Kann mir mal jemand den Kopf gerade rücken?

myrjanna
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  • #1
Ich habe gemerkt, wie gut es mir getan hat, mit anderen Leuten als denen, die sich das sowieso jeden Tag anhören müssen, über meinen momentanen Alltag zu sprechen.

Daher habe ich entschieden, diesen Thread in eine Art Tagebuch umzuwandeln um schöne und weniger schöne, lustige und nachdenkliche Episoden aus meinem Leben rund um Pflegebett, Champagnerorgien und den alltäglichen Wahnsinnbaufschreiben und vielleicht auch darüber sprechen zu können.






'n Abend, meine Lieben

Ich bin gerade in einer arg stressigen Situation und neige dann dazu, über zu reagieren - also wenn mir jemand mal ganz direkt und ehrlich sagen könnte, dass ich spinne und ich nur wieder Gefahr laufe, ein zu großes Tamtam um Nichtigkeiten zu machen, wäre das sehr, sehr nett.

Ich bin am Sonntag zu meinen Eltern gefahren, in der Annahme meine Oma auf ihrer letzten großen Reise zu begleiten und meine Mutter moralisch und im Alltag zu unterstützen.
Dienstag kam meine Oma dann aus dem Krankenhaus, Prognose: sie lebt nicht mal mehr 6 Wochen. Wir freuen uns für sie, sie muss nicht mehr lange leiden und sind damit beschäftigt, alles so angenehm wie möglich für sie zu gestalten.
Der Hausarzt kommt, schaut sich alles an und meint, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass sie so schnell stirbt.
Schön(er) für uns, Oma bleibt noch ein bisschen, unschön für Oma, die halt echt nicht mehr will und kann.


Das ist so der Rahmen. Jetzt zu dem Punkt, an dem ich ums gerade rücken bitte:

Mein Partner hat selbst gerade frischen Unistress, ist psychisch angeschlagen aber in Behandlung und zu allem Überfluss seit gestern Erkältung.

Wenn es hoch kommt, meldet er sich morgens ein mal und nachts ein mal, meistens mit einer Entschuldigung, dass er geschlafen hätte oder mehrere Stunden in der Uni saß. Unterm Tag kommt eigentlich nichts. Wäre auch an sich nichts neues oder ungewöhnliches, aber ich bin jetzt stocksauer, weil von dem versprochenen "du kannst dich immer melden, ich bin da" ist nur der erste Part wahr. Melden kann ich mich, ich bekomme nur keine Antwort/werde nicht gefragt wie es mir geht oder was ich mache und gelesen wird auch wenig von alledem, was ich so über den Tag schreibe. Das merke ich, wenn ich ihm abends alles noch mal erzählen darf oder auf die Frage "hast du dir die Aufnahme von heute Vormittag angehört" (Oma hat ihm was erzählen wollen, sie hat von ihm geträumt) um elf Uhr abends am Telefon ein "nee" kommt.
Anrufen geht leider auch nicht wirklich, weil er entweder in der Uni, eingeschlafen oder am Essen ist und da stört es ihn, wenn wir miteinander telefonieren. Das sind dann am Tag 6 Minuten, in denen ich gerne einfach mal normale Konversation treiben möchte, die halt nichts mit meiner Oma zu tun hat, aber das ist ihm halt zur Zeit (und generell) auch zu viel, gerade wenn er krankelt.

Ich komme mir halt gerade irgendwie veräppelt vor, obwohl ich wissen müsste, dass sich seine Welt nicht nur um mich und meine Probleme dreht.

Und bevor ich jetzt ein riesen Fass aufmache und noch anfange, mit ihm zu streiten wenn ich morgen heim komme um ihm Suppe zu bringen und meine Freunde zu sehen, wollte ich hier ein mal hart rumkotzen und dann hören, dass das alles nicht so wild ist und ich runterfahren soll.

Danke und nen schönen Abend :smile:
 
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KillPhil78
Benutzer175230  Verbringt hier viel Zeit
  • #2
Tief einatmen, bis Drei zählen und langsam wieder ausatmen! - Das gibt sich schon wieder!
 
LiseLise
Benutzer151729  Sehr bekannt hier
  • #3
Hey, das tut mir Leid.
Ich hoffe das Beste für euch und eure Oma :smile:
Das letzte was du brauchst, ist Beziehungsstress. Also lass es ruhen und und verschieb es. Er weiß ja scheinbar schon, dass du dir mehr wünschen würdest. Das nur immer wieder zu sagen, ändert wahrscheinlich nichts.
Versuch für dich selbst klar zu kommen. Klar wäre seine Unterstützung toll aber du bist ein eigenständiger Mensch und schaffst das auch mit deiner Familie :smile:
[doublepost=1571257645,1571257588][/doublepost]Dir schön reden, will ich jetzt aber nichts.
Ich wäre auch enttäuscht. Das ist auch ok aber gerade brauchst du deine Energie woanders
 
Mark11
Benutzer106548  Team-Alumni
  • #4
Naja, ich bin ja eher ein Vertreter des sich-nicht-so-oft-melden-Typs. Aber das, was da Dein Freund abzieht in dieser Situation ist schon harter Tobak. Sage ich sogar.
Er muss ja nicht den großen Therapeuten und Stimmungsmacher für Dich spielen. Aber seiner Partnerin in einer schweren, in einer ungewohnten Situation noch nicht einmal zuhören zu können, ist schon mehr als dreist und egoistisch. Auch mit psychischen Problemen und Erkältung. Soll er sich halt mit 'nem Tee ins Bett legen, Dich anrufen und Dir zuhören, bisschen mitdenken und mitfühlen. Das wird er ja wohl noch schaffen.

Ich will Dich jetzt nicht noch weiter hoch treiben, aber ich würde ihn morgen in die Mensa gehen lassen, wenn er was Warmes haben will.

