treffen? Alternativ bin ich auch oft in Sundsvall, was ja genau an der E4 liegt. Auch da koennte das moeglicherweise gut klappen, wenn Du die Mittagspause dort machst. Ich kenne alle Restaurants. :smile:
  2. Fehler, die ich in anderen Laendern gemacht habe: Der Hauptfehler war bei mir immer, dass ich mich zu verbissen wo festsetzen wollte, und dann auch immer davon ausging, dass ich fuer immer bleiben wuerde. Also besorgte ich massenhaft Katzen und Autos, und kaufte Haeuser auf Riesenkredite. Das war natuerlich voellig bescheuert. Eine Lebenssituation zu sichern, indem man sie durch Verpflichtungen zementiert, ist nicht moeglich. Ein anderer, riesiger Fehler, den ich anderswo oft gemacht habe, war, dass ich meinte, "mich einbringen" bedeutet, dass ich das Vorhandene nach meinem Gutduenken veraendere. Also, in der Arbeit. Auch das ist natuerlich haarstraeubender Quark. Gerade als Aussenseiter sollte man genau das bloss nicht tun, wenn einem daran gelegen ist, irgendwo beruflich gluecklich und erfolgreich zu werden. Was ich als Rezept zum Gluecklichwerden im Ausland fuer mich ausgearbeitet habe, ist quasi "Anpassen bis zum Gleichklang, reinhaengen wie verrueckt, Schulden meiden wie die Pest, immer Plan B parat haben."
  3. Wie man in Schweden landet: Was bei mir zusaetzlich zu obigem hilft, und was bei Dir moeglicherweise nicht so sehr existiert (keine Kritik, nur eine Theorie), ist eine fanatische, romantische Liebe zu Schweden. Ich spinne seit 25 Jahren auf allen acht Zylindern wie irrsinnig mit Schweden rum, habe bestaendig meine Sprachfaehigkeit verbessert, hatte zwanzig Jahre lang alle Computereinstellungen auf schwedisch, reiste jedes Jahr ein, zwei mal nach Schweden, und hatte wirklich nie was anderes auf dem Radar, als hier zu leben und alt zu werden. Mit so viel Anlauf und Investition kann das ja nur was werden. Von Schweden zu traeumen, begleitet mich schon so lange, dass es Teil meiner Persoenlichkeit ist. Das kann man natuerlich nicht einfach mal so kurz aktivieren, wie einen Rasenmaeher.
 
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Benutzer159764  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #324
Hervorragend! Wir koennten uns vielleicht zum Mittagessen treffen?
Ja klar, das versuchen wir :smile:

Fehler, die ich in anderen Laendern gemacht habe:
interessant, danke
Ich bin gerne mobil, daher für spontanen Häuserkauf nicht anfällig.
Aber hier ein kleines Häuschen an einem See... ;-)

Wie man in Schweden landet
Wüsste jetzt nicht wie ich das als Kritik aufnehmen sollte. Finde Kritik aber auch nicht schlimm, daraus kann man ja oft etwas lernen.
Du hast mit deiner Theorie auch total recht. Ich bin hier praktisch ohne jegliche Planung reingestolpert. Das war absoluter Zufall durch ein Jobangebot.
Hatte also nie geplant nach Schweden auszuwandern. Wäre für die Option aber grundsätzlich schon offen gewesen
 
Tahini
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  • #325
Ich bin hier praktisch ohne jegliche Planung reingestolpert. Das war absoluter Zufall durch ein Jobangebot. Hatte also nie geplant nach Schweden auszuwandern. Wäre für die Option aber grundsätzlich schon offen gewesen

Genau so kam ich auch anno dazumal nach Neuseeland. Headhunter, Jobangebot, und ein Achselzucken. Das ging bei mir auch nicht gut. Neuseeland, bei aller Schoenheit, ging mir komplett am Hut vorbei, und keiner konnte es begreifen - ich auch nicht.

Zuguterletzt endete es mit Heulen und Zaehneklappern.