Ich schicke Dir mal ein :knuddel:
 
myrjanna
Benutzer91827  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #5
Ich will Dich jetzt nicht noch weiter hoch treiben, aber ich würde ihn morgen in die Mensa gehen lassen, wenn er was Warmes haben will.
Aber wenn ich ihm Suppe mache, wird er schneller gesund und dann kann ich ihn früher zusammenfalten :zwinker:
Es ist auch so, dass ich denke, dass ihn das alles gerade wahnsinnig überfordert. Er kennt das alles nicht so.

PLUS:
Vor wenigen Wochen waren wir alle drei zusammen im Urlaub (ihr letzter Wunsch) und daher ist sie halt nicht nur die Oma der Freundin, die mal 2x im Jahr sieht. Vielleicht trauert auch nur einfach anders.
 
Zuletzt bearbeitet:
cassiopeia
Benutzer172623  Meistens hier zu finden
  • #6
Deinen Unmut verstehe ich sehr gut.
Ob es wirklich den gewünschten Effekt hat, wenn du ein Fass aufmachst, ist fraglich. Ich persönlich erwarte von meinem Partner in einer solchen Situation en Mindestmaß an Aufmerksamkeit, aber das sollte bitteschön von ihm selbst kommen, da möchte ich nicht explizit drauf hinweisen müssen.
Also ist es oft vorgekommen, dass ich emotional belastete Themen mit meinen (wunderbaren:herz:) Freundinnen durchlebt habe und im umgekehrten Fall ist das auch schon oft so gewesen.
Dort konnte ich auftanken und habe immer ein offenes Ohr und/oder eine helfende Hand gefunden, auch ohne , dass ich darum gebeten hätte.
Was das nun für die Beziehung bedeutet, bleibt dahingestellt:zwinker:
 
caotica
Benutzer68775  (40) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #7
Hm, also ich sehe da ein typisches "jeder hat grade ein besonders großes Verständnisbedürfnis aber keine Kraft dem auch nachzukommen" Problem.

Das ist enttäuschend, klar, aber vermutlich für beide Seiten. Und so ein "du kannst dich immer melden" ist halt auch schnell gesagt, im guten Glauben, ohne es böse zu meinen, wenn man dann nicht immer VOLL AUFMERKSAM da ist.

Ich wäre hier bei der Fraktion, es hält einfach mal jeder sein Drama eine Weile in Schach, und wenn man entspannter ist, trifft man sich wieder. Der Garant für Enttäuschungen ist ja nun, Erwartungen zu nähren, die der andere schlicht nicht erfüllen kann. Vielleicht gibt es jemand anderen, zu da besser zu den eigenen Bedürfnissen passt?

Off-Topic:
... meine Erfahrungswelt ist aber auch einfach, dass dieses "jemand macht einem eine fiese Zeit einfacher" schlicht ein Wunschtraum ist, der in der Realität nicht stand hält. Also kann man traurig und enttäuscht sein, oder man entscheidet sich, das allein hinzukriegen, und und lässt Erwartungen nicht verletzend werden. Nicht jeder kann mit sowas drehbuchentsprechend umgehen.
 
G
Benutzer Gast
  • #8
dass sich seine Welt nicht nur um mich und meine Probleme dreht.
Naja, aber du erwartest doch gar nicht von ihm, dass sich alles nur um deine Probleme dreht... ich hab das jetzt eher so verstanden, dass du einfach gern etwas mehr Kontakt zu ihm hättest.
Genau da ist wohl der Unterschied bei euch: Du hast gerade auch genug um die Ohren mit der Situation mit deiner Oma und versuchst trotzdem, für ihn da zu sein, wenn er krank ist, indem du ihm Suppe bringst.
Du würdest dich freuen, wenn er ein paar Minuten am Tag mit dir telefonieren würde... und so wie ich es verstanden habe, willst du dabei ja gar nicht über irgendwelche belastenden Themen sprechen, sondern willst eher einfach ein bisschen mit ihm reden können... das kann er aber momentan wohl nicht aufbringen. Das nervt dich, und ich finde, dass dich das zu Recht nervt. Auch mit psychischen Problemen und Erkältung seinerseits. Deine Welt dreht sich ja auch nicht nur um ihn und seine Probleme...
Eine wirkliche zündende Idee, was ihr verändern könntet, hab ich jetzt nicht, aber vielleicht könnte es helfen, nochmal über diese etwas anderen Bedürfnisse im Kommunikationsverhalten zu reden und evtl einen Kompromiss zu vereinbaren?
 
myrjanna
Benutzer91827  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #9
Eine wirkliche zündende Idee, was ihr verändern könntet, hab ich jetzt nicht, aber vielleicht könnte es helfen, nochmal über diese etwas anderen Bedürfnisse im Kommunikationsverhalten zu reden und evtl einen Kompromiss zu vereinbaren
Das haben wir am Anfang mal probiert, hielt nicht lange und ich kannte es halt ganz anders (eigentlich genau das andere extrem, was auch nicht immer cool ist) und inzwischen ist das so im Alltag ganz selten ein Problem (außer ich brauche dringend was oder muss dringend was wissen) und ich finde es ja auch schön, nicht dauernd am Telefon hängen zu müssen, weil ich meinen kompletten Tag in echtzeit weitergeben soll.
Es ist halt nur jetzt gerade doof.
Drüber reden werde ich sicherlich mit ihm, auch wenn ich ihm heute schon kurz geschrieben habe, dass ich es nicht schön finde (nur ich-Botschaften, keine "du bist n arsch" Nachrichten) - aber ich hoffe einfach mal, dass ich nicht mehr in diese Situation kommen werde.
 
Foxylady
Benutzer101706  Verbringt hier viel Zeit
  • #10
Und bevor ich jetzt ein riesen Fass aufmache und noch anfange, mit ihm zu streiten wenn ich morgen heim komme um ihm Suppe zu bringen und meine Freunde zu sehen, wollte ich hier ein mal hart rumkotzen und dann hören, dass das alles nicht so wild ist und ich runterfahren soll.

Hm. Soso...
Du willst also, dass anonyme Menschen Dir helfen, Dein ureigenes Gefühl und Bedürfniss nicht ernstzunehmen...
 
myrjanna
Benutzer91827  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #11
Ich muss ihm nicht jetzt, hier und heute oder morgen Abend, wenn wir uns sehen, das Fell über die Ohren ziehen (und generell muss ich ihm nichts über die Ohren ziehen) und ich muss auch kein Fass aufmachen, während er gerade Abgabetermine, Referate und Exkursionen hat und sich mit Erkältung in die Uni schleppt.
Da haben die Leute hier schon recht, mehr Stress brauchen wir beide gerade nicht.
Ich hab mich jetzt ausgekotzt und kann in Ruhe morgen zu meinem Partner und meinen Freunden fahren, ohne dass ich explodiere.

Manchmal bildet man sich auch nur ein, am aller- aller schlechtesten auf der Welt behandelt zu werden, weil man nur seine Seite sieht und Scheuklappen trägt (wie bei mir: "Mein Stress ist wichtiger, als sein Stress" . Ist aber halt falsch.)
Ob ich trotzdem mit ihm rede? Sicher. Ob ich die selben Dinge sagen werde bzw. die selbe einseitige Sicht haben werde, wie vorhin? Nein.
 
Foxylady
Benutzer101706  Verbringt hier viel Zeit
  • #12
Ich muss ihm nicht jetzt, hier und heute oder morgen Abend, wenn wir uns sehen, das Fell über die Ohren ziehen (und generell muss ich ihm nichts über die Ohren ziehen) und ich muss auch kein Fass aufmachen, während er gerade Abgabetermine, Referate und Exkursionen hat und sich mit Erkältung in die Uni schleppt.
Da haben die Leute hier schon recht, mehr Stress brauchen wir beide gerade nicht.
Ich hab mich jetzt ausgekotzt und kann in Ruhe morgen zu meinem Partner und meinen Freunden fahren, ohne dass ich explodiere.

Manchmal bildet man sich auch nur ein, am aller- aller schlechtesten auf der Welt behandelt zu werden, weil man nur seine Seite sieht und Scheuklappen trägt (wie bei mir: "Mein Stress ist wichtiger, als sein Stress" . Ist aber halt falsch.)
Ob ich trotzdem mit ihm rede? Sicher. Ob ich die selben Dinge sagen werde bzw. die selbe einseitige Sicht haben werde, wie vorhin? Nein.

dann ist ja gut.
Aber in der Stunde, in der Deine Oma sterben wird - und Du ihn dann gerne an Deiner Seite hättest - darf er dann auch so viel eigene Probleme haben, und Dich vertrösten?
 
M-Teddy
Benutzer139331  Sehr bekannt hier
  • #13
Jetzt ein Fass aufzumachen bringt nichts und verschlimmert die Situation nur noch für euch beide. Aber das mit der Sprachnachricht finde ich schon hart, erst recht bei der gegebenen Situation. Zumindestens diesen Punkt solltet ihr nach der Entspannung der Lage klären. Bis dahin drücke ich dir die Daumen, dass sich alles rasch entspannt
 
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Blue_eye1980
Benutzer138371  (44) Beiträge füllen Bücher
  • #14
War das eigentlich immer schon so bei euch? Mit der Kommunikation??
Und wie oft seht ihr euch dann in der Woche?
 
myrjanna
Benutzer91827  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #15
War das eigentlich immer schon so bei euch? Mit der Kommunikation??
Und wie oft seht ihr euch dann in der Woche?
Normal unter der Woche eigentlich fast täglich, wenn wir uns mal zwei Tage nicht sehen, ist das schon ungewöhnlich. Dass er sich kaum meldet war schon immer so, das ist nichts neues und auch kein Problem für mich- wir sehen uns ja eh fast immer und wenn ich mal bei meinen Eltern bin, hab ich normalerweise genug anderes zu tun.

dann ist ja gut.
Aber in der Stunde, in der Deine Oma sterben wird - und Du ihn dann gerne an Deiner Seite hättest - darf er dann auch so viel eigene Probleme haben, und Dich vertrösten?
Da brauche ich ihn nicht - da bin ich dann dafür da, dass meine Mutter nicht durchdreht.
Und natürlich darf er auch dann eigene Probleme haben, er ist ja keine Notfallhotline, die 24/7 besetzt sein muss.
Wenn wir uns sehen, ist das ohnehin noch mal anders. "Live" ist ist er da wesentlich fähiger.
 
rowan
Benutzer39498  (37) Planet-Liebe ist Startseite
  • #16
Der Nebensatz, das deine Oma auch für ihn ein wichtiger Mensch ist, der ist hier nicht unwichtig finde ich.
Mein Mann kann das mit dem Trauern auch nicht so gut, der vergräbt sich dann in Arbeit und grummelt vor sich hin, es fällt ihm dann sehr schwer, mich aktiv zu stützen.
Vielleicht fällt es ihm grade sehr schwer (auch, weil er ohnehin schon psychische Probleme hat), damit umzugehen, und schafft es nicht, dir eine Stütze zu sein, sondern bräuchte selbst eine?
 
Zuletzt bearbeitet:
C
Benutzer157234  (37) Meistens hier zu finden
  • #17
Hmm... ich bin mal pragmatisch, was nicht heißt, dass ich kein Mitgefühl mit deiner Situation hätte. Aber ich glaube einfach, dass dein Partner da gerade nicht mehr geben KANN. Nicht aus mangelnder Motivation oder fehlendem Willen heraus, er kann gerade einfach nicht. Das würde ich mir vielleicht erstmal selbst klarmachen. Es ist keine Abwertung, es übersteigt nur gerade das, was er leisten kann. Mein erster Schritt wäre also, das anzuerkennen und das daraus resultierende nicht persönlich und nicht als Abwertung zu sehen.