Heute begreife ich, dass man nichts Liebgewonnenes zuruecklassen sollte, wenn man nicht riskieren will, mit Neuem keine Traktion zu bekommen. Ich hatte einfach keine emotionale Kapazitaet frei fuer Neuseeland, denn der Platz war bereits belegt von England und Schweden. Und ich hatte auch keine Kapazitaet frei fuer meinen Mercedes 300 SE in Neuseeland, denn den Platz besetzte immer noch mein Volvo 850, den ich in England zurueckgelassen hatte.

Und so kann es naemlich auch sein, weshalb man nicht landen kann; man liebt bereits was anderes.
 
Sorceress Apprentice
Benutzer89539  Team-Alumni
  • #326
Off-Topic:
Mit so viel Anlauf und Investition kann das ja nur was werden.
Schön dass das für dich gut geklappt hat. Aber ich will nicht wissen, wie viele Menschen mit einem "genau das und nichts anderes, das MUSS klappen" schon auf die Klappe geflogen sind. :ninja:
 
Tahini
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  • #327
Off-Topic:

Schön dass das für dich gut geklappt hat. Aber ich will nicht wissen, wie viele Menschen mit einem "genau das und nichts anderes, das MUSS klappen" schon auf die Klappe geflogen sind. :ninja:
Ja, ich z.B., mit den USA. Ich verbrachte die ersten zwanzig Jahre meines Lebens damit, von ihnen zu traeumen, und als ich dann zum ersten Mal hinkam, war ich entsetzt. Deshalb war ich mit Schweden vorsichtiger. Ich bin genau 42 mal dort gewesen, und besass fuenf Jahre lang ein Haus dort, bevor ich ganz hinzog.

Nicht jeder Traum ueberlebt die Realitaet. Und ich meine schon, dass man eine Sache einschaetzen kann, wenn man sich mal 25 Jahre damit exzessiv befasst hat.
:smile:
 
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Tahini
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  • #328
Und hier sehen wir mal die schwedische Antwort auf den Rollator. Nennt sich "Spark", sprueht aber keine Funken. Zumindest nicht, wenn ich ihn fahre.

Wie dem auch sei, sollte das also was werden mit der Eiszeit, dann sehe ich diese Dinger in ganz Europa Einzug halten. Hier bei uns oben kann man mit ihnen halbjaehrlich durchs Dorf zischen, aber besonders amuesant sind sie auf zugefrorenen Seen.

IMG_4548.JPG IMG_4555.JPG IMG_4563.JPG IMG_4567.JPG

Man beachte auch die Picnickorb-Plattform vorne. Sehr praktisch.
 
T
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  • #329
Nicht jeder Traum ueberlebt die Realitaet. Und ich meine schon, dass man eine Sache einschaetzen kann, wenn man sich mal 25 Jahre damit exzessiv befasst hat.
Für jedes Land in dem du länger gelebt hast: Kannst du in Zahlen (von 0 - 100) ausdrücken, wo der Traum am meisten in Erfüllung ging? Ich weiß... Zahlen sind bei etwas subjektivem an sich fehl am Platz. Aber es soll ja nur ein grobes Bild ergeben.
 
Tahini
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  • #330
Für jedes Land in dem du länger gelebt hast: Kannst du in Zahlen (von 0 - 100) ausdrücken, wo der Traum am meisten in Erfüllung ging? Ich weiß... Zahlen sind bei etwas subjektivem an sich fehl am Platz. Aber es soll ja nur ein grobes Bild ergeben.

Das ist eine interessante Frage, die auch in betracht ziehen muss, dass man ja mal falsch liegen konnte mit seinen Erwartungen, und dass man was daraus lernen konnte, das einen umdrehte. Das ist mir mehrfach passiert. Und man sollte den Traum beschreiben. Mal sehen:

Hier die Laender, in die ich mit Traeumen zog, in brutaler Ehrlichkeit bewertet:
  1. Kanada: Ich traeumte von einem feineren, intellektuelleren, frankophilen Amerika. In dieser Form ging das schief. Kanada ist kein amerikanisches Europa, und leider auch etwas langweilig und eingeschraenkt in seinen Moeglichkeiten. Aber ich lernte, wie schoen es sein kann, in einer Gesellschaft zu leben, in der alle gleich viel wert sind.
  2. USA: die haben mich auf ethischer Ebene am meisten enttaeuscht. Man meint aufgrund der wunderbaren Filme und Musik von dort, die haetten das Herz am rechten Platz; aber die sind eiskalt und profitorientiert. Oder sie haben den spirituellen Ueberknall. Man kann sich als rational veranlagter Mensch dort kaum zurechtfinden. Entweder soll man Geld scheffeln, oder heiliggesprochen werden - ich hab's gesteckt.
  3. Frankreich: Volltreffer. Frankreich ist genau so wunderbar und liebenswert, wie man es sich als Romantiker vorstellt.
  4. Indien: Gleichermassen wundervoll und schrecklich. Nirgendwo habe ich so viel gelacht, und mich zugleich so viel gegraust. Das Spektrum der menschlichen Erfahrung in Indien ist von null bis hundert.
  5. England: Viel rauher und gefaehrlicher, als man sich das als Europaer vorstellt. Aber macht Mut, und Laune.
  6. Neuseeland: Ganz schwieriges Pflaster. Truegerisch freundlich und wahnsinnig schoen, aber unreif, und wankelmuetig. War eine enorme Enttaeuschung fuer mich, aber ich liebe es immer noch.
  7. China: Eine der groessten Ueberraschungen meines Lebens. So viel weiser, wuerdevoller, entspannter, und schoener als man meinen wuerde. Ich erwartete eine Katastrophe, und erfuhr einfach nur Wunderbares dort.
  8. Indien, wieder: wie oben.
  9. England, wieder (4 Jahre): wie oben, aber ich muss sagen, ich wuerde dort wieder hinziehen. Brexit zur Hoelle. Die sind dort einfach fantastisch, und ich liebe England mit Feuer und Flamme. Wenn man das richtig rum nimmt, kann das Ewigkeitsmaterial sein dort. Die haben tatsaechlich das Herz am rechten Platz. Auch, wenn sie bisweilen mit Messern aufeinander los gehen oder die Nase bis zum Anschlag voller Kokain haben.
  10. Schweden: Das ist hier tatsaechlich genau so herrlich, wie ich mir das 25 Jahre lang vorgestellt habe. Schweden laesst einen daran glauben, dass es noch Ecken gibt in der Welt, wo die Bevoelkerung sowohl Herz als auch Grips hat, und dass es fuer alle moeglich ist, gleichermassen komfortabel zu leben.
 
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  • #331
Tahini Tahini
Die Begründungen hatte ich vergessen zu erbeten. Ich danke dafür! :smile:

Zu 1: Das mit Kanada ist mir bei meinem Aufenthalt dort auch von Kanadiern gesagt worden. "Kanada ist keine linke Version der USA, auch was umweltschutz angeht". Das ist einer der großen Irrtümer. Aber die Landschaft hat mich entschädigt. Und, dass es dort Winter gibt. :grin:

Zu 2: Ja, wie so viele (wobei sich das gerade glaube ich ändert), war auch ich von den USA durch das TV in der Kindheit fasziniert. Die hatten alles, es schien nichts unmöglich. Hier wirkte alles so eng dagegen. Aber das der Profit nunmal in Ihnen steckt, lernt man früher oder später. Wobei das mit der wahnsinns Landschaft auch hier gilt. Ich war/bin begeistert davon! :smile:

Zu 3: Was hat dich gegraust? Die Gegensätze bzgl. der Armut? Oder die Mentalität und das Verhalten?