Mein Exfreund war jemand, der enormen Stress hatte, dauerhaft (Chirurg, 72-Stunden-Schichten, familiär eingebunden, zudem ADHS mit Depressionen). Der liebte mich, aber der konnte über ein bestimmtes Maß nicht hinaus, wenn es darum ging, dass ich zur Abwechslung auch mal ein Problem hatte, weil er permanent nen Haufen eigener hatte.

Wenn du es schaffst, deine Erwartungen dem anzupassen, was dein Freund dir geben kann, ist auch weniger Nährboden für Enttäuschungen da. Dann wirst du natürlich in einem ruhigen Moment mal abklopfen müssen, ob du damit generell zurechtkommst. Das tust du ja eigentlich, nur jetzt gerade ist halt Ausnahmezustand. Das ist scheiße, geht aber vorbei. Sag dir das: Es geht vorbei, es wird nicht so bleiben. Denn in Grunde hat sich am Verhalten deines Freundes nicht viel geändert, er ist einfach so, nur jetzt stört es dich eben mehr als sonst. Ist menschlich, darf dich stören. Aber reflektiere das.

Ich würde dir also raten, auf andere emotionale Ressourcen zurückzugreifen. Dein Bedürfnis vorübergehend auszulagern, eher an deine Freunde heranzutreten und dir dort Unterstützung zu holen. Das entlastet auch dich, weil du dann selbst ein Probleme weniger hast (die Enttäuschung darüber, dass dein Freund halt so und so ist). Du schlägst also zwei Fliegen mit einer Klappe.

Wenn ihr dann wieder etwas Atmen könnt, schau mal bei dir, ob du grundsätzlich damit gut leben kannst und finde einen Weg, wie du in solchen Ausnahmesituationen Halt finden kannst. Das können Freunde sein, das Auskotzen hier im Forum oder oder oder. Es muss nicht dein Freund sein und wahrscheinlich kann er das auch nicht immer sein, weil er eben nicht immer kann :smile:

Ich weiß, ich klinge wieder sehr pragmatisch und rational. Aber vielleicht bringt dir so ein recht nüchterner Blick etwas. Ansonsten wünsche ich dir alles Liebe und mögest du gut durch diese harte Zeit kommen :smile:
 
_Spread_The_Love_
Benutzer174635  Verbringt hier viel Zeit
  • #18
Ich glaube, dass grade jeder von euch jemanden braucht, der für ihn da ist, was sich als schwierig gestaltet, weil es schwer fällt für jemanden da zu sein, wenn man selber jemanden braucht...
Vielleicht ist er deshalb dazu übergegangen, sich "um sich selbst zu kümmern".

Ich bin auch so jemand, ich versuche mich selber irgendwie oben zu halten, statt jemanden mit meinen Problemen zu belasten, der selber Probleme hat. Meine sozialen Kontakte leiden dann auch darunter
 
G
Benutzer Gast
  • #19
Zuweisung von Schuld oder Desinteresse ist hier auch nicht der richtige weg.

Diese ganze Situation belastet Euch doch alle - und ja gerade wenn es um Tod geht tun sich sehr viele Menschen schwer dieses zu akzeptieren- schließlich muss man ein lieben Menschen gehen lassen. Auf der einen Seite vielleicht sogar eine Erlösung für die Betroffene Person.

Sag ihm das dir das so nicht gefällt, vielleicht auch ganz klar was du gerne hättest von ihm!

Manch einer kann nur sehr schlecht mit solchen Situationen umgehen, da muss das sich wenige melden nicht mal böse gemeint sein.

Die Situation das du praktisch zu Hause wieder eingezogen bist ist eine Sache, wo ich persönlich den Hut vor ziehe, alleine um deiner Mutter zur Seite zu stehen. Und ja es ist auch für dich sehr schwer!


Versuch dir Freiraum zu schaffen, raus aus der Situation mal was anders sehen, geh Spazieren oder ein Kaffee trinken. Du brauchst auch Luft zum atmen um neue Energie zu tanken.
 
myrjanna
Benutzer91827  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #20
Ich hab mir ja jetzt übers Wochenende eine pragmatische Auszeit gegönnt (Blumen Gießen, neue/mehr Klamotten holen, meine Freunde treffen... ) und natürlich auch den kränkelnden Bub gesehen.
Donnerstag Abend hatte ich mich mit Freunden verabredet, er wollte nur kurz vorbei, meinen Schlüssel und die Suppe abholen und dann weg- er blieb ne ganze Weile länger, hat bei unseren komischen "wir erzählen jetzt jeder 5 schöne Dinge von heute" und "jeder macht dem Nebenmann ein ernst gemeintes Kompliment"-Spielen (ex-Pädagogen sind so besonders...) mitgemacht und hat auch endlich mal wieder etwas Dampf ablassen können.
Mich hat's zu allem Überflüss auch noch beschwipst ne nasse Treppe runtergelegt und ich konnte seit Donnerstag Nacht nicht mehr ganz so gut laufen, also ist der erkältete Bub durch die Wohnung gefegt, hat regelmäßig Voltaren nachgeschmiert, Wein nachgeschenkt und mich halb die Treppen runtergetragen.
Freitag hat er mich dann zu ner Veranstaltung begleitet (er hat mich gezwungen!!) die ich wegen des Fußes abgesagt hatte, aber egal, wenn ich schon mal da bin und mein Exfreund nen Auftritt hat, müssen wir da hin. War auch die bessere Entscheidung, war super witzig und für uns beide seit langem mal wieder was anderes, plus: mein Ex hat sich tierisch über uns gefreut.
Samstag gings dann für mich wieder zu den Eltern, wir haben uns vorher noch mal über meinen kleinen "Ausraster" letzte Woche unterhalten - er gibt sich seitdem mehr Mühe, gelegentlich ein Lebenszeichen von sich zu geben und ich hab ja am Wochenende generell meine Akkus wieder auffüllen können und bin wieder wesentlich entspannter (vor allem auch, weil Oma seit dem Wochenende jetzt nicht mehr ganz so elend beieinander ist).
Das ist für uns beide ein guter Kompromiss, eigentlich der selbe wie sonst auch, wenn alles "normal" ist und ich hoffe, dass sich jetzt auch generell alles ein wenig normalisiert und ich vielleicht auch in ein oder zwei Wochen wieder zurück in mein eigenes Leben kann, sobald hier alles soweit geregelt ist, dass meine Mutter anderweitig entlastet wird.

Hätte ich mir hier nicht Luft machen können, wäre das alles garantiert nur halb so entspannt, wie es jetzt ist.
Vielleicht werde ich den Faden dafür auch weiterhin nutzen, mal sehen.

Danke jedenfalls!
[doublepost=1571655316,1571654760][/doublepost]
Versuch dir Freiraum zu schaffen, raus aus der Situation mal was anders sehen, geh Spazieren oder ein Kaffee trinken. Du brauchst auch Luft zum atmen um neue Energie zu tanken.
Yo, klar. Es ist nur halt irgendwo auch doof, da ich mir vorkomme, als wäre ich die einzige im Haus, die das bräuchte.
Die Tage/Nächte meiner Mutter sehen derzeit so aus, dass sie vormittags aufsteht, dann bis fünf Uhr morgens regelmäßig bei Oma ist (geistig ist sie wieder halbwegs da, hat aber oft Panikattacken, weil die Lunge angeschlagen ist und sie deshalb oft das Gefühl hat, zu ersticken) und nebenbei noch das ganze große Haus, alle Wäsche, alle Tiere hat, dann tot ins Bett fällt, aber nicht schlafen kann und am nächsten Mittag wieder das selbe.
Dazu haben wir auch noch meine "Tante", die einfach scheiße ist, jetzt die komplette Wohnung zu ihrem Schlafzimmer/Büro umfunktioniert hat, aber nicht mal ihr Klo putzt und außer zu schlafen und trocken zu heulen eigentlich nichts tut. Ah, doch, sie will Oma einreden, doch bitte in ein Hospiz zu gehen, damit wir die Wohnung vermieten können...

Und dann komme ich, glaube eh schon, nicht genug zu tun und will dann noch Kaffee trinken.
Mama und Oma verstehen mich, die finden das auch ganz normal und überhaupt nicht komisch (obwohl Oma schon hart begeistert ist, dass ich jetzt wieder "fest" hier bin, obwohl ich eigentlich immer gern unterwegs war und gern ausgezogen bin).
Aber das muss ich mir halt immer wieder sagen- und ich merke ja auch, wie viel fitter ich wieder bin, seit ich jetzt mal 2 Nächte weg war.
[doublepost=1571655618][/doublepost]Ich wollte Lebenszeichen, ich bekam Lebenszeichen.
Architektur-Exkursion, sie schauen sich heute architektonisch besondere Klos an.
Ich bin jetzt stolze Besitzerin von 16, sechzehn, SECHZEHN Fotos sehr besonderer Toiletten und weiß nicht, ob das jetzt das war, was ich mir gewünscht habe...
 
G
Benutzer Gast
  • #21
Aber das muss ich mir halt immer wieder sagen- und ich merke ja auch, wie viel fitter ich wieder bin, seit ich jetzt mal 2 Nächte weg war.

Sei ein Stück weit auch egoistisch, du kannst nur begleiten aber nichts ändern an der Situation! Es nützt niemand etwas wenn du am Ende selbst auf Rücken liegst und vollkommen fertig bist.

Und dieses ( nur) begleiten ist eine große Herausforderung für jeden der sich in so einer Situation schon mal befunden hat.

Seelisch/ Körperlich es ist der Wahnsinn wie einen das einnehmen kann. Gerade dann musst du auch Abstand bekommen.
 
G
Benutzer Gast
  • #22
"Ich bin jetzt stolze Besitzerin von 16, sechzehn, SECHZEHN Fotos sehr besonderer Toiletten und weiß nicht, ob das jetzt das war, was ich mir gewünscht habe..."
... find i cool! :smile:
 
G
Benutzer Gast
  • #24
... magst nicht dein "lieblingsklo" herzeigen?
 
myrjanna
Benutzer91827  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #25
Ich schwanke zwischen dem mit der eigenwilligen Aussicht und dem mit dem Betonmischer
 

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Benutzer132552  (56) Meistens hier zu finden
  • #26
Pro Betonmischer!

Ob da wohl schonmal jemand fälschlicherweise...? :whistle:
 
G
Benutzer Gast
  • #27
Ich schwanke zwischen dem mit der eigenwilligen Aussicht und dem mit dem Betonmischer
... bin auch für den (pissoir?) betonmischer! : -)
(und aussicht? - die kommt da nicht so rüber...)
[doublepost=1571742042,1571741947][/doublepost]
... bin auch für den (pissoir?) betonmischer! : -)
(und aussicht? - die kommt da nicht so rüber...)

ah! hattest du eh schon geschrieben -
ist das waschbecken ...
 
Hintergründe, Namen und all der ganze langweilige Scheiß
myrjanna
Benutzer91827  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #28
Wenn ich von meiner Familie erzähle, kann das unmöglich ohne Hintergrund gehen - wenn man sich erst mal darauf einlässt, dass das bei uns halt nunmal so ist, wird alles logischer.