Zu 5: Ja, England kann rau sein! Aber auch sehr lustig. :grin:

Zu 7: Das interessanteste Statement! Ich war bei China immer wenig interessiert. Bei manchen Ländern ist das so. Dieses oder nächstes Jahr wollte ich mal eine geführte Tour (geht ja auch nicht anders) durch Pjöngjang machen. Da bietet sich China natürlich für ein paar Tage extra an, wo man sowieso schonmal da ist. :zwinker:
 
Tahini
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  • #332
Tahini Tahini
Die Begründungen hatte ich vergessen zu erbeten. Ich danke dafür! :smile:

Zu 1: Das mit Kanada ist mir bei meinem Aufenthalt dort auch von Kanadiern gesagt worden. "Kanada ist keine linke Version der USA, auch was umweltschutz angeht". Das ist einer der großen Irrtümer. Aber die Landschaft hat mich entschädigt. Und, dass es dort Winter gibt. :grin:

Zu 2: Ja, wie so viele (wobei sich das gerade glaube ich ändert), war auch ich von den USA durch das TV in der Kindheit fasziniert. Die hatten alles, es schien nichts unmöglich. Hier wirkte alles so eng dagegen. Aber das der Profit nunmal in Ihnen steckt, lernt man früher oder später. Wobei das mit der wahnsinns Landschaft auch hier gilt. Ich war/bin begeistert davon! :smile:

Zu 3: Was hat dich gegraust? Die Gegensätze bzgl. der Armut? Oder die Mentalität und das Verhalten?

Zu 5: Ja, England kann rau sein! Aber auch sehr lustig. :grin:

Zu 7: Das interessanteste Statement! Ich war bei China immer wenig interessiert. Bei manchen Ländern ist das so. Dieses oder nächstes Jahr wollte ich mal eine geführte Tour (geht ja auch nicht anders) durch Pjöngjang machen. Da bietet sich China natürlich für ein paar Tage extra an, wo man sowieso schonmal da ist. :zwinker:

Indien:

Es war die Haerte der Menschen miteinander, die mich erschreckte. Das passte so gar nicht zu meinen Erwartungen. Ich hatte damit gerechnet, von weisen Gurus umgeben zu sein; stattdessen war es "societal stratification" der krassesten Sorte. Man liess Leute auf der Strasse sterben, und ich arbeitete mit Leuten, die sahen aus wie Skelette. Und niemand hatte Mitleid mit ihnen.

China:

Lass Dich da nicht verleiten, was "offiziell Nettes" mitzumachen. Die Liebe zu China kommt vom Leben dort. Dem Alltag, und den herzlichen Gesten und Menschen, die man dort erlebt. Was als touristisches Programm geboten wird, wird oberflaechlich bleiben. Falls Du Zeit hast, versuche, vor Deinem Besuch einen lokalen Freund zu bekommen - vielleicht via Weibo oder Wechat. Da laesst sich das richtige China dann erleben, und es ist eine Wohltat im Kontrast zur westlichen Welt.
 
T
Benutzer145807  Meistens hier zu finden
  • #333
China:

Lass Dich da nicht verleiten, was "offiziell Nettes" mitzumachen. Die Liebe zu China kommt vom Leben dort. Dem Alltag, und den herzlichen Gesten und Menschen, die man dort erlebt. Was als touristisches Programm geboten wird, wird oberflaechlich bleiben. Falls Du Zeit hast, versuche, vor Deinem Besuch einen lokalen Freund zu bekommen - vielleicht via Weibo oder Wechat. Da laesst sich das richtige China dann erleben, und es ist eine Wohltat im Kontrast zur westlichen Welt.

Danke für den Tipp. Ja, am besten lernst du ein Land kennen, wenn du dort lebst... :smile:
Die geführte Tour ist nur für Pjöngjang geplant, frei werde ich mich da nicht bewegen können.:zwinker:
An- und Abreise über China sind dann auf eigene Faust.
 
Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
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  • #334
Danke für den Tipp. Ja, am besten lernst du ein Land kennen, wenn du dort lebst... :smile:
Die geführte Tour ist nur für Pjöngjang geplant, frei werde ich mich da nicht bewegen können.:zwinker:
An- und Abreise über China sind dann auf eigene Faust.
Ich bewundere Deinen Mut, nach Nordkorea zu reisen, und wuensche Dir alles Gute dafuer. Sei vorsichtig.

China, im Vergleich, wird sich anfuehlen wie ein Entspannungsurlaub in Disneyland, mit Sojasauce und Selfies.
 
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