Also, fangen wir an:
Ich bin Einzelkind, Unfall und das größte Glück meiner "Eltern" - meine Eltern, das sind Oma, Mama und Christa*. Christa ist Omas beste Freundin (gewesen?) - zumindest sagt sie das. Ich weiß nicht, wann das gewesen sein soll- wenn dann waren das eher fehlgeleitete Muttergefühle seitens meiner Oma. Jedenfalls kennen die sich seit sie 12 und 14 waren und Oma, als die Ältere, hat sich seit jeher um Christa gekümmert. Oma hat irgendwann um Lauf der Zeit ein Haus mit/für Christa und Mama (damals 10) gebaut und in dessen Keller sitze ich jetzt und schreibe.

Oma (77) ist ein "Löhwe" (ich wünschte, ich könnte die Art und Weise nachmachen, wie sie das sagt... Kurzes ö, klingt irgendwie ausländisch) und dementsprechend Dickkopf und Kämpferin. Zumindest glaubt sie, dass das an ihrem Sternzeichen liegt ich glaube eher, dass es in ihrer Lebensgeschichte begründet liegt. Vielleicht erzähle ich mal mehr davon, wenn ich Zeit habe.

Mama (53) ist weich, liebenswert, schluckt lieber statt zu streiten und kann ungefähr jedes wilde Tier zähmen. Außer meinen Vater- aber wer will schon ein Schwein zähmen?

Christa (75) kommt aus einer wahnsinnig kaputten Familie und ich bin vermutlich die letzte und einzige Fürsprecherin für sie. Außer arbeiten kann sie nichts. Nicht kochen, nicht putzen, nicht zuhören, nicht trösten, hat keinen Anstand und kein Verständnis für Privatsphäre. Manchmal denke ich, sie ist nicht ganz neurotypisch. Auswendig gelernte Phrasen und alles nach Schema F zu machen sind ihr Ding.

Ich (27 und manchmal eher 16) bin arbeitslose freischaffende Künstlerin auf der Suche nach einer Uni, die mich nen BA in Grafikdesign machen lässt und jetzt erst mal für die Zeit, bis Oma entweder stirbt oder wir Hilfe im Haushalt bekommen, daheim eingezogen.

Drei von uns tragen den selben Nachnamen, sind quasi eine Einheit und nach außen das absolut perfekte Beispiel einer Familie. Aber klar haben auch wir unsere internen Problemchen.

Dazu gibt es noch meine beste Freundin, Hermine,l*, die quasi das zweite Kind ist, das meine Mutter aus Versehen gefunden hat und meinen Freund, Peter*, der zwar erst vor einem Jahr in unser Leben getreten ist, aber der erste ist, den wir alle gleich cool finden.

Wenn ich gleich noch mal Zeit habe, werde ich mich über ungeputzte Klos und faule Menschen aufregen.

* ja, so heißen die nicht.
[doublepost=1571829311,1571787025][/doublepost]Und wie ich mich gerade aufregen kann, aber erst mal was schönes:

Gestern kam der Arzt zum Hausbesuch. Ein toller Mensch und solider Allgemeinmediziner, mit wesentlich mehr als einer verschleppten Erkältung würde ich mir allerdings auch nur ne Überweisung bei ihm holen.
Aber er trägt sein Herz auf der Zunge und hat furchtbar liebe Augen - bis auf gestern Mittag, da glichen seine Augen eher Untertassen, so weit waren sie vor Erstaunen über Omas schnelle Genesung aufgerissen.
Es wird zwar nicht mehr besser, herum zu laufen wird wohl ein Wunschtraum von Oma bleiben, aber dafür, dass sie zum Sterben heim geschickt wurde, ist ihr Ableben derzeit eher unwahrscheinlich und sie wird kontinuierlich fitter. Gestern war sie böse auf uns, weil ihr doch tatsächlich niemand gesagt hat, dass ihre Augenbrauen nicht mehr schön aussehen und verlangte nach Spiegel und Pinzette um wieder Ordnung in ihr, inzwischen nicht mehr totenbleiches, Gesicht zu bringen.

Vor genau einer Woche waren Mama und ich noch damit beschäftigt, uns immer wieder gegenseitig daran zu erinnern, wie sehr wir uns für Oma freuen, wenn sie endlich sterben darf- heute ist es wichtiger, die ganzen Tigelchen und Töpfchen und deren Inhalt auf Zuruf schnell genug zu identifizieren und ans Bett zu bringen - Oma will ja nicht faltig sein. Wer sich nich um sich kümmert, hat aufgegeben, sagt sie.

Unser abendliches Champagner-Ritual bleibt selbstverständlich trotzdem erhalten. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier und was als letzte Feier vor Ihrem Tod gedacht war, ist in eine allabendliche Feier Ihres Weiterlebens umgewandelt worden. Mit Häppchen, Elvis und ganz viel kuscheln und lachen bis die Tränen kommen.

Aber nur, weil Oma meistens wieder weiß, wo ich eigentlich wohne und sie neulich sogar ein Mal alleine aufgestanden ist, ist der Stress natürlich nicht vorbei und auch wenn es ihr jetzt gut geht, kann sich das schnell wieder ändern.
Vor allem, wenn man sein Haus mit solch einem Wesen, wie Christa teilt.

Zu sagen, sie sei schon immer scheiße gewesen, wäre vermutlich gelogen. Zu sagen, sie sei schon immer selbstgefällig und faul gewesen hingegen nicht.
Und genau diese beiden Eigenschaften haben sie über die Zeit scheiße werden lassen.
Und über Scheiße will ich auch jetzt sprechen:

In unserem Haus gibt es drei Wohnungen und mein Kellerzimmer, welches früher mal der Vorraum zur Sauna war. Allerdings hat genau diese Sauna vor ein paar Jahren gebrannt, wodurch das gesamte Haus bis auf die Grundmauern abgetragen und neu gebaut werden musste - danach haben hier alle ein mal die Wohnungen durchgetauscht, Mama ging aus dem Erdgeschoss in den Keller (dank Hanglage allerdings auch nicht wirklich) und Oma und Christa zogen aus der großen Maisonnettewohnung im ersten Stock in "unsere" Erdgeschosswohnung.
Bis auf die beiden kleinsten "Wohnungen" (mein eines Zimmer mit Bad und pseudo-Wintergarten und Mamas) hat jede Wohnung mindestens ein Bad und eine Gästetoilette.

Gestern haben wir grob durchgeputzt, denn heute kam die Putzhilfe und wir sind merkwürdig genug, um für die Putzhilfe zu putzen, damit sie nicht denkt, wir wären unsauber.
Christa ist die einzige, die derzeit die komplette Wohnung nutzt - Oma ist ja nicht so mobil und wir haben unsere eigenen Wohnungen im Haus, warum sollten wir also?
Aber, wer hat wohl nicht mitgeputzt? Genau! Christa. Ist ja auch kein Stress, ein bisschen alte Zahnpasta vom Spiegel kratzen, merkwürdige Tropfen vor dem Klo aufwischen und dann ein mal kurz Kloreiniger in... Ach du Scheiße!
Ich weiß ja nicht, wie es anderen Leuten dabei geht, aber ich für meinen Teil weiß, wie man eine Klobürste benutzt. Manche aber scheinbar nicht.
Augen zu, durch und dann einen netten passiv-aggressiven Zettel auf die Kaffeemaschine gelegt, halb so wild.
Man möge doch bitte selbst das Klo putzen.

Heute morgen, ich sitze gerade herrlich entspannt mit Kaffee und Kippe in meinem pseudo-Wintergarten, kommt Christa vorbei, mit einem Gesicht als hätte sie in eine Zitrone gebissen.
Was ich mir denn einbilden würde, sie hätte das Bad gar nicht benutzt (okay, woher kommen dann die Zahnpastaflecken?) und überhaupt- dafür, dass sie mich finanziell unterstützt, könne sie ohnehin erwarten, dass ich ihr Klo putze. Auch wenn sie das ja gar nicht benutzt.
Oma liegt seit 14 Tagen, dank Katheter, nur noch im Bett und Christa besitzt die Dreistigkeit zu behaupten, dass meine bettlägerige Oma heimlich die Klos versaut.
Und selbst wenn, hätte das vor 2 Wochen gewesen sein müssen - wer bitte, putzt 2 Wochen lang nicht sein Klo?!?!?!
Gut, dann halt nicht, dann wars der heilige Geist und ich bin eine Putzfrau mit Traum-Stundenlohn.
 
Warum sich Depressionen und gestresste Mütter nicht vertragen
myrjanna
Benutzer91827  Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #29
Ach man,
Heute war wieder so einer dieser Tage, an denen ich mich daheim bei mir einfach eingekrümelt und ein bisschen self-care betrieben hätte.
Der zerschossene Schlaf-Wach-Rhythmus, der Stress und das unregelmäßige Essen, dazu auch noch nichts gesundes, weil keine Zeit zum richtig kochen, schlagen mir seit ein paar Tagen ein wenig aufs Gemüt.
Nicht sonderlich schlimm, aber genug, dass ich merke, dass etwas nicht passt: weniger im Auto singen, weniger Lust darauf, mir was zu "gönnen" und das Lächeln und den Smalltalk an der Kasse beim Einkaufen muss ich mir ein bisschen abringen.

Bei mir zuhause hätte ich mir also mein allerliebstes Nudelgericht gegönnt, mein Lieblingsbier beim Vorbereiten getrunken und wäre jetzt gerade so weit, den dampfenden Berg aus Parmesan und Zucchini ohne Gnade in mich rein zu schaufeln. Dann wäre ich vollgefressen in den Bus gestiegen, um mich mit meinen Freunden zu treffen und hätte sie gebeten, mich doch ein bisschen auf andere Gedanken zu bringen.
Nach ein paar Stunden wäre ich mit meinem Freund auf dem Heimweg den kleinen Umweg gegangen, bei dem man an der süßen weißen Katze vorbei kommt und mit etwas Glück hatte sie uns wieder bis vor die Haustür gebracht.

Bier gibt es hier auch, Katzen sogar mehrere und alle sind "meine", aber abschalten ist hier leider gerade wirklich nicht, was zur Folge hat, dass ich "tranig" werde, den Wecker nicht höre (oder nicht hören möchte) und mein Morgenritual (Kaffe, Kippe, Tablette, Nachrichten/Facebook/PL lesen) statt ner halben Stunde eine volle Stunde einnimmt. Das wiederum verträgt sich nicht mit einer gestressten Mutter (die zwar genau so heute bis weit nach 12 geschlafen hat, weil wir erst um vier überhaupt mal ins Bett kamen, einschlafen meine ich damit nicht) die sowieso schon total durch den Wind ist und dann natürlich nur sieht, dass ich faul rumsitze, nichts tue und gegen halb vier erst einkaufen gehe.
Also spricht sie nicht mit mir.
[doublepost=1572112549,1572110096][/doublepost]Jetzt ist zum Glück eine Freundin von uns vorbei gekommen- ich hab sie darum gebeten. Ein bisschen andere Gesichter sehen tut uns allem dreien gerade gut, denke ich.
Ich habe mich jetzt erst mal wieder zurückgezogen, in meinen kleinen Raucher- Wintergarten, um meiner Mutter Zeit zu geben, sich so richtig deftig über alles ein mal auszukotzen. Über mich, über Christa, über den Gartenfutzi, das Wetter und alles andere.
Dann gibt es Sekt und Suppe (ich bin so froh, dass Oma wieder halbwegs Appetit hat) und die Welt ist vielleicht wieder ein bisschen mehr in Ordnung.
 
Grüß Gott, ich bin die Klo-Fee
myrjanna
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  • #30
Ich weiß ja nicht, wie viele von euch (abseits von Pflekräften) schon mal einen Menschen gepflegt haben oder gerade pflegen - ich für meinen Teil war erstmal wie erschlagen.
Meine Oma, die Frau, die mehr Hummel im Hintern, als Haare auf dem Kopf hat, soll also jetzt nicht mal mehr in der Lage sein, sich alleine zu waschen? Die Frau, die bei 39°C, am Mittag, im schattenlosen Vorgarten, dieses Jahr noch mit der brachialen Gewalt, mit der eine schwerkranke Endsiebzigerin überhaupt irgendwie noch gesegnet sein kann, Unkraut gezupft - nein, VERNICHTET - hat, pullert also jetzt in einen Beutel. Und für alles andere braucht sie entweder meine Mama, oder mich - am besten jedoch uns beide.
Hier sitze ich also, gerade in meiner dritten Raucherpause, seit wir für heute die Badezimmerdisco eröffnet haben, und denke nach.

Was bedeutet eigentlich für mich "Familie"? Ist es die fehlende Scham, wenn ich meiner Oma ihre Mastektomie-Narbe eincreme und dabei, ganz im Sinne unseres Galgenhumors, sage, dass wir so wenigstens Creme sparen? Ist es, dass wir frei darüber reden können, dass Oma ja medizinisch nachhelfen muss, um auf dem Klo das zu machen, wofur der Katether nicht gemacht ist?
ich glaube nein. Ich glaube, was für mich Familie bedeutet, wurde mir heute mal wieder innerhalb von wenigen Minuten deutlich:

Ich sitze mit taubem Hintern seit einer Stunde auf dem Rand der Badewanne, während meine Mutter unten die Schlafsachen von Oma in die Waschmaschine wirft und die Katzen versorgt.
Ich gehe kurz nach nebenan, zum einen um meinem Hintern die möglichkeit zu geben, wieder etwas Blut ab zu bekommen und zum andren, um meinen portablen Lautsprecher zu holen.
Als ich wieder das Bad betrete, sitzt meine Oma in sich zusammengesunken im Rollstuhl und leidet, weil sie sich am Champagner übernommen hat (aber hey, sie ist alt. Und wir hatten immer schon einen Hang zu Sprudelkram, wenn es mal happig wurde) und, weil sie dachte, ich sei gegangen.
Noch bevor ich den Raum betrete, drücke ich auf Play- King Creole, das unumstritten beste "Arschwackellied" von Elvis, schwappt in das große Bad und erhellt das Gesicht meiner Oma.
Wir tanzen. Sie im sitzen und ich, mehr schlecht als recht, im Stehen irgendwo zwischen Rollstuhl und Schrank.
Nach drei Liedern hört die Musik abrupt auf - meine Mutter ruft von unten an. Ob alles gut ist und ob sie mir noch einen Sekt mitbringen soll - Ja, und verdammt noch mal, sowas von ja. Kurz darauf ist meine Mutter da, schenkt mir nach und tanzt mit. Wir haben so bestimmt eine halbe Stunde verbracht- mit Lachtränen in den Augen und Schweiß auf der Stirn.
Ich glaube, die tanzen gerade immernoch- und warten, dass ich wieder zurück komme, auf unsere kleine Kloparty.
Und irgendwo, auch ganz komische Art und Weise ist genau das für mich Familie.
 
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myrjanna
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  • Themenstarter
  • #31
Ich hatte bis vor ein paar Tagen wieder eine wunderschöne Zeit in meiner Stadt - also knapp 100km weg von Oma, Mama und Christa. Davor habe ich mir noch überlegt, einfach jetzt schon meine Zelte dort abzubrechen und wieder her zu ziehen - aber noch lässt mich die Stadt nicht los. Noch gehe ich die Straßen entlang und ich bin noch nicht satt, noch leben meine Studien- und anderen Freunde dort und ich kann nicht aufhören, zu lächeln, selbst wenn mal wieder Stau auf der äußeren Bayreuther Straße ist und ich nicht voran komme, einfach weil es halt Nürnberg ist.
Jetzt komme ich mir vor, als würde ich meine Familie enttäuschen, weil ich von meiner fixen Idee erzählt und sie sich gefreut haben. Weil ich zu schwach bin, um meiner Mutter dann, ohne Pause und Rückzugsort, jeden Tag zu helfen. Dann wäre auch mein Traum vom BA geplatzt, ich wäre für immer Buchhändlerin- kann ich mir schon vorstellen, aber irgendwie noch nicht hier. Noch nicht jetzt. Wenn ich älter bin, wenn ich vielleicht nicht mehr diesen starken Drang habe, mich künstlerisch auszuleben. Vielleicht auch erst, wenn Werbung tot ist und Printmedien wieder DAS DING und DER heiße Scheiß sind (also nie).
Heute nachmittag habe ich Peter zum Zug gebracht, der seit Donnerstag hier war.
Wir haben mit meinen alten Freunden aus der Schulzeit Halloween gefeiert, also mit vieren davon.
Zwei davon sind halt meine Kumpel, einer mein Ex und die Andere inzwischen seine Frau - ich kam mir so wahnsinnig gut aufgehoben vor, meine alte Clique, bis auf drei Leute, vereint - da kam mir dann doch wieder der Gedanke, dass ich dich auch wieder herziehen könnte; das Ehepaar ist ja inzwischen auch wieder hier und ein weiterer Freund kommt ende des Jahres mit seiner zukünftigen Frau ebenfalls wieder für immer zurück.
Und es tut mir auch weh, dass dann alle wieder hier sind, nur ich bin noch immer die, die mal hier und mal da ist. Die haben alles so weit fertig, dass sie jetzt spießig werden können - und ich? Ich lebe noch immer auf "unbestimmte Zeit" wahlweise in einer zwei Zimmer Klitsche oder einem Kellerzimmer mit Kühlschrank und Dusche...
 
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